Johann Gänsbacher an Ambrosius Kühnel in Leipzig
Darmstadt, Montag, 16. Juli 1810

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Monsieur

Monsieur A: Kühnel

Bureau de Musique

à

Leipsic.

P: P:

Mit nächsten Postwagen erhalten Sie die bereits von mir erwähnten 12 Bachischen Choräle mit Voglers Umarbeitung und Carl Marie von Webers Zergliederung.

Die Bestimmung des Honorars überläßt Ihnen Vogler gänzlich. Wollen Sie noch mehrere Choräle auf dieselbe Art, so ist Vogler jederzeit bereit, sie Ihnen zu liefern, und gewiß wird jeder Kunstfreund, besonders wenn er die ersten 12 gelesen und studirt hat, aus dieser so reichen harmonischen Quelle mit Begierde noch mehr schöpfen wollen. Mit Ungeduld erwarte ich und mehrere Freunde, die davon bereits unterrichtet sind, die baldige Erscheinung dieser 12 ersten Choräle. Vogler besitzt noch 2 Duzent lateinische Hymnen, die meisten zu 4, einige zu 8 Singstimmen ohne alle Begleitung. Ich habe sie mehrmalen und immer mit neuem und erhöhten Genuß durchstudirt; in der Mannigfaltigkeit und Planmäßigkeit der Ausführung in dem Fluße der einzelnen und in der Behandlung gesammter Stimmen unter sich und in der Fülle der Harmonien ist V: gewiß einzig, unstreitig müßten Sie auch damit durch baldige Beförderung jeden Liebhaber des Gesanges höchst verbinden. Viel Aufsehen dürfte auch erregen die Herausgabe des Heilig von Em: Bach und Vogler mit Vergleich und Zergliederung. Das Heilig von V:, das der Fuge vorausgeht ist ein edler, wahrhaft heiliger Gesang, und die Fuge selbst eine wahre Schule für jeden Contrapunctisten.

Wenn Sie über diese Gegenstände antworten, so addreßiren Sie sich unmittelbar an den geistlich geheimen Rath, und des Großherzogl: heßisch Verdienstordens Comandeur Abt Vogler selbst, indem ich noch diese Woche nach Böhmen abreiße, wo meine Addreße bis auf weiters ist: an W: in Hagensdorf, Saatzer Kreis.

In Prag erwarteten mehrere Freunde mit Ungeduld meine bey Ihnen erschienenen Werke*; und bis Juni haben Sie noch nichts dahin geschickt.

Ich bin mit aller Hochachtung Ihr
ergebenster Freund
Joh: Gänsbacher

NB: In Bonn erscheinen 2 Gesangwerke*
und in Ofenbach 1 von mir*

Von Ihrer Praenumeranten Ausgabe, der Seb: Bachischen Werke fehlen Vogler bey Le Clavecin bien temperé die Blätter von Seite 29 bis 72 inclusive, welche V: ergänzt zu haben wünscht.

Editorial

Summary

kündigt Voglers Umarbeitung der Bachischen Choräle mit Webers Zergliederung mit der nächsten Post an, das Honorar solle Kühnel bestimmen, Vogler wäre zur Bearbeitung weiterer Choräle bereit; äußert sich voller Bewunderung über Voglers lateinische Hymnen sowie dessen Bearbeitung und Zergliederung von C. P. E. Bachs “Heilig” Wq 217; kündigt seine baldige Abreise nach Böhmen an und teilt seine Adresse mit; in Prag werden die Kühnelschen Ausgaben seiner eigenen Kompositionen erwartet; berichtet über Verlagsabschlüsse mit Simrock und André

Incipit

Mit nächsten Postwagen erhalten Sie die bereits von mir erwähnten 12 Bachischen Choräle

Tradition

  • Text Source: Leipzig (D), Leipzig, Sächsisches Staatsarchiv (D-LEsta), Musikverlag C. F. Peters, Allgem. Geschäftskorrespondenz 1810
    Shelf mark: Kasten 2626

    Physical Description

    • 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
    • Siegel u. -loch
    • am oberen Rand der Adressenseite Briefregistraturvermerke des Verlags

Text Constitution

  • “Großherzogl:”added above
  • “… V: ergänzt zu haben wünscht.”Postskriptum quer am linken Rand notiert

Commentary

  • P: P:abbreviation of “praemissis praemittendis (nach Vorausschickung des Vorauszuschickenden / man nehme an, der gebührende Titel sei vorausgeschickt)”.
  • “… meine bey Ihnen erschienenen Werke”Gänsbacher hatte bei seinem Leipzig-Besuch im November/Dezember 1809 über ie Drucklegung mehrerer Werke verhandelt; vgl. Denkwürdigkeiten, S. 27: u. a. die Variationen op. 9, die Sechs Lieder op. 3, Nachtgesang und Wiedersehn op. 4.
  • “… In Bonn erscheinen 2 Gesangwerke”An Simrock hatte Gänsbacher seine Erwartung op. 7 und Abendphantasie gegeben; vgl. Denkwürdigkeiten, S. 38 sowie den Brief an M. A. Gräfin Firmian vom 19. Juni 1810.
  • “… in Ofenbach 1 von mir”Bei André erschienen Gänsbachers Sechs Lieder op. 9.

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