Prolog zum “Weinberg an der Elbe” am 3. Oktober 1819 von Friedrich Kind

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Prolog *)

zur vierten Aufführung „des Weinbergs an der Elbe“ bei höchsterfreulicher Anwesenheit Ihrer Kaiserl. Hoheit der Frau Erbgroßherzogin von Toscana.

(Heitere ländliche Gegend. An einer Seite eine Winzerhütte, an der andern eine Weinlaube. Die Sprecherin **) in etwas idealisirter Tracht eines Winzermädchens.)

Sie sind gar schön,Die stromdurchschnittnen Auen –Sie sind gar hold, gar lieblich anzuschauen,Die vaterländ’schen Rebenhöh’n,Die, reich bepflanzt mit Thyrsusstäben,Am Strand’ der Elbe sich erheben,Dann neben goldner Flur und schwarzer Schlucht,Durch Bäume, ächzend unter Purpurfrucht,An heiterm Haus’ und an idyll’scher Hütte,Wo Unschuld, Frohsinn, Treue blüh’n,Sich bis zu jenen Bergen zieh’n,Wo mild, nach Patriarchensitte,Im Angesicht der Silberflut,Dicht bei dem grünen WinterkranzeIn ros’gem AbendsonnenglanzeDie goldne Königskrone ruht!O! welches Herz durchströmt nicht fromme GlutBei also heil’gem Angedenken?Wer sollte nicht nach jenen Bergen hinMit Ehrfurcht, tiefgerührtem Sinn’, ¦ Mit stillem Dank’ die Blicke lenken?Wem sagt nicht laut die frohbewegte Brust:Dort hat Natur oft ihre reinste LustIn’s reinste Herrscherherz ergossen!Dort hat Er an der Allverehrten Hand,Das Glück, das je ein Vaterherz empfand –Was gleicht dem wohl hienieden? – reich genossen!Dort wuchsen freudig sie empor,Des Sachsenstammes edle Sprossen;Dort hüpften sie, ein kindlichfrohes Chor,Dort pflückten sie die ersten Blumenkränze,Dort ward gar manches Lenzes FlorZu ihrer Jugend einem Lenze –Und – scheiden sie zum Theil auch von uns aus,Sie werden oft mit sinnigem Entzückenim Geist nach diesen Hügeln blicken –Sie grünten ja um’s Vaterhaus!Dieß fühlte auch des Dichters Seele tief,Als von des heim’schen Heerdes FreudenIm Myrtenkranz’ die erste sollte scheiden,Weil Liebe sie nach fernen Zonen rief.Sie eilte nach dem Lande ew’ger Blüten,Und – wie der Maler denen, die er liebt,Weil ihm sich nicht erwählt’re Gaben bieten,Der Heimath Bild mit in die Ferne giebt;So hat auch er, von Lust und Leid durchdrungen,An freundliche ErinnerungenDer ersten schönen JugendweltDen kleinen Abschiedskranz geschlungen;So hat auch er, wie in ein laubig Zelt,Sein Weihebild in’s Rebenthal gestellt,Und uns, als Sprecher der Gefühle,Die damals jedes Herz geschwellt,In heiterm, anspruchlosem SpieleDen frohen Winzern zugestellt.Nur hohe Güte, nachsichtvolle Milde,Des Dichters Streben nicht, nicht scen’sche Kunst, –Er fühlts, wie wir! – des Stoffes seltne Gunst,Gab öftere Belebung diesem Bilde.Der holden Ros’ des Sachsengartens nach;Was jedes Busens inn’re Stimme sprach – | Die Lieb’ zum König, zu den Seinen Allen! –Dieß schienen Euch die Saiten nachzuhallen,Die nochmals Ihr mit eurer Huld beehrt –Das Herz verleiht selbst Hirten-Opfern Werth!Und – welche Brust schlüg’ freudiger nicht heute? –Nicht blos, weil sich des Herbsten Luft erneute,Und sich die Tage wieder nah’n,Da sie wir in der Myrtenkrone sah’n;Nein! schöner sank er für uns nieder –Die Fackel Hymens lodert wiederFür Habsburgs Reich und Sachsenland,Für einen der geliebten Brüder!Nein! – tönet lauter, kleine Lieder! –Der stille Wunsch auch ward gewährt,Den zweifelnd lang’ das Herz genährt:Die Huldin, die von uns geschieden,Sie kehrte aus dem schönen SüdenIn der geliebten Ihren Arm;Sie liebte noch der Rebenhügel Frieden,Der Jugend Schauplatz, treu und warm;Sie, welcher unsre Opfer brannten,Und Er, den wir den Fernen nannten,Sie gönnten Selbst Erneuung diesem Spiel’ –Sie werden auch, ruft Sie die Trennungstunde –Eint Wehmuth doch sich jedem Lustgefühl! –Von neuem aus der Eintracht schönstem Bunde –Wenn unser Blick Sie dort vermißt –Zu Zeiten dieses Abends denken,Und – huldvoll uns das Zeugniß schenken,Daß Sachsentreue nie vergißt!Kind.

[Original Footnotes]

  • *) Hier in der Form, wie er ursprünglich gedichtet war, mitgetheilt. Kind.
  • *) Fräul. Augusta Tilly.

Editorial

Summary

Prolog zum “Weinberg an der Elbe” am 3. Oktober 1819 von Friedrich Kind

Creation

Responsibilities

Übertragung
Fukerider, Andreas

Tradition

  • Text Source: Abend-Zeitung, Jg. 3, Nr. 239 (6. Oktober 1819), f 1r

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