Carl Schiller to Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Braunschweig, Thursday, September 13, 1866

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Hochgeehrtester Herr Musik-Direktor!

Ihre werthe, so freundliche Zuschrift vom 4ten d. Mts. würde ich gehorsamst zu erwiedern mich beehrt haben, wenn ich nicht gewünscht hätte, Ihnen zu Ihrer interessanten und hochverdienstlichen Aufgabe meine Theilnahme durch pflichtschuldigste Handlanger-Dienste bethätigen zu können. Nachdem nun Herr Westphal* nach der zuletzt erfolgten Fragestellung unsern Zettel-Schatz eifrigst durchforscht hatte, ohne das gewünschte Resultat zu erzielen, hielt ich es für meine Pflicht, mich selbst einmal einer Musterung dieser wüsten Masse zu unterziehen. Zwar gehört diese Sammlung nicht zu meinem Ressort, sondern zu dem des Archivars Hänselmann*; allein da dieselbe auf meine Veranlassung angekauft worden ist, weil ich mich von der Wichtigkeit einer solchen Sammlung für die Geschichte des Theaters überzeugt hielt, und weil ich mich bei dem Ankaufe auch zu einer demnächstigen Umordnung erboten hatte: so ergriff ich mit | Freuden die vorliegende Gelegenheit, mir einen gründlichen Überblick zu verschaffen. Leider habe ich mich überzeugen müssen, daß dieses treffliche Material in seinem gegenwärtigen Arrangement sehr unzugänglich und ungenießbar ist, indem die einzelnen Zettel, nicht etwa chronologisch nach den verschiedenen Bühnen, sondern nach den Titeln der Stücke zusammengelegt worden sind. Und auch dabei hat sich große Confusion eingeschlichen, indem z. B. von dem Lustspiele: „Der beste Ton“, sich einzelne Zettel unter D, andere unter B und noch andere unter T finden. Daß daher das Durchsuchen dieser hunderte von Convoluten und dieser tausende und aber-tausende von Zetteln äußerst langwieriger Natur ist, werden Sie begreiflich finden. Trotzdem habe ich es an keiner Mühe mangeln lassen, überall hinzuspüren, wo ich für Ihren Zweck etwas zu finden hoffte. Aber leider habe ich weder vom „Waldmädchen“, „stummen Waldmädchen“, vom „Mädchen im Spessarter-Walde“, noch vom „Peter Schmoll“ auch nur einen einzigen Zettel gefunden. Zur Erklärung dieses Mißgeschickes muß ich bemerken, daß die vorliegende Sammlung erst im Anfange der dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts begonnen worden, | ist, und sich zwar in Betreff der braunschweiger Bühne, von deren Begründung an, sich einer großen Vollständigkeit zu erfreuen hat; in Betreff der auswärtigen Bühnen aber leider große Lücken darbietet. Somit muß ich es denn tief beklagen, Ihren Wünschen in keiner Weise entsprechen zu können; darf aber auch zugleich versichern, daß es mir die größte Genugthuung sein würde, wenn Sie mir jemals eine andere Veranlassung darbieten wollten, Ihnen meine bereitwilligsten Dienste widmen zu können. Ihrer Desiderien wegen Weberscher Autographa werde ich eingedenk bleiben; obgleich sich die Aussicht darauf für mich sehr verringert hat, weil ich mich seit längerer Zeit nur auf Brunsvicensien beschränke. –

Indem ich mich und die Meinigen Ihrem gütigen Wohlwollen angelegentlichst empfehle, habe ich die Ehre unter dem Ausdrucke der vollkommensten Hochschätzung zu verharren Ew. Wohlgeboren gehorsamster
CarlSchiller.
Braunschweig
13 Spt 1866.

Editorial

Summary

hat vergeblich in der umfangreichen Theaterzettelsammlung des Braunschweiger Museums nach Aufführungen des Waldmädchen und Peter Schmoll gesucht

Incipit

Ihre werthe, so freundliche Zuschrift vom 4ten d. Mts.

Responsibilities

Übertragung
Frank Ziegler

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Weberiana Cl. X, Nr. 553

    Physical Description

    • 1 DBl. (3 b. S. o. Adr.)
    • Empfangsvermerk von Jähns auf Bl. 2v (14. September 1866)
    • am oberen Rand gestempelt: “an Jähns”

    Commentary

    • “… können. Nachdem nun Herr Westphal”Möglicherweise der Magistratsschreiber Carl Westphal in Braunschweig.
    • “… zu dem des Archivars Hänselmann”Ludwig Hänselmann (1834–1904), Historiker und erster hauptamtlicher Archivar der Stadt Braunschweig.

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