Aufführungsbesprechung Prag, Ständetheater: darunter “Der Mechanikus” von Katharina Horschelt, 16. August 1814

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Mehrere kleine Reisen in Geschäften und eine Badekur haben eine Lücke von mehr als sechs Wochen in meinen Berichterstattungen verursacht. Da ich aber nunmehr alles vollendet habe, so beginne ich dieselben auf’s Neue mit den erfreulichen Erscheinungen, welche uns der 16. August darboth. An diesem Abend ward aufgeführt zum Besten der Mad. Horschelt und ihrer beyden Töchter: Die englischen Waaren, Lustspiel in einem Aufzuge von Herrn v. Kotzebue, und: Der Mechanikus, komisches Charakter-Ballet von der Erfindung der Mad. Catharina Horschelt. In dem benannten Lustspiel betrat die Tänzerinn, Dlle. Frühmann, zum ersten Mahl die Bühne als Schauspielerinn, und zeigte eine Anlage, die wohl eine weitere Ausbildung verdient. Der Inhalt des Ballets – welches sich durch eine sehr artige Erfindung, eine schnelle und abwechselnde Aufeinanderfolge der Scenen und sehr anziehende Tänze empfliehlt – ist folgender. Der Mechaniskus (Hr. Reiberger) empfängt in einem Cabinette einen Kunstliebhaber, den Chevalier Sanssourcy (Hr. Allram), und zeigt ihm zwey Maschinen: einen Türkenkopf, welcher sich bewegt, Tabak raucht und das Licht auslöscht, und ein kleines Mädchen, welches an das Grabmahl ihrer Mutter gelehnt ist, sich aber auf einen Druck des Künstlers erhebt, durch Pantomime seinen Schmerz ausdrückt, und sodann wieder in seine vorige Stellung zurückkehrt. Der Mechanikus führt seinen Gast fort, und die Scene verwandelt sich in einen großen, mit Bäumen und Blumenurnen [geschmückten], durch einige Lustres erleuchteten Saal, woselbst folgende Figuren aufgestellt sind: Arlequin und Colombine, Pierrot und Pierreotine (?), Pantalon und Pantalonette (?). Ein Türke mit zwey seiner Frauen, eine schlafende Jungfrau auf einem Ruhebette, Rochus Pumpernickel zu Pferde und Bacchus auf dem Weinfasse, nebst einem Gefolge von Bacchanten. Auf den Druck eines Ressorts fangen alle Figuren an, sich zu bewegen und zu tanzen. Nach Endigung des Tanzes kehrt jeder an seinen Platz und in seine alte Stellung zurück. Der Mechanikus befreyt den Chevalier, und auf seinen Wunsch läßt er den Pierrot mit seiner Dame (Hr. Supper und Mad. Lenger) ein charakteristisches Pas de deux tanzen, in dem Herr S. abermahls sein Talent zu dieser Rolle bewies, und selbst den Fehler, den wir einst an ihm rügten, ganz vermied; ihm folgten Ar¦lequin und Colombine (Hr. Macco und Dlle. Horschelt d. j.). In einem tändelnden Tanze entfalteten beyde viel Gewandtheit, besonders hat es Herr M. in dem eigentlichen Pas d’Arlequin zu einer großen Fertigkeit gebracht. Sodann folgte die schlafende Schöne (Dlle. Horschelt d. ä.), welcher der Mechanikus bey ihrem Aufstehen eine Guitarre umhing, worauf sie sich ein sehr glänzendes serieuses Solo selbst accompagnirte. Nach ihr erhob sich das türkische Kleeblatt (Hr. Gerstel, Mad. Horschelt und Dlle. Frühmann), und tanzte ein groteskes Terzett. Die beyden erstern zeigten eine große Gewandtheit und Kunst, womit freylich die geringe Künstlichkeit der dritten derb contrastirte. Da nun auch diese auf ihre Stelle zurückkehren, verwandeln sich auf einen Druck des Mechanikus zwey an den Seiten stehende Secretärs von Mahagonyholz in reich drappirte Ruhebetten, das Sofa in der Mitte aber in eine Rasenbank, und von ihnen erheben sich drey kleine Mädchen (Dlle. Wilhelmine und Betty Schröder und N. Binder), welche ein sehr artiges Shawlterzett tanzen – vorzüglich zeichnet sich die kleinere Schr. durch kindliche Anmuth und Gewandtheit aus. Nach Endigung des Terzetts wird ein kleiner Kasten, der bis dahin an der Seite stand, in die Mitte der Bühne gestellt, und der Mechanikus hohlt nach und nach ein kleines Orchester von fünf Blasinstrumenten und einen kleinen Kosaken (abermahls Dlle. Horschelt d. j.) heraus. Es ist wahrlich ein höchst drollichter Anblick, fünf Kinder, das älteste höchstens 9, das jüngste von etwa 3 bis vier Jahren, in drollig altväterischem Costüm gleich Orgelpfeifen rangirt zu sehen, die sich ohne Bewegung eines Gliedes wie Puppen hinstellen lassen, und sich auch nicht eher rühren, bis der Mechanikus seinen Druck anbringt, worauf sie ihre Instrumente zum Munde führen, und der Kosak ein höchst brillantes Solo à la Cosaque tanzt, nach welchem sie insgesammt wieder eingepackt werden. – Hiermit ist das Ganze beschlossen, und um noch ein lustiges Finale hervorzubringen, muß der Mechanikus abgerufen werden; der Chevalier will die gesammten Figuren selbst in Bewegung setzen; er dreht verkehrt, die Musik geht furioso durcheinander, die Personen springen wie toll herum, und fallen endlich nieder; der Mechanikus kommt zurück, sieht alle seine Kunstwerke zerstört, und prügelt den Chevalier herum, der beym Herabfallen des Vorhangs außerhalb desselben bleibt, und – das Stück des folgenden Tages ankündigt.

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Ziegler, Frank

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