Caroline von Weber an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Dresden, Sonntag, 25. März 1838

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Es kömt doch nie eine Unannehmlichkeit allein: immer folgt ihr noch so eine angenehme Schleppe. Bei mir gieng, und geht es leider jetzt auch so. Vor 3 Wochen hatte die Christel wieder einmal einen Vogelwiesenstreich gemacht, und war bis 4 Uhr morgens auf dem Balle geblieben, wo dieser Schatten von einen Menschen wie rasend getanzt hatte. Natürlich kam sie halb todt nach hause, wurde ernstlich krank, und ich hatte das Vergnügen sie zu pflegen, bis ich sie nach Hause schaffen lassen konnte. Bey den Nachtwachen hatte ich mich erkältet, und kaum war die Christel fort, so dass ich nur eine Aufwartung zu meiner Bedienung hatte, da legte ich mich, und bekam eine starke Halsentzündung. Du, liebe Ida wirst beurtheilen können, was es für einen Noth ist, wenn man krank ist, und kein Mädchen hat. Wie ich im heftigsten Fieber lag, kömt von Rotter ein Brief, dass er nur bis zum 27. März in Hamburg bliebe, dass ich also eilen mögte ihm die Sachen zu schicken, wenn er noch etwas dafür thun sollte. Ich stehe mit grossen Qualen auf, schreibe, wie mich dünkt ganz bestimmt an Schlesinger, und Sie lieber Sohn, warte mit Sehnsucht auf die Ankunft der Noten — und erhalte wieder eine Hinhaltende Antwort —. Nun ist es zu spät die Sachen nach Hamburg zu schicken*, denn ohne Rotter wird sich alles auch wieder in die Länge ziehen und ich will sie auch nicht gern in ganz fremde Hände geben. Die ganze Geschichte ist mir nun auch so zuwieder geworden dass ich nichts mehr davon hören will. Bitte lieber Sohn geben Sie die Musikalien an Schlesinger* um den Preis welchen er bietet damit nur einmal ein Ende wird. Ich bin noch so unwoll und angegriffen dass ich kaum denken kann, darum verzeiht Ihr auch wohl wenn mein Brief ein wenig confuss ist. Ausser dem Bette bin ich aber schon seit ein paar Tagen und mit dem Schlucken geht es wieder gut.

Meyerbeers Oper ist, wie ich höre, mit unendlichen Beifall aufgenomen worden* und man erwartet Ihn zur zweiten Vorstellung, die ich hoffendlich auch werde sehen können, hier. Ich habe noch Niemand gesprochen den die     nicht gefallen hätte*, und gewiss wird man den Componisten sehr ehrend empfangen. Haben Sie lieber Jähns schon mit ihm gesprochen? er wollte Sie in Berlin gleich besuchen*. Gewiss wird Sie sein liebenswürdiges Betragen auch sehr für ihn einnehmen, Ich habe mich ganz in ihn verliebt.

Du scheinst es fast aufgegeben zu haben meine gute Ida diesen Sommer hieher zu kommen aber ich denke Du besinnst Dich villeicht noch eines bessern. Ich dachte es wäre Dir villeicht lieb auf dem Bade zu wohnen, wo sich alles bietet was einen Aufenthalt hier bequem und angenehm machen könnte. Fast alle Logies da, sind von Berlinern gemiethet, und gewiss fändest Du da auch Bekante drunter die Dir villeicht lieb wären. Abends wenn die Jungen aus den Joche kommen, kämen wir dann zu Dir, und wir machten einen Spaziergang zusammen. Nur glaube ich es mögte dann schicklich sein dass Du villeicht die Schwester mitbrächtest, weil eine hübsche junge Frau nicht wohl so allein wohnen könnte. Doch ich behalte mir vor noch ausführlicher mit Dir darüber zu sprechen wenn ich wieder einen Kopf habe, jetzt scheint er mir eine Windmühle zu sein. Also Sie sind so gut lieber Jähns ohne mir noch einmal darüber zu schreiben, das Geschäft mit Herrn Schlesinger zu schliessen? Man kann nicht anders sagen als dass er sich, wie immer, recht nobel bey der Sache nimmt —

Lebt wohl meine guten Kinder, Gott sey mit Euch. Mit herzliche Freundschaft umarmt EuchEure
Karoline v. Weber

Ich glaube lieber Sohn dass Sie einliegende Vollmacht werden nöthig haben um das Geschäft mit S. abzuschliessen.

Apparat

Zusammenfassung

es geht wiederum um die Schlesingerschen Manuscripte, es habe nun keinen Zweck mehr, dass man sie ihr zurückschicke, da sich die Hamburger Möglichkeit auch zerschlagen hat durch den Weggang von Rotter, Schlesinger soll sie nun behalten zu welchem Preis auch immer; hofft Meyerbeer bei seinem Hugenotten‑Dirigat sehen und auch mit ihm sprechen zu können; schickt Vollmacht für Jähns für den Verkauf bei Schlesinger mit

Incipit

Es kömt doch nie eine Unanehmlichkeit allein

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler, Eveline Bartlitz

Überlieferung

  • Textzeuge: Dresden (D), Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl)
    Signatur: Mscr. Dresd. App. 2097, 34

    Quellenbeschreibung

    • masch. Übertragung nach dem verschollenen Original (Nr. 34 des Konvoluts)
    • 3 S.
    • am Kopf die Notiz: „Empfangen den 27. März 38.“

Textkonstitution

  • „einen“sic!
  • „… wie immer , recht nobel“dreifach unterstrichen

Einzelstellenerläuterung

  • „… Sachen nach Hamburg zu schicken“Zu den entsprechenden Absprachen mit Carl Gustav Rotter vgl. den Brief vom 3. März 1838.
  • „… Sie die Musikalien an Schlesinger“Bezüglich der geplanten Herausgabe ungedruckter Werke Webers vgl. den Kommentar zum Brief vom Januar 1838.
  • „… mit unendlichen Beifall aufgenomen worden“Dresdner Erstaufführung der Hugenotten am 23. März 1838.
  • „… den die nicht gefallen hätte“Im Originalbrief stand anstelle der Lücke entweder der Titel der Oper oder (wahrscheinlicher) der Name einer Sängerin. In den Hauptrollen waren Maschinka Schneider (Margarethe von Valois) und Wilhelmine Schröder-Devrient (Valentine) besetzt.
  • „… Sie in Berlin gleich besuchen“Zwei Treffen von Meyerbeer und Jähns fanden erst am 25. April 1838 bei H. Lichtenstein sowie am Folgetag statt; vgl. Max Jähns, Familiengemälde, S. 149f.

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