Albert Gottlieb Methfessel an Friedrich Kind in Dresden
Rudolstadt, April(?) 1820

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Mein theurer Freund,

Hier kommen zwei rosenrothe Boten, die für mich bitten mögen: „verzeihen Sie Ihrem Methfeßelchen! Er will in Zukunft viel artiger seyn!“ Mögen Sie ihnen Gehör geben, sie meinen es so gut, wie ich! Und dann, zu spät ist’s ja auch wohl noch nicht. Nur daß ich nicht gleich schrieb, das ist’s. Nun aber, da Sie mir ein so liebes Andenken an Sie und an den herrlichen unglücklichen Kügelgen* gesandt haben, das mich und alle h. Kunstfreunde ungemein angesprochen hat, wollte ich auch nicht einen Augenblick säumen, u. da die Melodien schon im Geiste fertig waren, bat ich sie bei der ersten Geistesaudienz, herauszutreten in das Leben, mit Sang und Klang. Hier sind sie, die du mir gegeben! Gern schrieb ich sogleich an die freundliche Dichterin, die mich mit ihrem nur zu schmeichelhaftem Lobe sehr erstaunt hat, aber die Augenblicke sind gezählt, und | die Post hat kein Erbarmen. Sagen Sie ihr, wenn Sie dazu die Gelegenheit haben, einstweilen meinen dichterischen Gruß, und kündigen Sie ihr meinen Brief an. – Die Lieder haben mir sehr zugesagt, und ich hoffe, die Melodieen sollen dieß beweisen*. Schade, daß in dem einen (das späte Erkennen) der Uibelstand eintritt, daß in einer der letzten Verse als Vordersatz endigt, und der folgende als Nachsatz beginnt. Die Licenz, die ich mir genommen, 2 4zeilige Verse in einen 8zeiligen zu verwandeln, löst weder das Uibel, noch vergrößert sie daßelbe. Es wäre schön, wenn Sie, nach folgendem bescheidnen Modell das Störende verbeßern wollten, oder den Dichter verbeßern laßen wollten, nämlich ohngefähr so: |

     sit venia puncto*

Nun hat die Reu’ ppsich still ppdenn auf! nun ppDir pp –Es schwand pp -------

Uibrigens stehe hier noch der persöhnliche Stereotyp-Wunsch nach möglichst genauer Correctur. – Grüßen Sie Weber u. sonstige Freunde. (Daß W. die theure Minna ausbeßern wird, ist gut und thut Noth; denn ihr: „Wie ich, die ich pp“ im vorjährigen Alman.* hat mir eine wahre Gänsehaut verursacht.)

Gruß u. Liebe von Ihrem
AMethfeßel

Apparat

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Prof. Dr. Götz Methfessel

Überlieferung

  • Textzeuge: Dresden (D), Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Handschriftenabteilung (D-Dl)
    Signatur: Mscr. Dresd. App. 278, 130

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (3 b. S.)

    Provenienz

    • Katalog Musiker-Autographen, Henrici 1927, Nr. 102, wurde 1927 von der Sächs. Landesbibliothek erworben (Vermerk auf Originalbrief)

Textkonstitution

  • s„S“ überschrieben mit „s
  • „in“durchgestrichen
  • r„m“ überschrieben mit „r
  • „4zeilige“über der Zeile hinzugefügt
  • „8zeiligen“über der Zeile hinzugefügt
  • sie„es“ überschrieben mit „sie
  • „wollten“durchgestrichen
  • „persöhnliche“über der Zeile hinzugefügt

Einzelstellenerläuterung

  • „… an den herrlichen unglücklichen Kügelgen“Der Maler wurde auf dem Weg von seinem Atelier in Loschwitz nach Dresden von einem Raubmörder erschlagen.
  • h.Abk. von „hiesigen“.
  • „… die Melodieen sollen dieß beweisen“Methfessel vertonte mehrere Gedichte von Luise Brachmann. In W. G. Beckers Taschenbuch für das gesellige Vergnügen auf das Jahr 1821 , hg. von Friedrich Kind, Leipzig: Göschen veröffentlicht wurden: „Spätes Erkennen“ (S. 394) und „Die Boten“ (S. 401). Ersteres ist auch im Liederkranz. Sammlung von Gesängen und Liedern mit Begleitung des Fortepiano und der Guitarre, in Musik gesetzt und herausgegeben von Albert Methfessel, 3 Hefte Rudolstadt, Hofbuchhandlung von 1820, enthalten (Heft 3, Nr. 11), des Weiteren die von Methfessel vertonten Gedichte von Luise Brachmann „Die Sendung“ (Heft 2, Nr. 4) und „An die Laute“ (Heft 2, Nr. 10).
  • „… sit venia puncto“S. 3 oben Tintenklecks, dazu den als Entschuldigung gemeinten lat. Spruch geschrieben, abgeleitet von „sit venia verbo“: man möge mir diese Ausdrucksweise gestatten, nachsehen.
  • Alman.Abk. von „Almanach“.
  • „… pp im vorjährigen Alman. Almanach“Gemeint ist das Gedicht von St. Schütze Der Liebe Bildniß mit einer Komposition von Minna Schütze, welches mit den Worten: „Wie ich, die ich nimmer lasse,“ beginnt, vgl. W. B. Beckers Taschenbuch für das gesellige Vergnügen auf das Jahr 1820 , hg. von Friedrich Kind, Leipzig: Göschen, S. 391–293. Im Taschenbuch auf das Jahr 1821 (s.o.) findet sich „An die Nachtigall“ von Luise Brachmann mit Melodie von Minna Schütze. Ob mit W. Weber oder Winkler gemeint ist, ist ungeklärt.

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