Carl Maria von Weber an Caroline von Weber in Dresden
Teplitz, Montag, 11. Februar 1822 (Nr. 2)

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Liebe gute Herzens Weibe!

Kaum 6 Uhr vorbey, da sizz ich schon in Teplitz, und höre zu meiner größten Freude daß Morgen die Post nach Dresden geht, und die Mukkin also bald weiß daß der Mann den fatalen Berg glüklich überstanden hat.      der Weg ist durchaus vortrefflich, es wird gut gefahren, die Chausseèn sind breit; aber über den Nollendorfer Berg hätten der H: Inspektor doch ein bischen Angst gehabt. es war nehmlich sehr glatt, aber wir bekamen Eisketten an die Räder, und da gieng es sehr gut.      in Peterswalde aß ich ein recht gutes Supperl und Kalbsbraten, und die Mauth war auch bald überstanden. ich bin nicht im geringsten Fatiguirt; werde aber doch sehr bald in Betterl gehn, weil ich um 3 Uhr wieder auf muß. der scharfe Wind hörte gegen Mittag ganz auf; und die Fahrt war herrlich. geschlafen habe ich gar noch nicht, denn der Kopf war zu lebendig, und ich zählte die Minuten wo du hoffentlich durch meine paar Zeilen von Zehist aus, nach dem Mittagschläfchen solltest überrascht werden.      Ich möchte dir wohl gerne predigen! aber ich hoffe zu Gott du wirst selbst bedenken was du dem kleinen und großen Eß-el schuldig bist*, und so heiter und thätig wie möglich des Wiedersehens harren.

Ich bin recht froh daß ich keine ReiseGefährten habe. diese Stille und Einsamkeit, in der belebten Natur, ist mir recht wohlthätig und nothwendig meinen Geist zu sammeln. der Künstler muß wirklich manchmal aus dem gewöhnlichen bürgerlichen Weltleben herausgerißen und sich selbst gegeben werden.      du wirst sagen, nun da ists am besten man sperrt den Musje ein, in Loß? danke; so arg verbät ich mirs, aber so nach Hosterwitz mit Frau und Kind und aller Bequemlichkeit ins Elend /: Exil:/ geschikt; da bitt ich drum.

Jezt gute Mukkin, ordne ich mein Tagebuch, rasire mich vielleicht, damit ich Morgen Abend in Prag nicht gar zu scheußlich aussehe. Mampfle dann Supperl, und gehe in Bett. Gebe gute + + +, drükke dich innigst an mein Herz, und bitte Gott dich heiter und Gesund zu machen.      Ewig dein Carl Millionen Bußen.

Apparat

Zusammenfassung

berichtet über die Reise von Zehist nach Teplitz; freut sich, keinen Reisegefährten zu haben, und genießt die ruhige Reise

Incipit

Kaum 6 Uhr vorbey, da sizz ich schon in Teplitz

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. II A a 3, 8

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (1 b. S. o. Adr.)
    • Rötelmarkierungen von Max Maria von Weber
    • am unteren Blattrand der Rectoseite Echtheitstestat vom Weber-Sohn: „Dieser Brief ist von meinem Vater C. M. von Weber eigenhändig geschrieben | M. M. v. Weber K. Sächs. Finanz-Rath“
    • Am oberen Blattrand der Versoseite von F.W. Jähns (Tinte): „Aus der Autographen-Sammlung der Freiherrn v. Reden
    • Am unteren Blattrand der Versoseite von F. W. Jähns (Blei): „C. M. v. Weber an seine Gattin“.

    Provenienz

    • vermutlich zu jenen 60 Weber-Briefen gehörig, die Max Maria von Weber Anfang 1854 an Friedrich Wilhelm Jähns verkaufte; vgl. Max Jähns, Friedrich Wilhelm Jähns und Max Jähns. Ein Familiengemälde für die Freunde, hg. von Karl Koetschau, Dresden 1906, S. 403

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • MMW II, S. 392–393
    • Kapp, Julius: Der ’Freischütz’ in Wien in: Die vierte Wand, Magdeburg, Nr. 14/15 (14. Mai 1927), S. 40

    Einzelstellenerläuterung

    • „… und großen Eß-el schuldig bist“Mit dem kleinen Eßel meinte Weber das noch ungeborene Kind. Caroline gebar am 25. April 1822 den Sohn Max Maria; mit dem „großen Eßel“ meinte Weber sich selbst.

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