Carl Maria von Weber an Caroline von Weber in Dresden
Wien, Sonntag, 17. März bis Mittwoch, 20. März 1822 (Nr. 12)

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d: 17t März 1822. Sonntag.      Nach einer guten Nacht, habe ich der Mukkin schönen guten Morgen gesagt. Fee getrunken, keine Umschläge genomen, sondern mich sauber angethan und nur einen Wachstaffent um den Hals genommen. darauf bin ich um ½ 12 Uhr in ein Wagerl gestiegen, zum Belvedere gefahren, dort ausgestiegen, und recht behaglich in der Sonne herumspaziert, so daß ich erst ½ 2 Uhr wieder zu Hauß war. dann ein bißel gefreßt, geschlafen, und nun der Mukkin Bericht erstatten, daß es mir sehr wohl bekommen ist. ich habe kein einziges mal gehustet. auch heute Morgen war es sehr gnädig, und somit hoffe ich immer mehr und mehr auf einen gewißen Tag zur Abreise den ich aber noch nicht zu nennen traue, aus Furcht, er möchte mir noch hier abgehandelt werden.      Morgen Früh habe ich Probe. ich kome natürlich fast zu Niemand mehr. aber selbst das aller nothwendigste ist schon viel. jezt muß ich noch ein paar Billette schreiben, an Grillparzer und Schlegel. habe ohnedieß keine rechte Geduld mehr mit der Frau Liebsten zu reden, die Ungeduld sizt mir schon in allen Gliedern, also empfehl mich derweile.

d: 18t Abends.      Nun das Ärgste wäre gut überstanden, nehmlich heute Früh 10 Uhr die Probe. sie griff mich freylich etwas an, weil ich doch viel sprechen mußte, ich gieng aber darauf in dem schönen Wetter noch ein bißel spazieren. aß dann zu Mittag, schlief, erhielt dann Besuche bis jezt 8 Uhr, und werde bald in Betterl gehn, da ich Abends noch zu Hause bleiben muß.      Stündlich habe ich gehofft, der Brief den du nach Prag geschrieben, sollte ankomen, es war aber nitz. nun hoffe ich auf Morgen.      Cerrini war heute Abend auch wieder bei mir. Morgen vor dem ConcertT mache ich dem Prinzen meine AbschiedsVisite, damit mir auf Mittwoch nicht gar zu viel bleibt. Der Dr: machte zwar ein verwundertes Gesicht wie ich von Donnerstag abreisen sprach, aber wenn’s bei mir so bleibt laß ich mich nicht abhalten. Was soll ich hier allein zu Hause sizzen, mit Niemand reden dürfen, ich werde ja ganz melancholisch, ich bin wirklich schon von einem infamen Humor, es ist hohe Zeit daß ich fortkomme. ich kann dir gar nicht sagen was ich für eine Sehnsucht nach dir, und Hame überhaupt, habe. Was wird mich die Rükreise lange dünken, und doch bringt mich jeder Schritt näher meinem Ziele. ich habe den Fräuleins, Roth p p allerhand mitbringen wollen, ’s wird aber wohl nichts werden. das dumme Kranksein kostet mich viel Geld. jede Visite des Dr: 5 ƒ, das ist 1 rh 8 gr: hätte ichs doch lieber verfreßen und versoffen. Jezt komt mein Supperl. gute Nacht. muß mir Kräfte sammeln zum Konzert. bin kurios wie’s ausfällt. es ist hier Sitte einzuladen, wer’s aber nicht thut, ist natürlich der Muks.
Gute gute Nacht. Gott segne dich + + +. und behalte lieb deine alte Männe. |

d: 19t Abends Das habe ich klug gemacht mit Prag, denn so bekam ich jezt noch einen Brief der Mukkin No: 10 hier, der sonst still in Prag gelegen wäre.      Gottlob daß du wieder guten Muthes bist. aber ich fürchte meine No 10, wird dich wieder ängstigen. Heute also war mein Concert*. Beyfall sehr groß. jedesmal empfangen so oft ich mich sehen ließ, und nach der Ouverture, Konzert und Phantasie, hervorgerufen. Voller hätte es sein können. daran mag auch das Wetter schuld gewesen sein. Prinz Friedrich, Erzherzog Carl p p waren drin. Mündlich ein mehreres darüber. ja ja. Donnerstag krazze ich ab. habe dem Dr: keine Ruh gelaßen, befinde mich auch wirklich gut. und der Husten wird wohl so schnell nicht vergehen. Wenn du diesen Brief bekomst, eße ich mit Gottes Hülfe bei Junghs, oder der Sweerts.      habe nun auch nicht die geringste Geduld mehr dir ordentlich zu schreiben, es prikkelt mir schon in allen Gliedern.

Von den Italienern sind einzelne hier, Roßini den man seit 5 Wochen täglich erwartete soll nun noch später erst eintreffen*. meinetwegen. Böttiger bringe ich ein Buch mit. ich bin überhaupt schön mit Komißionen belastet, bis zum lächerlichen aber mit Haarlokken*.      Morgen habe ich noch gewaltig viel zu thun. nehme gleich auf den ganzen Tag einen Wagen. Abschied von dem Prinzen p p habe ich heute vor dem Konzert genommen. ich mache nur die aller nothwendigsten Besuche, bei allen übrigen muß mich Schwarz entschuldigen, der sich überhaupt mit einer außerordentlichen Thätigkeit um alles annimmt, um mir jeden Gang, jedes Wort, zu ersparen. Das ist so recht für meinen Schnabel. Nun gut Nacht Mukkin, Gott segne dich, bald bald umarmt dich wieder dein dich unendlich liebender Carl.

+ + +. +.

d: 20t Welche Ueberraschung noch deinen lezten Brief nach Prag erhalte so eben. kann nichts weiter sagen, als daß ich mich unmenschlich über deine Freude freue.

Morgen gehts fort Gott lob. Gott segne dich.

Dienstag, Mittwoch oder Donnerstag hoffe ich in Dresden zu sein. Gott segne dich. eiligst dein Carl.

Apparat

Zusammenfassung

Bericht über Wiener Konzert und dessen Vorbereitung sowie die letzten Tage in Wien

Incipit

Nach einer guten Nacht

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ep. C. M. v. Weber 160

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (2 b. S. o. Adr.)
    • Bl. 2 bis auf einen 2 cm breiten Rand mit Siegelspur und -loch abgeschnitten

    Einzelstellenerläuterung

    • „… Heute also war mein Concert“Webers Konzert im kleinen RedoutensaalT.
    • „… nun noch später erst eintreffen“Die Allgemeine Theaterzeitung und Unterhaltungsblatt für Freunde der Kunst, Literatur und des geselligen Lebens, Jg. 15, Nr. 38 (28. März 1822), S. 151 gibt als Ankunftstag den 22. März an. Die Oesterreichisch-Kaiserliche privilegirte Wiener-Zeitung vom 27. März 1822 (Nr. 71, S. 283) nennt Rossini und seine sechsköpfige Gesangstruppe dagegen erst am 23. März unter den Angekommenen (wohnhaft Stadt Nr. 1086).
    • „… zum lächerlichen aber mit Haarlokken“Laut Tagebuch Locken für Caroline von Weber.

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