Carl Maria von Weber an Moritz Graf Dietrichstein in Wien
Dresden, Freitag, 16. November 1821

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Hochgebohrner
Innigest verehrter Herr Graf!

Wenn es möglich wäre daß die innige Verehrung und treue Anhänglichkeit, die mich von der ersten Zeit an wo ich das Glük hatte Ew: Exzellenz bekannt zu werden* – erfüllte, noch hätte in mir gesteigert werden können, so müßte es jezt durch die Fülle von Güte mit der Sie mich überhäuften, geschehen sein.

In wie vielfacher Hinsicht haben mich Ew: Exzellenz zu Ihrem ewigen Schuldner gemacht.      Glänzende Ausstattung meines Söhnleins*, reichlicher Ehrensold, und vor allem ein lebenswarmes erhebendes Mitfühlen, das mit liebevoller Partheylichkeit des Freundes mein weniges Leisten viel zu hoch stellt, alles dieses verdanke ich Ihnen. und wahrlich es soll auf keinen unfruchtbaren Boden gefallen sein. Es wird mich rastlos vorwärts treiben auf der Kunstbahn, und möge ich dann einst verdienen, was ich noch als Geschenk ansehen muß. |

Welch ein Sonnenheller Himmel gieng uns allen auf, als E: Exzellenz mit dem trefflichen v: Mosel die Leitung der KunstAngelegenheiten übernahmen*. Es gab nichts Schönes und Herrliches was ich nicht von solchen Männern vereint, für die Kunst hoffen durfte. So manche bisher noch nirgends ausführbare Dinge hoffte ich da sich gestalten zu sehen. – Laßen Sie mich den Schleyer über diesen vereitelten Wiederaufblik der Kunst ziehen. – Wo wird künftig deutsche Kunst deutsche Künstler ziehn?* WienBerlin? – nach den neuesten Verfügungen, der GeneralDirection des H: Sp: – ?* München ? – Dresden ???!!! – Geduld. Wir wollen ruhig unsern Weg gehen, nicht um uns blikken und Gott walten laßen.

Im Vertrauen auf E: Exzellenz Verzeihung, wage ich es HochDenselben den KlavierAuszug des Freyschützen ergebenst darzubringen*.      Sie haben ihn so väterlich umsorgt, werden Sie seinen Schattenriß verschmähen?

Gott erhalte E. Exzellenz froh und Gesund, mir, die Hoffnung daß Sie freundlichst meiner gedenken, und ich stolz genug sein darf mich zu nennen

E. Exzellenz unveränderlich treu
ergebener Freund und Diener

CMvWeber

Apparat

Zusammenfassung

dankt für die Betreuung seines Freischütz in Wien, beklagt die Beschränkung des Wirkungskreises von Mosel und Dietrichstein; übersendet ihm ein Exemplar des Klavierauszug-Erstdrucks mit Widmung

Überlieferung

  • Textzeuge: In Privatbesitz

    Quellenbeschreibung

    • 2 b. S.

    Provenienz

    • Auktion Dorotheum Wien, "Autographen", 20. Juni 2007, Nr. 263; dazugehöriger Klavierauszug mit Widmung: Nr. 264: "S. Exzellenz dem Herrn Grafen Moritz von Dietrichstein mit innigster Verehrung CMvWeber"

    Einzelstellenerläuterung

    • „… Ew: Exzellenz bekannt zu werden“Die ersten in Webers Tagebuch festgehaltenen Begegnungen fanden am 14. und 23. April 1813 in Wien statt.
    • „… gemacht. Glänzende Ausstattung meines Söhnleins“Bezogen auf die Wiener Einstudierung des Freischütz (Premiere am Kärntnertortheater am 3. November 1821).
    • „… die Leitung der KunstAngelegenheiten übernahmen“Graf Dietrichstein wurde Ostern 1821 Direktor der Wiener Hoftheater, Edler von Mosel sein Stellvertreter.
    • „… deutsche Kunst deutsche Künstler ziehn?“Nachdem am 6. November 1821 das Kärntnertortheater an Domenico Barbaja verpachtet worden war, waren Graf Dietrichstein und Edler von Mosel ab dem 1. Dezember 1821 als Hoftheaterdirektoren nur noch für das Burgtheater zuständig; vgl. den Kommentar zu Webers Brief an G. F. Treitschke vom 13. November 1821.
    • „… des H: Sp: – ?“Zu Spontinis Gesamtaufsicht über das Musiktheater an den Königlichen Schauspielen in Berlin vgl. den Kommentar zu Webers Brief an den Grafen Brühl vom 18. Oktober 1821.
    • „… KlavierAuszug des Freyschützen ergebenst darzubringen“Erstdruck des Freischütz-Klavierauszugs (Berlin: A. M. Schlesinger, PN: 1078); Versand mit separater Post laut Tagebuch am 20. November 1821.

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