Chronik der Königl. Schaubühne zu Dresden vom 6. bis 10. Mai 1817

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Am 6. Mai. Der Blitz, von A. Müllner. (Nicht August, wie auf dem Schauspielanschlage steht, sondern Adolph, da der Dichter sich unter der Schuld ebenso benannte.) Die Scene mit den weggeworfenen Schachteln bleibt die effektreichste. Hierauf Hedwig, die Banditenbraut, Schausp. in 3 A. von Th. Körner. Eine der ersten Arbeiten des Heldenjünglings, welche daher alle Spuren roher Kraft, aber auch hoher Genialität und kräftigen Aufschwungs an sich trägt. Im Charakter des Rudolph liegt eine zu reiche Welt von streitenden Empfindungen, als daß der enge Raum, in welchem das Stück sich bewegt, ihn gehörig entfalten könnte, daher Sprünge nothwendig werden, welche nicht selten stören. Er ward von Herrn Geyer trefflich dargestellt, und Mad. Hartwig unterstützte ihn, besonders in den höchst lebendigen Auftritten der zweiten Hälfte des dritten Akts, mit hochaufloderndem, verzehrendem Feuer des Gemüths. Wäre nur auch von dem natürlichen Feuer, das in der Scheune brennen sollte, eben so viel Gutes zu sagen gewesen. Vielleicht hatte man sich aber durch den Eindruck, den es bei der ersten Vorstellung auf die Zuschauer machte, welche durch die Wahrheit des Dargestellten in Schrecken gesetzt, das Schauspielhaus verließen, verleiten lassen, es dieses Mal allzusehr zu dämpfen.

Am 8. Mai. Die Wiederholung von Johann von Paris, s. No. 120.

Th. Hell.

Am 10. Mai. Don Giovanni, von Mozart. Ein ächtes, herrliches Fest war uns heute bereitet, denn schöner als je, mit glühendem Feuer, mit kühner Sicherheit und wahrer Begeisterung wurde diese Oper, das höchste Meisterwerk romantischer Tondichtung, ausgeführt. Mad. Grünbaum, diese seltne und mit Recht gefeierte Künstlerin, sang die Rolle der Donna Anna als ihre zweite Gastrolle ganz trefflich. Mit der vollkommensten Reinheit ergreift ihre silberhelle Stimme die höchsten Töne, und bewährt sich fest bei den schwierigsten Passagen; ihre Kraft, ihre Sicherheit, ihr alle Instrumente besiegender Ton, müssen ihr stets hohe Bewunderung erwerben, heute sprach aber ihre ausdrucksvolle Declamation auch ¦ zu jedem Herzen, und der allgemeinste Beifall ward ihr in jeder Hinsicht mit Recht. Aeußerst interessant war es heute, zwei so ausgezeichnete Künstlerinnen neben einander zu hören, man konnte wohl sagen: keine gleicht und keine weicht der andern! denn unsere liebenswürdige Sandrini gab die leidenschaftliche Elvira mit herrlichen Anstand und hinreißender Innigkeit, und sang diese kunstvolle Rolle, in welcher sich die klangvollen Mitteltöne ihrer Stimme so schön hervorheben, mit der meisterhaftesten Genauigkeit. Lauter Beifall konnte ihr beweisen, daß so freudig wir auch fremdes Verdienst anerkennen, wir doch nie gleichgültig werden für den Werth der lieben Bleibenden. Unvergleichlich sang und spielte unser Benincasa den Leporello, und alle die großen Ensembles gingen trefflich und ganz im Geist des unsterblichen Meisters. Diesem sich hinzugeben und ihm aufmerksam bei diesem einzig hohen Werk zu folgen, ist ein entzückender Genuß. Alles ist im höchsten Rausch fortströmender Begeisterung geschrieben, und doch alles so klar und sinnig! jede einfachste Melodie so himmlisch süß, so dem innersten Gefühl abgelauscht, daß sie nie alternd in jedem Herzen wie auf jeder Lippe wiedertönt, dabei jede Rolle auch in der Musik so äußerst treffend charakterisirt, daß der kleinste veränderte Zug gleich störend wäre; dies überschwenglich reiche, glühende Leben in dem Ganzen, die zügellos üppig wilde Kraft, die, von Frevel zu Frevel fortschreitend, durch ihre unerschütterliche Kühnheit allein wieder dichterisch groß wird, die heiße treue Liebe Elvirens, die unabgeschreckt bis zum letzten Moment ausdauert, Anna’s reine hochbeleidigte Unschuld und ihre schmerzliche Trauer, Zerlinens harmlose Eitelkeit, die so leicht zu verführen ist, und doch im Herzen treu bleibt, Leporello’s ächt komische Muthlosigkeit bei all seiner schalkhaften Gewandtheit, wie herrlich ist dies alles ausgemalt, und wie erschütternd groß treten zuletzt alle Schauder der Geisterwelt dicht vor uns! Nur der reichste Genius konnte mit schöpferischer Kraft den Tönen, die vor seiner Zeit nur bald melodisch geordnet, bald mathematisch geregelt, Rede zu werden strebten, plötzlich diesen Schwung der kühnsten Dichtung geben, und unübertroffen, unerreichbar wird Mozart allen Zeiten, allen Völkern ewig theuer bleiben und seine Sprache wird nie weder veralten noch verklingen!

C.

Apparat

Zusammenfassung

Aufführungsberichte Dresden, 6. bis 10. Mai 1817

Entstehung

vor 24. Mai 1817

Überlieferung

  • Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 1, Nr. 124 (24. Mai 1817), Bl. 2v

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