Aufführungsbesprechung Dresden, Hoftheater und Linkesches Bad vom 31. Mai bis 13. Juni 1819

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Am 31. Mai Auf dem Linkeschen Bade. Die Quälgeister. Nach Shakespear, von H. Beck. Herr Gern, der Sohn, vom Königl. Theater in Berlin, gab den Dorfrichter Dupperig als erste Gastrolle. Beschränktheit bei dummem Bauernstolze ist die nicht leicht zu verfehlende Grundlage dieses komischen Characters. Der fremde Künstler stellte ihn sehr ergötzlich dar.

Am 1. Juni. Ebendaselbst. Der Geizige. Nach Zschokke’s Bearbeitung. Das ganze Stück ist nur ein Rahmen um das Gemälde des Geizigen, aber ein so schlechter, grobhölzerner, daß er dem Gemälde selbst schadet und wohl sehr verdiente, von einem guten dramatischen Tischler und Vergolder einmal modernisirt und freundlicher ausgeschmückt zu werden. Herr Gern war als Kammerrath von Fegesack eine sehr erheiternde Erscheinung. Der Styl seines Spiels ist etwas trocken, um so komischer tritt aber dadurch manches hervor. Daß er Iffland sich zum Muster nahm, ist nicht zu verkennen, und in den meisten Parthieen giebt er sein Vorbild glücklich wieder. Er ward unter vielem Beifall gerufen.

Am 3. Juni. In der Stadt. Der häusliche Zwist. Mad. Beutler vom Hoftheater zu München, trat als die Frau nicht ohne äußern Reiz und ein ansprechendes Organ auf, auch kann man nicht sagen, daß sie etwas falsch gesprochen habe, aber das innre Leben, das wir in der Darstellung dieser Rolle von Mad. Hartwig gewohnt sind, ließ sich durch äußre Unruhe nicht ersetzen, und die Innigkeit der bekannten Künstlerin sich freilich von der neuauftretenden Fremden nicht erwarten. Hierauf: Zum ersten Male: Nachtigall und Rabe. Schäferspiel in 1 Akt, nach dem franz., von Treitschke. Musik von Weigl. Wird bei der Wiederholung beurtheilt werden.

Am 5. Juni. Ebendaselbst. La gazza ladra. Diese Oper findet mit jeder Wiederholung gesteigerten Beifall.

Am 6. Juni. Auf dem Linkeschen Bade. Der Amerikaner. Als dritte Gastrolle gab Hr. Gern den Kaufmann Herb. Uns hat dies seine vorzüglichste Darstellung geschienen, besonders ward die bekannte Duellscene mit ungemeiner Laune gehalten. Ein etwas stärkeres Auftragen muß man dem fremden Komiker, der die Vertrautheit mit seinem Publiko noch nicht hat, wohl erlauben.

¦ Am 7. Juni. Ebendaselbst. Der Graf von Burgund. Für die Darstellung der zarten, flüchtigen und doch mädchenhaft schüchternen Elsbeth, ist Mad. Beutler nicht geeignet, und wir bedauern, daß sie kleine andre Rolle wählte, da sie besonders auch als Sängerin nicht ohne Verdienst seyn soll.

Am 9. Juni. Ebendaselbst. Zum Erstenmale: Die Selbstmörder. Drama in einem Akt, von Kotzebue. Das kleine Stück ist aus dem neusten Almanach dieses Dichters hinreichend bekannt. Wir können uns bei ruhigem Nachdenken nicht verhehlen, daß seine Tendenz in den Haupt-Personen nicht ganz moralisch ist, indem das intentirte Verbrechen des Selbstmordes hier zu Ruhe und Glück führt, folglich auf einer anlockenden Seite dargestellt ist, aber durch den edlen Character von Mutter und Tochter ist ein so milder Schimmer um das Ganze gebreitet, einzelne Stellen sprechen mit einer so unwiderstehlichen Rührung an, daß man während der Vorstellung von jenem störenden Gedanken nicht überrascht wird und dem kleinen Stücke eine wohlgefällige Aufmerksamkeit weiht. Dazu gehört aber auch, daß es so gut dargestellt wird, wie es hier der Fall war. Ergreifend gab Hr. Pauli den armen Landmann, er malte Verzweiflung wie Entzücken mit Wahrheit und ächter Characterisirung des Standes, in dem er lebt, und ausgezeichnetes Lob verdient die Stelle, wo er den Beutel aufhebt, den ihm der Städter hinwirft. Dieser ward von Hrn. Kanow anfangs mit zweckmäßiger Abgespanntheit, dann mit steigendem Antheil und zuletzt mit gewinnender Innigkeit gegeben. Gefühlvoll, zart und weich stellte Dem. Tilly die Tochter dar, und eben so herzlich, treu und kräftig vertrauend war Dem. Christ als Frau. – Es folgte hierauf der Schatzgräber, mit Musik von Mehul, worin Hr. Gern den Geronte als letzte Gastrolle spielte, Sänger wollte ja der Darsteller nicht seyn. Das leere Haus schien den Künstler etwas zu erkälten, doch war die Scene, wo er mit Hrn. Wilhelmi den Koffer hereinbringt, mit regem Leben dargestellt. Der Künstler ließ eine freundliche Erinnerung zurück.

Am 12. Juni. In der Stadt. Gianni di Parigi. Musica di Morlacchi.

Am 13. Juni. Auf dem Linkeschen Bade. Die Zauberflöte.

Apparat

Zusammenfassung

Chronik Dresden, Hoftheater und Linkesches Bad vom 31. Mai bis 13 Juni 1819

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Fukerider, Andreas

Überlieferung

  • Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 3, Nr. 149 (23. Juni 1819), Bl. 2v

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