Aufführungsbesprechung Königsberg: „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber April 1822

Zurück

Zeige Markierungen im Text

Königsberg in Preußen, Ende April. 1822.

Zürnen sie mir nicht, verehrter Frennd! daß ich so lange geschwiegen und Ihnen beinahe seit einem halben Jahre keinen Bericht über die hiesige Bühne erstattet habe. Dafür will ich Ihnen jetzt aber auch einen recht ausführlichen mittheilen, denn es ist mehr als reichlicher Stoff dazu vorhanden. Doch zur Sache.

Zuerst und vornehmlich lassen Sie mich über Ihres Weber’s herrliche und seelenvolle Oper "der Freischütz" sprechen. Doch nicht zu beschreiben vermag ich den Eindruck, den diese geniale Schöpfung auf das hiesige Publikum hervorgebracht, welche Theilnahme dasselbe bei jeder Wiederholung dieses Meisterstücks an den Tag gelegt und welch’ a peal of applause letzteres begleitet hat! – Diese Oper hat bis jetzt jedesmal bei gedrängt vollem Hause und die drei ersten Male bei erhöheten Preisen zehn Darstellungen erlebt und der Theater-Direction mehr als fünftehalb tausend Thaler reinen Gewinn gewährt*. Herr Gosler hatte sich die Partitur von dem Componisten kommen lassen und die erste Aufführung dieser Oper zu seinem Benefiz* bestimmt, trat jedoch in der Folge das Manuscript an die Direktion gegen eine verhältnißmäßige Entschädigung ab. – Ehe ich aber über die ganz vorzüglich gelungene Aufführung dieses unsterblichen Werkes auf unserer Bühne mich näher ausspreche und durch beifällige Erwähnung im Allgemeinen sowohl, als im Einzelnen, der Direction und den Künstlern, welche uns durch ihre lebhaften, und von dem glücklichsten Erfolge gekrönten Anstrengungen dieses nimmer genug zu preisende Meisterstück deutscher, ächt begeisternder Kunst versinnlichten, eine gerechte Anerkennung ihrer Verdienste zu Theil werden lasse, sey es mir vergönnt, einige Worte über diese Oper, welche sowohl in Hinsicht der Dichtung als der Composition das lebhafteste Interesse erweckt hat und noch erweckt, sagen zu dürfen.

Es ist nicht leicht, romantische Stoffe auszumitteln, die auch auf der Bühne von Wirkung sind, woher denn auch die Seltenheit guter, romantischer Opern bei uns Deutschen herrührt, wenn gleich diese Gattung uns nicht wenig anspricht. Sehr richtig ist die Ansicht eines hiesigen Kunstverständigen: daß Schikaneders, der schlechten Verse wegen oft verspottete Zauberflöte, höchst romantisch gedacht, die Bearbeitung von Wielands Oberon für’s Theater dagegen mißlungen ist; daß die Donaunymphe nicht übel, nur die Ausführung zu platt ist; aus Fouque’s Undine aber eine gute Oper hätte geschafft werden können, und eben so Deodata durch eine schiefe Ansicht Kotzebue’s über Gesang in der Oper verunglückt ist. Wir haben daher von den Franzosen entlehnt, woran wir ¦ selbst Mangel litten; doch sind ihre romantischen Produkte (Cendrillon, chaperon rouge) modernisirt und nicht gemüthlich genug, um uns auf die Dauer anzusprechen.

Glücklich ist daher die Wahl zu nennen, die der geist- und gemüthreiche Friedrich Kind traf, als er zum Stoff für eine Oper die alte böhmische Volkssage vom Freischützen benutzte. Da man jedoch unter dem Namen „Freischütz“ an manchen Orten auch einen Wilddieb versteht, so darf man mit Mehreren wohl fragen: ob es für das Kugelgießen mit Hülfe des Bösen keinen bezeichnendern Ausdruck giebt? Wenn es gleich wünschenswerth bleibt, daß Manches aus Apels sehr gelungener Bearbeitung der interessanten Legende als Erzählung für das Theater beibehalten wäre, so ist doch auch nicht in Abrede zu stellen, daß der Stoff von dem trfflichen Kind mit Begeisterung und zu großer dramatischer Wirkung abgefaßt worden. Die Idee, welche dieser Dichtung zu Grunde liegt, ist in jeder Beziehung höchst glücklich zu nennen und belebt dieselbe auf das Anziehendste. Eben des darin entfalteten Ideenlaufs wegen, wird und muß "der Freischütz" sich daher noch lange auf dem Repertoir aller deutschen Bühnen erhalten und wird jederzeit der innigsten Theilnahme sich zu erfreuen haben, denn – so bemerkt Dr. Reinbeck sehr richtig: – wer keiner Ideen fähig ist, der ist für den Deutschen kein Dichter, und wer zwar wohl der Ideen fähig ist, sie aber nur mit dem Verstande auffaßt, und nicht mit dem Gemüthe, wird nie, bei allen übrigen, vielleicht selbst überwiegenden Vorzügen seines Geistes und Talents, tiefe Wirkung auf den Deutschen im Allgemeinen hervorbringen. Der Stoff der genannten Oper ist angemessen zu nennen, denn er ist geschickt, die Idee, die er versinnlichen soll, auch wirklich zu versinnlichen, und überdem zu dieser Versinnlichung vollkommen hinreichend. Wenn Referent dem geistreichen und lange noch nicht nach Verdienst geehrten Raupach aus voller Ueberzeugung darin beistimmen muß, daß das erste Haupterforderniß aller und jeder Dichtung, die unerläßliche Eigenschaft, die das Werk erst zur Dichtung stempelt, das Daseyn eines Geistigen seyn muß, welches durch die aufgestellte Erscheinung verkörpert und offenbart wird, so müssen wir auch auf der andern Seite gestehen, daß nicht allein diesem Erforderniße in der uns vorliegenden Oper vollständig genügt, sondern auch Einklang des Dargestellten (des Geistigen) mit dem Darstellenden (dem Sinnlichen), mithin wahre Schönheit vorhanden ist. Das Ganze durchweht ein ächt-poetischer (auch von großer Kenntniß des dramatischen Effekts zeugender) Geist, ja wir dürfen kühn behaupten, daß Kind – wenn er auch durch keine andere Erzeugnisse seiner stets regen Schöpfungkraft sich einen Platz unter Deutschlands gefeiertesten Dichtern errungen hätte, schon allein durch Bearbeitung einer solchen Volssage zur Oper, als | Dichter im eigentlichsten Wortverstande sich dargethan, denn seine Poesie ist auch hier durchaus von der Vernunft geregelt, also wahre, ächte Dichtkunst. Der besprochenen Oper ist ferner das Gepräge der Wahrheit aufgedrückt, nicht in Hinsicht der Begebenheiten, sondern des Verhältnisses der einzelnen Theile zu einander, und sichert ihr daher schon aus diesem Grunde ein langes Leben. Wenn aber zu der Wahrheit des Stoffs, ausser der der Charactere und der des Verhältnisses derselben zu der Begebenheit, auch die Wahrheit des Ereignisses gezählt werden muß, so wird man fragen: ist das Wunderbare, welches der Inhalt dieser Oper versinnlicht, auch wahr? – Raupach sagt: Allerdings hat das rechte Wunderbare auch seine Wahrheit; und es würde doch gewiß einseitige Kunst-Ansichten verrathen, wenn man dem Dichter überhaupt den Gebrauch des Wunderbaren in seinen Schöpfungen untersagen wollte. Es kann mithin – was auch strenge Kritiker dagegen einwenden mögen – Kind eben so wenig, als Göthe oder Klingemann wegen Personificirung des +++ in ihren dramatischen Arbeiten getadelt werden; ob aber die erwähnte hohe Person, die in der oft genannten Oper incognito als Samiel erscheint, von dem Dichter nicht ein wenig stiefmütterlich zu dieser Reise in die Oberwelt ausgestattet worden, ist eine andere Frage, die wohl geprüft zu werden verdient. Daß übrigens dieses Stück von manchen Flecken nicht rein ist, kann wohl nicht in Abrede gestellt werden. Namentlich gehört hierher die Episode der Erscheinung des Einsiedlers, der, als ein rechter Deus ex machina am Schlusse der Oper auftritt und zu gerechtem Tadel Veranlassung giebt, welches noch um so mehr der Fall ist, wenn die im Buche abgedruckte Scene zu Anfange des Stücks, wo er mit Agathen eine Unterredung hat, bei der Aufführung der Oper weggelassen wird. Was den Rythmus dieses dramatischen Produkts betrifft, so wird wohl von Niemanden geläugnet werden können, daß Kind sich auch in letzterm nicht nur als gründlicher Sprachkenner bewiesen, sondern auch in jeder Gattung der Poesie mit hoher Anmuth, Leichtigkeit und Kraftfülle sich bewegt hat. Wie ächt kindlich und bis zu Thränen rührend sind nicht die Worte Agathens, in der von dem Dichter überaus schön angelegten Scene derselben beim Anblicke des Stertnenhimmels, und die ihrer frommen Cavatinr, midem himmlischen Refrain:

"Sein (Gottes) Auge, rein und ewig klar,Nimmt aller Wesen liebend wahr!? -

Doch wenden wir uns zur Musik. Reinbek hat Recht, wenn er behauptet: daß gegenwärtig, besonders was die höhere Oper betrifft, nichts seltener auf Deutschlands Opernbühnen, als eine original-deutsche, und noch seltner allerdings eine ächt-deutsche Oper ist, d. h. eine solche, welche dem Geiste deutscher Dichtung und deutscher Tonkunst zusagt. Der Oper überhaupt, als einer Vereinigung aller schönen und bildenden Künste, kann und darf kein Stoff fremd seyn, der das menschliche Herz zu rühren, zu ergötzen und zu veredeln vermag, wenn gleich unter den daraus entstandenen komischen tragischen, heroischen, sentimentalen und romantischen Opern-Gattungen, die letztere am höchsten zu stellen seyn dürfte, weil sie, an keinen Ort und an keine Zeit gebunden, ein Kind der Phantasie, alle jene Gattungen in sich vereinigt, wovon z. B. Mozarts ewiges Meisterwerk "Don Juan" ein redender Beweis ist. Die deutsche Musik ist ernst, wie überhaupt der Charakter des Deutschen ernst ist; ¦ sie ist aber auch die Dollmetscherin der Ideen für das Gefühl, und Wahrheit ist ihr Character, wie der ächtdeutschen Kunst überhaupt. Wohl können uns die lieblichen Melodieen eines Paisello, Salieri, Cimarosa, Cimadoro und selbst die des oft verschrieenen Rossini, die Zephyrgleichen Anmuthigkeit und das Imponirende eines Gretry, Mehul, Nicolo-Isouard, d’Alairac etc. entzücken und überraschen und sie uns theuer machen, aber Wahrheit findet sich vorzüglich nur bei einem Gluck, Haydn, Mozart, Weigl, Winter und – wir können freudig und aus voller Ueberzeugung hinzu setzen: bei Karl Maria von Weber, der durch die Composition des Freischützen, wie noch nie zuvor beurkundet hat, daß er nicht allein durch Familienbande, sondern auch durch Geistesverwandschaft dem unsterblichen Mozart befreundet ist.

Hat Weber sich schon durch Composition der Sylvana als einen Meister bewährt, auf dessen Besitz Deutschland stolz seyn kann*, so ist dieses mit "dem Freischützen" in einem noch weit höheren Grade der Fall, denn obgleich jene Oper stellenweise vortrefflich ist, so thut ihr doch der Umstand, daß die Hauptperson nicht singt, bedeutenden Schaden.

Es sey mir vergönnt, die Anischten eines hiesigen kunsterfahrnen Musikfreundes über eine solche Kernmusik, wie die zum Freischützen ist, in nachstehenden Zeilen dem größern Publiko mitzutheilen. Er sagt: "Die Extravaganz, die man manchen frühern Werken Weber’s wohl nicht mit Unrecht vorwarf, macht hier einer sichern Besonnenheit Platz, und wenn in dieser Oper auch Manches nach öfterm Hören unklar in der Harmonie erscheint, so hat das wohl ein Stoff dieser Art erheischt. Nur hüte sich jeder, welcher die Oper zum erstenmal hört, schon ein bestimmtes Urtheil darüber zu fällen. Musik, die zum Erstenmale allgemein mißfällt, mag in der Regel wohl schlecht seyn, solche hingegen, die sogleich allgemein gefällt, ist sicherlich flach, und der Beifall vermindert sich, statt zu steigen. Das Kriterium einer guten Musik ist, wenn Musik-Liebhaber, Musiker und Kenner anfänglich über ein Urtheil verlegen scheinen. Weber hat im Freischützen sein großes, längst anerkanntes Talent im größten Glanze gezeigt, und Alles, was Erfindunggabe schöner, ansprechender Melodien, ächt-deutsche Behandlung der Harmonie, vortreffliche Instrumentirung und große Kenntniß des dramatischen Effekts – eine Hauptsache bei der Oper – zu Tage fördern, mit Glück angewandt. Vor Allen aber ist die herrliche Characterisirung, die sich so selten bei den neuesten Componisten findet, zu loben. Gleichweit entfernt von dem schwülstigen Prunke eines Spontini und von der süßlichen Leere eines Rossini hat Weber – mit Einem Worte gesagt – ein Meisterstück zusammen gewebt und sich von neuem als einen der größten lyrischen Tonkünstler bewährt. Die Ouverture beginnt idillenartig; wir wähnen in einem Walde zu seyn, so wir beim Sinken des Taggestirns, aus frommen Waldhornklängen und dumpfen Schüssen (Pauke) auf die Nähe eines Jägerhauses schließen, ohne bedeutenderes zu ahnen. Bald aber folgt ein leidenschaftlicher Satz, in welchem Stellen aus den vorzüglichsten Musikstücken der Oper und die Motive der Hauptpersonen: Rachsucht, Verzweiflung und Vertrauen auf Gott zu einem wunderbaren Ganzen verknüpft sind, aus dem der Hölle Schrecken hervorblitzen. Die Ouverture ist ein so treffliches Instrumentalstück, daß sie bei jedesmaligem Anhören nur größere Bewunderung erregen muß.

|

Jetzt einige Wort über die Darstellung[.] Die erste Aufführung dieser Oper fand am 24. Februar statt, der gleich zwei Wiederholungen folgten. Unser wackrer la Roche, dem die Rolle des Caspar zu Theil geworden war, übertraf jede Erwartung in seiner schwierigen Singrolle und spielte sie auch als Meister, welches das aufmerksame Publikum mit dem lebhaftesten Beifalle anerkannte. Die ergreifende Baßarie zu Ende des ersten Akts, ingleichen das teuflische, durch den dazwischen tönenden gellenden Pfiff der Pickelflöte höchst originelle Trinklied, welches bei vortreflichen Gebehrdenspiel eben so originell vorgetragen wurde und jedesmal auf einstimmiges Verlangen wiederholt werden mußte, erwarben dem braven und vielseitigen Künstler rauschenden Beifall, und machten uns denselben nicht allein um vieles werther, sondern erzeugten auch von neuem bei uns den herzlichen Wunsch, daß er uns nie, nie entrissen werden möchte. – Madame Goßler führte die Parthie der Agathe ebenfalls zur allgemeinen Zufriedenheit durch. Obgleich das Sentimentale, das von dem Dichter in diese Parthie gelegt worden, eben nicht zu dem Rollenfache dieser verehrten Sängerin gehört, so lieferte sie doch durch richtige Auffassung und gelungene Durchführung der erwähnten Rolle dem Publiko den Beweiß, daß die wahre Künstlerin auch in für sie heterogene Parthieen durch sinniges Spiel Bedeutung zu legen, und dadurch um so größern Beifall zu erringen weiß. – Herr Goßler, der in der bewegten Oper den Erbförster Cuno gab, hatte nicht Gelegenheit, in dieser unbedeutenden Rolle sein ausgezeichnetes Gesangtalent von neuem zu bewähren. Eine sehr liebliche Erscheinung war Dem. Lanz als Aennchen; ihr durchdachtes, leichtes und munteres Spiel, ihre Sicherheit in der nicht leichten Gesang-Parthie, ihre reine, volle Bruststimme und vor Allem ihre angenehme und deutliche Aussprache fanden beifällige Anerkennung und erregten für die Zukunft die freudigsten Hoffnungen. Herr Huray der ältere, zeichnete sich als Max in der großen Tenorscene im 1sten Akte – gewiß eine der schönsten, die je geschrieben worden! – vortheilhaft aus, und sein reiner, schöner Tenor erregte allgemeines Vergnügen. Möchte dieser wackere Sänger nur noch in sein Spiel mehr Gewandheit bringen und manche Einseitigkeit der Bewegungen daraus entfernen; er würde dann nichts zu wünschen übrig lassen. Meisterhaft war seine Mitwirkung in dem Terzette zwischen ihm, Agathen und Aennchen am Schlusse des 2ten Akts. Von den übrigen Mitspielenden verdient noch Hr. Regisseur Ludewig als Samiel aufrichtiges Lob, der, im Besitze einer sehr glücklich gewählten und ungemein effektreichen Maske, durch die originelle und von gründlichem Studium zeugende Behandlung seiner, wenn gleich zu kleinen, Rolle bewieß, daß der ächte Künstler auch in Unbedeutendes Bedeutung hinein zu tragen weiß. Der muntere, neckende Chor der Landleute und Jäger beim Beginn und der ernste, allgemeine Chor beim Schlusse der Oper, die Jagdfanfare (originell und doch höchst populair) der wundersame Geister-Chor und die wilde Jagd, beide monoton und doch so ergreifend, das allerliebste einfache Lied der Brautjungfern (das auch hier schon zum Volksliede geworden), das liebliche Rondoletto (H Dur 6/8 Takt) im Finale, der imponirende Bauernmarsch beim Anfange und der böhmische Walzer (so anziehend, daß die Tänzer selbst nicht aufzuhören vermochten) – alle, diese in dieser Oper mit gleichem Glücke angewandten Formen der Singstücke wurden von den Sängern ¦ und Sängerinnen mit sichtbarlich großer Liebe ausgeführt und mit eben so großer Liebe aufgenommen. Unser braves Orchester hat durch fleißige und höchst gelungene Executirung aller Musikstücke, sich von neuem mit Ruhm bedeckt und eine schwere Aufgabe auf das erfreulichste gelößt. Nur wäre eine stärkere Besetzung der Violinen und Bäße für die Zukunft wünschenswerth. Hr. Huray d. jüngere, dem wir auch als einen trefflichen Schauspieler oft schon verdientes Lob gezollt haben, leitete mit vieler Einsicht und Routine das Orchester, und mit Recht gebührt ihm ein bedeutender Theil des Beifalls, der am Schlusse jeder Vorstellung dieser Oper einstimmig ertönte.

Der Director Huray, ein erfahrner und wakkerer Mann, hatte weder Kosten noch Mühe gespart, um das Ganze und namentlich die Scenerei eines so trefflichen Werkes würdig auf das glänzendste auszustatten. Da das hiesige Theater eine Panoramabühne ist, so mußte das Stück in vier Akte getheilt und der Wolfsschlucht-Scene eine besondere Abtheilung gewidmet werden. Aber der Effect derselben war so groß, daß, als schon der Vorhang diese Scene deckte, die früher geherrschte Todtenstille noch eine Zeitlang fortdauerte, Beweises genug, daß der Eindruck, den diese scenische Anordnung hervorbringen sollte, nicht ohne Wirkung geblieben war. Eine tiefe Stille ist wohl auch in der Regel das größte Lob, das einem Künstler überhaupt von dem Publiko gespendet werden kann, so wie Schiller sich nur dann eigentlich belohnt fühlte, wenn bei der Darstellung seiner Tragödien unter den Zuschauern die größte Stille herrschte. Gewiß hätte der würdige Director verdient, beim Schlusse jeder Vorstellung gerufen zu werden, aber wenn ihm auch gleich diese sogenannte Auszeichnung nicht zu Theil geworden, so hat ihm doch jeder Kunstfreund gewiß von Herzen im Stillen dafür gedankt, daß er ein so geniales Meisterwerk, wie der Freischütz ist, auch auf der hiesigen Bühne in die Scene gesetzt und durch Decorationen und Garderobe auf das reichlichste ausgestattet und durch die gelungenen Leistungen der bessern Mitglieder seiner Gesellschaft wiederholentlich den Beweis an den Tag gelegt hat, daß es ihm um die Kunst wirklich Ernst ist und sein eifriges Bestreben nur dahin geht, dem hiesigen Publico recht oft genußreiche Stunden zu bereiten.

[…] |

_._

Apparat

Zusammenfassung

ausführliche Werk- und Aufführungsbesprechung von Webers „Der Freischütz“ in Königsberg

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Kühnau, Dana

Überlieferung

  • Textzeuge: Wegweiser im Gebiete der Künste und Wissenschaften (Beilage zur Abend-Zeitung), Jg. 6, Nr. 38 (11. Mai 1822), S. 149–151

    Einzelstellenerläuterung

    • sierecte „Sie“.
    • Frenndrecte „Freund“.
    • „… tausend Thaler reinen Gewinn gewährt“Bis Ende April war der Freischütz bereits zehnmal in Königsberg gegeben worden: nach der Premiere am 24. Februar folgten Wiederholungen am 25. und 26. Februar sowie 3., 4., 15., 18., 24., 27. und 31. März 1822; vgl. C. Hiller, Theater-Almanach der Königl. Haupt- und Residenz Stadt Königsberg vom Jahr 1822, Königsberg 1823, S. 66–68.
    • „… dieser Oper zu seinem Benefiz“Vgl. dazu die Benefiz-Anzeige des Ehepaars Goßler.
    • trfflichenrecte „trefflichen“.
    • Volssagerecte „Volkssage“.
    • Stertnenhimmelsrecte „Sternenhimmel“.
    • Cavatinrrecte „Cavatine“.
    • midemrecte „mit dem“.
    • „… Besitz Deutschland stolz seyn kann“Das erste in Königsberg aufgeführte Bühnenwerk Webers war die Silvana, die am 29. März 1821 ihre dortige Erstaufführung erlebt hatte.
    • wakkererrecte „wackerer“.

      XML

      Wenn Ihnen auf dieser Seite ein Fehler oder eine Ungenauigkeit aufgefallen ist,
      so bitten wir um eine kurze Nachricht an bugs [@] weber-gesamtausgabe.de.