Bericht über die Musikalische Akademie im polytechnischen Institut zu Prag

Zurück

Zeige Markierungen im Text

Miszelle.

Musikalische Akademie im polytechnischen Institut zu Prag.

Ueber dieß erfreuliche musikalische Dankfest haben wir von einem gelehrten Kunstkenner folgende Notiz erhalten:

Den 12. d. gaben die Hörer der technischen Wissenschaften an dem hiesigen k. ständischen Institute der Technik öffentlich einen Beweis von Dankbarkeit, der eben so rühmlich für ihre wissenschaftliche Bildung, als für die ausgezeichneten Verdienste derjenigen zeugt, denen er gezollt wurde. Sie veranstalteten nämlich mit dem Schlusse des gegenwärtigen Studienjahrs zu Ehren der k. b. Hrn. Hrn. Stände, als der eigentlichen Gründer und väterlichen Erhalter dieses in den k. Erblanden in seiner Art ersten Instituts, des Herrn Franz Ritter von Gerstner, als hochverdienten Direktors der Lehranstalt, so wie sämmtlicher, Hrn. Hrn. Professoren an solcher, im Konviktsaale Nachmittags um 4 Uhr eine musikalische Akademie, von der man mit Fug und Recht rühmen darf, sie habe das Würdige auf eine würdige Art gefeyert. Gleich beim Eintritte in den prachtvoll erleuchten Saal zeigte sich dem Blicke an dem gewöhnlichen, dießmal verschallten Musikchore ein von dem geschickten Künstler, Herrn Aust gearbeitetes großes symbolisches Transparent, welches den Chor seiner ganzen Breite nach verdeckte, und bis an die Wölbung des Saales reichte. Inmitten dieses Transparents, welches hier eine Tempelhalle vorstellte, sah man auf einem Piedestal, das mit Lorbeeren umwundene Bildniß des Herrn Direktors Franz von Gerstner, der zugleich k. k. Professor der höhern Mathematik und Atronomie, dann Mechanik und Hydraulik ist – eine gelungene Kopie des schon viel früher von Hrn. Direktor Bergler für den Rathsaal zu Komotau als dem Geburtsorte des Hrn. Ritters verfertigten und meisterhaft gearbeiteten Portraits dieses vielfach verdienten Mannes. Zunächst die Muse Urania, die das Bildniß mit einem Sternenkranze bekrönte; auf dem Fußgestelle als Aufschrift Horazens Vers: Viro laude digno musa vetat mori. Ringsumher in Gruppen, rechts die Mechanik und Baukunst, links die Hydraulik, Geometrie und Chemie, als repräsentirende Gestaltungen der an dem Institute vorkommenden Lehrgegenstände. – Das Orchester, mehr als doppelt so stark besetzt als gewöhnlich, bestand aus 62 der geschicktesten Musiker, die ihren alten Ruhm durch präcise Exequirung der trefflich gewählten Tonstücke aufs neue rechtfertigten. Die Akademie selbst eröffnete unter der Direkzion des rühmlichst bekannten und allgemein geschätzten Virtuosen Hrn. Clement die prachtvolle Ouvertüre aus Cherubini’s Oper: Anakreon, eine Composition voll Geist und Kraft, die hier mit größter Genauigkeit vorgetragen, sich wie ein lebendiger Strom von Harmonien ergoß. Hierauf folgte ein großes Bethoven’sches Violinkonzert, ein wahres Meisterstück in seiner Art, gespielt von Hrn. Clement, der im Vortrage dieser eigens für ihn gesetzten Tondichtung auf neue alle seine Stärke und Gewandtheit entfaltete, und gewiß Jedermann den Wunsch ablockte, ihn für immer als den unsern betrachten zu können. An das Conzert schloß sich eine Szene und sogenannte Preghiera von Zingarelli, gesungen von Madam Grünbaum, geb. Müller, die das anwesende Publikum zweyfach verband, da sie, kaum erhohlt von einer Krankheit, uns hier zum erstenmal wieder den Zauber ihrer Silberstimme bewundern ließ. Dieser Szene folgte ein Pianoforte-Konzert komponirt und gespielt von Hrn. Würfel, einem jungen hoffnungsvollen vaterländischen Künstler, der sich durch Composition und Spiel als einen würdigen Schüler unsers, dem In- und Auslande längst schon rühmlichst bekannten Tomaschek bewährte. Besonders glücklich darf das Rondeau genannt werden, in welchem eine reiche und schöne Mannigfaltigkeit von Gedanken zu wahrhaft ästhetischer Einheit verbunden erschien. Statt der angekündigten, hier noch unbekannten Arie von dem unsterblichen Mozart ward eine andere von Righini gewählt, weil man bey der Probe einen etwas zu ernsten Charakter an jener finden wollte. Letztere war von brillanter Art, und ward von unserm wackern Siebert, der mit jedem Tage neuerlich beweist, wie sehr es ihm Ernst um die Kunst sey, sehr brav vorgetragen. Den Beschluß machte Bethoven’s Ouvertüre zu Collins Trauerspiele: Coriolan, eine originelle, sehr charakteristische Komposition voll Kraft und Feuer, obwohl nicht frey von gewissen Sonderbarkeiten, welche dieser sonst so große Tonsetzer, zumal in seinen spätern Werken, anzubrigen liebt.

So glänzend nun dieses Fest an sich war, so glänzend war auch die Versammlung der Anwesenden. Sie bestand größtentheils aus den k. k. Hrn. Hrn. Ständen, Regierungs- Appelations- Land- und Stadträthen, Professoren, Doctoren und andern angesehenen Personen. Um den Raum nicht zu verengen, und nicht etwa gegen den Zweck dieser Feyerlichkeit durch zu starkes Gedränge Vergnügen in Mißvergnügen zu verwandeln, wurden nur 800 Billets – sämmtlich unentgeldlich – vertheilt, ungeachtet der Saal wohl an 1200 Personen zu fassen vermag. Selbst die Eintritts- Karte, gezeichnet von dem allgemein verehrten Hrn. Direktor Bergler, und gestochen von Herrn G. Döbler verdient als Kunstwerk alles Lob. Wie sehr sie gefallen habe, beweist der Umstand, daß nun nach Vertheilung der 800 Exemplare noch einen bedeutende Anzahl derselben abgezogen wird, um auch die Wünsche derjenigen zu befriedigen, die sie bisher noch nicht besitzen.

Wirft man auf das Gesagte auch nur einen flüchtigen Blick, überschlägt man auch nur im Vorbeigehen die Auslagen für eine der Feyerlichkeit entsprechende Dekoration des Saals, für die würdige Honorirung der Künstler, die an diesem Feste thätigen Antheil nahmen u.s.w., so muß es wirklich auffallen, daß eine Zahl von etwa 160 Hörern diese Kosten zu tragen, und eine so außerordentliche Summe zusammenzuschießen vermochte, daß sie dadurch sich dem ungeachtet nicht abhalten ließen, ihr Dankgefühl auf eine so würdige Art öffentlich auszusprechen, muß das Verdienstliche ihres Unternehmens in den Augen jedes Unbefangenen erhöhen.

Apparat

Generalvermerk

bei Bužga Weber zugeschrieben

Entstehung

Überlieferung

  • Textzeuge: Kaiserlich Königlich privilegirte Prager Zeitung, Jg. 2, Nr. 230 (18. August 1815), S. 941

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Jaroslav Bužga, Vergessene Aufsätze, Berichte und Mitteilungen aus Carl Maria von Webers Prager Wirkungszeit (1813–1816), S. 113–115

Textkonstitution

  • „erleuchten“sic!
  • „Bethoven“sic!
  • „Bethoven“sic!

      XML

      Wenn Ihnen auf dieser Seite ein Fehler oder eine Ungenauigkeit aufgefallen ist,
      so bitten wir um eine kurze Nachricht an bugs [@] weber-gesamtausgabe.de.