Marianne Spohr an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Kassel, Mittwoch, 17. Mai 1865

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Sr. Wohlgeb

Herrn Jähns

Kön. Preuß. Musikdirektor.

Krausenstr: N. 62.

Berlin.

Hochgeehrter Herr!

Bin ich auch leider nicht im Stande, Ihnen noch Irgend etwas Neues oder Bemerkenswerthes in der bewußten Sache* mitzutheilen, so mag ich doch nicht die Unart begehen, Ihr freundliches Schreiben unbeantwortet zu lassen, und beeile mich deshalb nur noch Einiges darauf bezügliche zu erwähnen. Da meine Verheirathung mit Spohr erst 1836 erfolgt ist, so lag damals schon die Stammbuchangelegenheit in ziemlich ferner Vergangenheit, und habe ich begreiflicher Weise nur zufällige Aeußerungen von ihm (dessen geringste Bemerkungen mir freilich stets lieb und kostbar waren) darüber gehört, wenn er dann und wann einmal mit der Familie oder mit Freunden seine zahllosen derartigen Schätze durchging. Deshalb aber erlaubte mir meine strenge Ge|wissenhaftigkeit nicht, meine Meinung über das Stammbuchsblatt mit größerer Bestimmtheit als ich es bereits in wenigen Worten gethan, auszusprechen. Uebrigens lege ich die Zuschrift Carl Maria’s mit der bezeichnenden Klammer ganz so aus, wie Sie es gethan, und scheint darüber kein Zweifel obzuwalten. Was Sie nun weiter beunruhigt, das scheinbare Usurpiren des Räthselcanons durch einen „Ehrenmann“ wie Gottfried W., so läßt sich dafür wohl auch Entschuldigung oder Erklärung finden, da er seinen Namen nicht als Componist darunter gesetzt hat, und man ja in Stammbüchern und Albums fast immer beliebig abgeschriebene Notenstellen oder Verse findet. Höchstens könnte man denken, er habe absichtlich die etwaigen Leser im Zweifel lassen wollen? Und durch diesen freilich sehr nahe liegenden Irrthum könnte dann auch der Canon im „musikal. Hausfreund“ als Gottfrieds | Werk genannt sein?*Wann Carl Maria die Zeilen darunter geschrieben hat, dürfte nun leider für mich wohl unmöglich sein, zu ergründen! Am Wahrscheinlichsten ist es im Nov. 1819 als er selbst sein Blatt hineinschrieb, geschehen, vielleicht aber auch um 1821, wo sie längere Zeit zusammen in Dresden lebten, und sehr befreundet waren, wovon mir Spohr sehr oft erzählt hat. — Daß aus 2 voluminösen Stammbüchern Spohrs nur eine kleine Anzahl Blätter zum Abdruck bei der Biographie* benutzt werden konnten, ist wohl begreiflich; die Auswahl hat der Verleger Wigand*, ein naher Verwandter Spohrs* besorgt, und bin ich dafür nicht verantwortlich.

Bedauernd keine genügendere Auskunft geben zu können, empfiehlt sich ergebenstMarianne Spohr
geb. Pfeiffer.

Apparat

Zusammenfassung

es geht um den Eintrag des Spiegelcanons in Spohrs Stammbuch durch C. M. v. Weber; sie kann nicht sagen, wann es war, mutmaßt 1819 oder 1821

Incipit

Bin ich auch leider nicht im Stande

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler; Eveline Bartlitz

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. IX, Kasten 2, Nr. 1 (Nr. 4 zu JV 90)

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (3 b. S. u. Umschlag)
    • mit Bleistiftnotizen von F. W. Jähns

    Einzelstellenerläuterung

    • „… Bemerkenswerthes in der bewußten Sache“Jähns hatte bezüglich der Autorschaft des in das Stammbuch von Louis Spohr eingetragenen Kanons angefragt.
    • „… als Gottfrieds Werk genannt sein?“Vgl. dazu den Kommentar zum Brief Antonie Webers vom 6. April 1865.
    • „… zum Abdruck bei der Biographie“Erstausgabe der Selbstbiographie in 2 Bd. 1860/61.
    • „… Auswahl hat der Verleger Wigand“Georg Heinrich Wigand (1823–1893), Göttingen.
    • „… , ein naher Verwandter Spohrs“Wigand war mit Spohrs Enkelin Natalie Dorothea Zahn (1829–1880) verheiratet.

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