Webers Sommerdomizile im sogenannten Coselschen Garten (1820 und 1825)

Die im Spätsommer 1820 beabsichtigte längere Reise Webers mit seiner Frau nach Norddeutschland und Kopenhagen mag ein Grund gewesen sein, nicht in das übliche Sommerquartier in HosterwitzT hinauszuziehen, sondern mehr in Stadtnähe zu bleiben: in einem nahe dem damaligen Linkeschen Bad, am entgegengesetzten Prießnitz-Ufer gelegenen Garten1, der nach seinen wechselnden Vorbesitzern Coselscher bzw. Bünauischer Garten genannt wurde und sich „durch reizende Aussicht und angenehme Anlagen“ auszeichnete2. Bereits am 2. Januar 1820 nahmen die Webers eine erste mögliche Sommerwohnung in Augenschein, weitere Objekte wurden am 6. April besichtigt; die endgültige Entscheidung für das Landhaus3 im Coselschen Garten könnte am 10. April bei einem Spaziergang „in den Garten“ gefallen sein; jedenfalls erfolgte am 13. April der Umzug dorthin mit Möbeln und Klavier. Ob die Webers hier bis zur Abreise aus Dresden am 25. Juli 1820 dauerhaft wohnten oder anfangs noch zwischen Stadt- und Gartenwohnung pendelten, ist unklar, da Weber erst am 16. Mai notierte, das Quartier sei nun (offenbar nach Tapezierarbeiten) „ganz geordnet“. Somit bleibt ungewiss, ob Weber die abschließenden Arbeiten am Freischütz (bis 13. Mai) im Gartenquartier vornahm; als sicher kann gelten, dass er dort das Lied Der Sänger und der Maler und die Schauspielmusik zu Preciosa komponierte und die Arbeit an der unvollendet gebliebenen Oper Die drei Pintos aufnahm.

Das 1820 von Weber gemietete Landhaus wurde 1824 abgerissen und wohl noch im selben Jahr, teilweise unter Benutzung des alten Baumaterials, durch das sogenannte „Pavillonhaus“ ersetzt, für das der Baumeister Woldemar Hermann (1807–1878) einen leicht veränderten Standort wählte4. Für diesen Neubau, den Weber möglicherweise am 14. März 1825 besichtigt hatte, schloss er am 18. März d. J. einen Mietvertrag mit dem Berliner Kaufmann Carl Wilhelm Lietzmann5 ab; laut diesem Vertrag umfasste das Quartier zwei Zimmer, zwei Kammern, Küche und Keller sowie einen Stall für die PferdeT und eine Remise für den Wagen6T. Der Umzug der Familie in das Gartenquartier erfolgte am 28. April, der Rückzug in die Stadtwohnung am 30. September 1825. Zwischenzeitlich reiste Weber zur Kur nach Ems (Juli/August). Im Sommerdomizil arbeitete Weber u. a. an seinen Bearbeitungen der Schottischen Lieder sowie am I. Akt des Oberon.

Der Garten wurde spätestens 1826 an de Villers verkauft, der von Woldemar Hermann zwei Villen errichten ließ: die Schwanenvilla (1826) und die Kuppelvilla (1827, auch „Wasserpalais auf Cosel“). Unter de Villers begann zudem die Aufteilung des bis dahin in seiner ursprünglichen Größe erhaltenen Gartenareals; er verkaufte 1838 den südwestlichen Grundstücks-Teil an den Bankier Martin Wilhelm Oppenheim (bis 1826 Mendel Wolff Oppenheim), der Gottfried Semper mit dem Bau der Villa Rosa (1839) beauftragte, die das ehemalige Coselsche Landhaus (die sogenannte „Coselsche Villa“) ersetzte7. Der nördliche Mittelteil des Gartens mit der Schwanenvilla ging über de Villers’ Tochter an die Leipziger Buchhändlerfamilie Dürr. Den östlichen Gartenteil mit der Kuppelvilla und dem Weber-„Pavillon“ erwarb später der Fabrikant und Autographensammler G. A. Heinrich, der in dem 1825 von Weber bewohnten Häuschen ein kleines Museum einrichtete. Der Fabrikant Clemens Müller8, der das östliche Gartenteilstück um den Jahreswechsel 1873/74 übernahm9, verpflichtete sich, die Gedenkstätte weiterzuführen, und ließ das Weber-Häuschen durch einen Anbau erweitern. Das weitere Schicksal des kleinen Museums und seiner Bestände (u. a. Weber-Autographen) ist ungewiss; das Gebäude wurde (wie auch die o. g. Villen) in der Bombennacht des 13. Februar 1945 zerstört und die Ruine später abgerissen10.

Einzelnachweise

  1. 1Grundstücksbezeichnung ab ca. 1823: Neuer Ausbau, Altbautzener Straße 146, später: Dresden-Antonstadt, Holzhofgasse (Straßenbezeichnung seit 1839), Haus-Nr. 11 (um 1850) bzw. 16 (um 1870), 12 (bis 1945), ab 1970 zum Grundstück Holzhofgasse 10a gehörig.
  2. 2Vgl. Neues Gemählde von Dresden in Hinsicht auf Geschichte, Oertlichkeit, Kultur, Kunst und Gewerbe, Dresden 1817, S. 119.
  3. 3Eine Zeichnung von J. E. Assmann (Stadtmuseum Dresden) soll dieses Haus zeigen; vgl. die Abbildungen u. a. bei Hans Schnoor, Weber auf dem Welttheater. Ein Freischützbuch, Dresden 1942, S. 104 sowie Adelheid von Lüder-Zschiesche, Carl-Maria-von-Weber-Museum in Dresden-Hosterwitz, Berlin 2001, S. 30.
  4. 4Vgl. Heinz Hoppe, Carl Maria von Webers Sommerwohnung an der Holzhofgasse in Dresden-Neustadt, in: Sächsische Heimatblätter, Jg. 30, Heft 121 (1984), S. 23–26, speziell S. 26. Von diesem Haus sind historische Fotografien überliefert, u. a. eine mit einer Widmung von Max Maria von Weber an Friedrich Wilhelm Jähns vom 15. Oktober 1868 (D-B, Weberiana Cl. VIII, H. 2, Nr. 25). Eine ähnliche Ansicht (allerdings mit Anbau sowie einer Vase anstelle einer Weber-Büste im Gartenrondell) zeigt ein anderes Foto, das u. a. von Kleefeld publiziert wurde; vgl. Wilhelm Kleefeld, Carl Maria von Weber, Bielefeld, Leipzig 1926, S. 70. Das wohl jüngste Foto des Hauses (mit veränderter Dachform: hier sind ein Dachaufsatz und ein Schornstein entfernt sowie das Dachfenster versetzt) findet sich bei Karl Laux, Carl Maria von Weber, Leipzig 1978, S. 70 (Nr. 71).
  5. 5Im Dresdner Adressbuch von 1824 (S. 148) ist noch der Berliner Fabrikant C. F. Lietzmann als Besitzer des Grundstücks angegeben; Adressenangabe: „NA. [= Neuer Ausbau] alte Bud. Str. 146“.
  6. 6Vgl. Heinz Hoppe, Carl Maria von Webers Sommerwohnung an der Holzhofgasse in Dresden-Neustadt, in: Sächsische Heimatblätter, Jg. 30, Heft 121 (1984), S. 23–26, speziell S. 26.
  7. 7Zu den Bauten vgl. Volker Helas, Architektur in Dresden 1800–1900, Braunschweig 1985, S. 17, 28f., 146f., 196.
  8. 8Jähns nennt den Maschinen-Fabrik-Besitzer Carl Müller; vgl. Friedrich Wilhelm Jähns, Nachträge zum Weber-Werkverzeichnis, in: Weberiana, Heft 8 (1999), S. 57 und 69. Tatsächlich handelte es sich jedoch um den Nähmaschinen-Fabrikanten Clemens Müller (1828–1902).
  9. 9Vgl. Heinrichs Briefe an Jähns vom 20. November 1873 und 5. März 1874.
  10. 10Ausführlich zu den Dresdner Weber-Gedenkstätten vgl. Eveline Bartlitz, Sonne, Blumen, Elbluft – Chronologie der Dresdner Weber-Gedenkstätten und Planungen zu einem Weber-Heim von 1950, in: Weberiana, Heft 21 (2011), S. 222–228, speziell S. 223.

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