Caroline von Weber an Carl Maria von Weber in Paris
Dresden, Freitag, 17. Februar 1826 (Nr. 1)

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a Monsieur

Charles Maria de Weber

p: Adresse Maurice Schlesinger

Marchand de Musique du Roi

Rue de Richelieu No 97.

a

Paris

erhalten Paris d: 26t Februar 1826.
beantw:------- 27 ------------------
durch No. 6.

Mein geliebter Theurer Carl!

Ich will nur gleich damit anfangen mich selbst zu loben noch ehe ich mich für Dein liebes Briefchen von Leipzig bedanke*, was ich schon heut um 7 Uhr erhielt. Gewiß mein guter Mann, Du kanst mir glauben, ich bin recht brav. und auch recht wohl! nicht einmal starke Kopfschmerzen habe ich vom Weinen bekomen, das Pulfer von Wolf hat doch recht gut gethan. Die Nacht konnte ich freilich nicht viel schlafen, aber das konnte wohl nicht anderst sein. Gott sey gelobt, daß Du Dich auch wohl fühlst, ich fürchtete immer den dumen Wind; aber nach Deiner Versicherung habt ihr nichts davon gespürt. Wenn Du Dich beim Aussteigen nur recht in Acht nimst, daß Du Dich ja nicht erkältest. Besuch, und Tröster habe ich gestern nur gar zu viel gehabt, auch heute komen Kellers und Remi. Die Partitur und den Klavierauszug habe ich heute fort geschikt* und mir vom Schlesinger einen Empfang-Schein ausgebeten.      Unsere Kinder sind gottlob! recht wohl, und Max spricht immer von Dir. Wenn ich einmal ein bißel Traurig bin dann sagt er: Mutter sey lustig! Du hast ja mich! und der Vater kömt bald wieder. Ich fühle wohl daß ich es Dir und den Kindern schuldig bin mich recht zusamen zu nehmen, denn würde ich krank so wäre es für Euch doch sehr ängstlich. Aber ich habe eine Hartmans Natur*, ich halte immer den Kopf über den Waßer. Wenn Du diesen Brief erhälst bist Du schon weit weit von uns entfernt — Gott gebe daß Du ihn gesund erhälst. Das Schlimste hast Du dann schon überstanden, von der Reise nehmlich, denn die Arbeit, und die Gemüths Unruh geht erst dann recht an. ach, wenn Du Dich da nur recht schonst!! Den herzlichsten Antheil nimt die ganze Stadt an Dir, mir ganz unbekante Menschen haben mich heut auf der Straße angeredet, und mir ihre Theilnahme bezeugt.

Um mich zu zerstreuen habe ich mich in die Arbeit bis über die Ohren vergraben, und das ist das beste Mittel die trüben Gedanken zu verscheuchen. Nur in Deine Stube darf ich noch nicht gehen, denn da überfällt mich eine unentliche Sehnsucht und Traurichkeit —. Das der gute Fürstenau recht für Dich sorgen würde war ich überzeucht und danke ihm 10 000 mal dafür[.] Den Brief habe ich gleich seiner Frau geschikt die eine | auserordentliche Freude darüber hatte. Mutter und Kind sind wohl. Die arme Dewrient aber hat auf’s neue einen Blutsturz gehabt und ist sehr krank*. was wäre das doch für ein Unglük wenn die Frau stürbe.      Neues ist in dem Tag nichts pasiert. Ich will aber doch diesen Brief lieber morgen schon auf die Post schiken, damit Du ihn sicher erhälst, weil die Sontagspost Unwege macht, und villeicht der Brief zu spät ankäme: So wenig er auch enthält, so ist es doch gewiß für Dich auch ein Trost nur ein Lebens Zeichen von uns zu bekomen. Sey nur ja um uns ganz unbekümert. ich schwöre Dir, daß ich brav bin, und fest auf den lieben Gott vertraue, der Dich stärken und erhalten wird.

Laß Dir nun aber einmal erzählen waß die Mukin für Zeuch gemacht hat. Du wirst darüber lachen, aber mir war’s nicht lächerlich wie ichs that. Dein Hemd, Halstuch, Socken pp was Du den Morgen auszogst, konnte ich mich nicht entschließen in die Wäsche zu geben, sondern ich habe es zusamen gepakt und in mein Bett gestekt. Gestern Nacht habe ich imer mit dem Kopf darauf gelegen, und, natürlich, auch imer an Dich gedacht. Auch Deine Taße habe ich in Verwahrung genomen, damit niemant anders sie entweiht. Wie theuer ist einen doch alles von einer geliebten Person! Glaubst Du wohl daß ich mich entschließen könnte Dein Bett aus der Stube schaffen zu laßen? ich würde mir ein unerträgliches Gefühl damit bereithen.      Dein liebes Bild wird morgen früh aufgemacht* und darauf freue ich mich wie ein Kind. Dem kann ich doch wieder herzlich guten Morgen und gute Nacht sagen, das andere ist mir immer fremd geblieben*.      Für heute weiß ich auch meinen geliebten Carl nichts weiter zu sagen, als das die alte Mukin ihn unentlich lieb hat, und daß es ihr heißestes Geb[e]t zu Gott ist, daß er Dich gesund und froh | uns wieder schenken möge.

Laß mich Dich auch noch einmal an Dein Versprechen erinnern ja nicht bey Stürmischen Wetter über zu fahren. Gott segne Dich mein Theurer innigst geliebter Mann. mögtest Du so viel Freude in England erleben als es Deine Lina wünscht. Tausend Küße von mir und den Kindern. + + +.

Alle Freunde grüßen herzlich.
Nicht wahr Alter, die Frau hatte doch einmal Recht wie sie Dich so um einen zugemachten Wagen quelte?T –.

Editorial

Summary

sorgt sich um seine Gesundheit; hat den Klavierauszug Oberon an Schlesinger geschickt und um Empfangsschein gebeten; über die Familie und Dresdner Bekannte; hat Fürstenaus Brief an die Frau weitergegeben; Privates

Incipit

Ich will nur gleich damit anfangen

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Mus. ep. Caroline von Weber 1

    Physical Description

    • 1 DBl. (4 b. S. einschl. Adr.)
    • mit Empfangs u. Beantwortungsvermerk Webers
    • PSt.: a) DRESDEN | 18. Feb. 26 b) Rundstempel: Février | 26 | 1826
    • Tränenspuren

Thematic Commentaries

    Commentary

    • “Dein liebes Briefchen von Leipzig bedanke”Weber befand sich auf der Reise nach London um dort seine Oper Oberon aufzuführen; am 16. Februar früh von Dresden abgereist, war er abends in Leipzig eingetroffen; vgl. Briefvermerk im Tagebuch.
    • “Die Partitur und … heute fort geschikt”Bezieht sich auf die bis vor Webers Abreise vollendeten Nummern des Oberon (I. und II. Akt ohne Preghiera).
    • “Hartmans Natur”Verweis auf die mütterliche Linie, Carolines Mutter war eine geb. Hartmann.
    • “… gehabt und ist sehr krank”Zu den gesundheitlichen Problemen der Sängerin nach der Geburt der Tochter Sophie vgl. den Kommentar zum Brief von W. A. A. von Lüttichau an C. M. von Weber vom 12. Mai 1826.
    • “… Bild wird morgen früh aufgemacht”Caroline von Weber ließ während Webers Abwesenheit das Weber-Porträt von Schimon, das laut Tagebuch am 15. Januar 1826 in Dresden eingetroffen und offenbar bald darauf gerahmt worden war (vgl. die Tagebuchnotiz vom 13. Februar), in ihr Zimmer hängen; vgl. ihren nächsten Brief vom 21. Februar 1826. Später nahm sie es auch in die Sommerfrische nach Hosterwitz mit.
    • “… ist mir immer fremd geblieben”Die Familie von Weber bevorzugte das von Schimon gemalte Porträt gegenüber dem 1821 entstandenen Gemälde von Caroline Bardua; vgl. MMW II, S. 603.

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