Carl Maria von Weber an Caroline von Weber in Dresden
Ems, Dienstag, 19. und Mittwoch, 20. Juli 1825 (Folge 1, Nr. 8)

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An die Hochwohlgebohrne

Freyfrau, Carolina von Weber.

in Kosels GartenT

zu

Dresden.

Nun, meine geliebte Mukkin ist mein einförmiges Leben geordnet, und ich bin so beschäftigt daß ich wahrlich nicht einmal zum Schreiben komme. dazu trägt noch die entsezliche aber gewiß wohlthärige Hizze bei, wo man nur so ganz still im Schatten sizt, und doch in Schweiß gebadet ist.      Wenn ihr auch so herrliches Wetter habt wie ich seit 10 Tagen so werdet ihr recht den Garten genießen. Der Himmel erhalte es nur so.      Ich habe hier schon um 7000 Bekannte mehr als, mir lieb ist; und ich mag flüchten wohin ich will so sucht man mich auf.      Da nun aber auch recht geistvolle und liebe Leute darunter sind, so habe ich wirklich einen recht angenehmen Aufenthalt, und amüsire mich so gut, als es mir nur immer in einem Bade möglich ist. Heut habe ich nun schon 5 Becher getrunken.

d: 20t      So weit war ich Gestern als ich gestört wurde und nicht wieder zum Schreiben kam. Mein Tagewerk ist nun folgendes. um 5 Uhr auf und 7 Becher getrunken, darüber komt 8 Uhr heran. Dann eine Stunde spaziert, und in Gesellschaft gefrühstükt im Garten oder der Allee, wo ich meistens eingeladen bin. Das schmekt gut. Dabei wird es 10 Uhr und man schlendert ganz langsam nach Hause. um 11 Uhr ins Bad; dann die 2t Toilette gemacht, und zu Tische in den Kursaal, da hokt man bis 3 Uhr, dann wird Kaffee im Freyen getrunken, und irgend eine Parthie wohin gemacht. um 6 oder 7 versammelt man sich wieder an der Quelle, um 1/2 9 ißt man ein Suppel und Complott, und geht hundemüde in Bett.      Hier hast Du mein Schlaraffenleben im allgemeinen, und nun noch zum speziellen.      d: 17t nachdem ich meine No: 7 abgeschikt hatte, war den ganzen Abend groß Halloh wegen der Ankunft des Kronprinzen von Preußen. ich fuhr um 6 Uhr spazieren um der Hottos willen, und sah dann die Geschichte mit an. Er kam erst nach 9 Uhr, auf dem höchsten Berge war ein ungeheurer Holzstoß entzündet was einen herrlichen Effekt machte, besonders wie sich das Feuer in der Lahn spiegelte, und die ganze Gegend magisch beleuchtete. auf einer anderen Seite an einem Berge ein 32 Fuß hohes E mit 1000 Lampen beleuchtet, und dazu noch des Mondes Sichel; Eine ganz warme Nacht, wo sich kein Lüftchen regte, und man sich eine kleine Idee von dem Vesuv machen konnte.      d: 18t 4 Becher, Kaffee bei Jasmunds. Mittag im Kurhause. Nachmittags und Abends immer auf die Kronprinzeßin gelauert, die endlich erschien.      Mein Fontanell wirkt gehörig, und gehört eben nicht zu den angenehmsten Dingen.      Eine Müzze habe ich mir auch gekauft eingedenk Deines Befehls.      Gestern d: 19t 5 Becher. Kaffee bei Oppenheimers aus Berlin, dann große Conferenz wegen einer Esels Parthie. Du mußt nehmlich wißen daß hier über 70 Esel sind, jeder hübsch gesattelt /: Damen und Herrn Sättel :/ und von einem Führer begleitet. auf diesen macht man nun alle die steilen Berg Parthien, die sonst unzugänglich wären. Du hast keine Idee wie romantisch eine so berittene Gesellschaft aussieht und was für komische Geschichten immer dabei paßieren. Z: B: Die Esel stehen unter einem Dache im Freyen. wie die erste Rakete stieg, die Anwesenheit des Kronpr: anzuzeigen, gingen die Bestien alle durch, und erhoben ein fürchterliches Geschrey, welches wie Hurrah klang, und worüber entsezlich gelacht wurde.

Eine solche Parthie hatten wir denn Gestern aufs Jägerhaus* gemacht. ich habe vortrefflich darauf geschlafen, und war heute Morgen munterer als gewöhnlich. Gestern nahm ich auch mein erstes Bad, welches ein sehr angenehmes Gefühl macht. Heute habe ich nur 6 Becher, dann dem Prinzen Friedrich Visite gemacht, und jezt gehe ich ins Bad. Der Husten hat schon wieder etwas nach gelaßen, und ich befinde mich wirklich recht wohl.      Möge ich daßelbe doch auch von Dir geliebtes Leben, und meinen Buben hören. Vergebens habe ich bis jezt auf ein Brieferl gehofft. der wird nun erst Morgen kommen. Heute Mittag eße ich bei Piatti.      Was hörst Du von Böttger? Besuche doch die Knobloch und den LiederkreißT, wenn es schönes Wetter ist. NB: Weißt Du daß Devrients in Berlin sind?* und Sie krank? — —

Nun lebe wohl, mein geliebtes Leben - ich drükke Dich innigst an mein Herz, und meine Buben dazu, grüßt alle Freunde herzlichst, und denkt gerne und heiter an Euren fernen und Euch doch immer nahen Vater Carl.

Editorial

Summary

Bericht vom Kuralltag; Feierlichkeiten zur Begrüßung des preußischen Kronprinzenpaars; Ausflug auf Eseln in die Umgebung

Incipit

Nun, meine geliebte Mukkin ist mein einförmiges

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Mus. ep. C. M. v. Weber 191

    Physical Description

    • 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
    • Siegelloch
    • PSt: EMBS. R.I.

    Provenance

    • Weber-Familiennachlass

    Corresponding sources

    • Joachim Veit, Eveline Bartlitz und Dagmar Beck (Hg.), “...die Hoffnung muß das Beste thun.” Die Emser Briefe Carl Maria von Webers an seine Frau, München 2003, S. 58f. (mit Faks.)

    Commentary

    • “… wir denn Gestern aufs Jägerhaus”Vgl. dazu den Kommentar zum Tagebucheintrag vom 19. Juli 1825.
    • “… daß Devrients in Berlin sind?”An den Königlichen Schauspielen in Berlin gastierten im Juli 1825 Doris Devrient (2. bis 27. Juli) und deren Mann Emil (2. bis 15. Juli) vom Leipziger Theater; Weber meint allerdings das in Dresden engagierte Ehepaar Devrient, das sich auf der Rückreise von Königsberg (dort Gastauftritte vom 25. Mai bis 2. Juli 1825) nach Dresden in Berlin aufhielt; vgl. dazu auch Webers Brief an seine Frau vom 23.[/24.] Juli 1825.

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