Kunstnachrichten aus Dresden vom 5. Mai 1817

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Heute am 5. Mai hörten wir für jetzt die letzte der Quartettakademien, welche uns diesen Winter wieder manchen schönen Genuß gewährten. Diese Quartetts, welche nun schon seit mehreren Jahren hier bestehen, sind jedem ächten Freunde der Tonkunst sehr werth, und dankbar muß man das rastlose Bestreben der Stifter derselben, der Hrn. Kammermusici Peschke, Dotzauer, Limberger und Schmiedel, sie immer interessant und gehaltvoll anzuordnen, erkennen. Die auserwählteste Musik von Haydn, Mozart, Bernhard und Andreas Romberg, Krommer &c. wird hier mit hoher Vollendung und meisterhaften Zusammenspiel vorgetragen. Kühnes Jugendfeuer, Sicherheit bei bewunderungswürdiger Raschheit, und eine jedes Jahr zunehmende Zartheit des Vortrags und Lebendigkeit des Ausdrucks zeichnen das Violinspiel des Hrn. Peschke aus, Hr. Dotzauer verbindet bei seinem meisterhaften Violoncellspiel die siegende Kraft, alle Schwierigkeiten leicht zu überwinden, mit pikanter Originalität, hohen Ernst und Energie mit munterer Laune; die zweite Violine und Viole werden zart und mit eben so bescheidner Mäßigung als pünktlicher Genauigkeit behandelt; wo die Theile so sind, muß sich wohl ein treffliches Ganze runden! Quartettmusik gewährt einen ganz eignen sinnigen Genuß, sie ist in der Tonkunst das, was die Gespräche eines kleinen Kreises der gebildeten Menschen sind, wo ein Gedankenfunke den andern entzündet, wo jeder gern zurücktritt, um des Freundes Wort zu hören und doch bald wieder mit rascher Wechselrede es beantwortet und ergänzt, wo bald hoher Ernst, bald inniges Gefühl, bald leichter witziger Scherz den Inhalt der engverflochtenen Rede bildet; hier ist kein phantastisches Fest, keine rauschende Sinnenlust, aber ein feinsinniges Symposion, ein freundlicher Verein, der nie betäubt und ermüdet, sondern von dem Geist und Gefühl immer bereichert an Ideen und sanft erheitert heimkehren. Vollstimmige Musik gleicht einem Gemälde in bunter Farbenpracht, Quartettmusik einer hochvollendeten Zeichnung, durch diese lernen wir jenes erst recht verstehen und genießen, in ihr belauschen wir mehr die feinsten Züge des Meisters, der sie schuf, und werden vertrauter mit seinem Geist. Bei den acht Quartettakademien, deren wir uns in diesen Winter erfreuten, gewährten auch oft andere ausgezeichnete Künstler durch ihre Theilnahme den Reiz der Abwechslung; so wurde uns das vorletzte Mal die Freude, der beiden Brüder, Kammermusici Haase, herrliches seelenvolles Waldhornspiel zu bewundern und das ernste Violoncell sich mit der südlich tändelnden Guitarre vereinigen zu hören, und heute schloß Hr. Peschke mit einer Fantasie mit Variations von fünf Instrumenten begleitet, von seiner eignen Composition, die einen ächt dichterischen Schwung hatte und originell, hinreißend und trefflich ausgeführt wurde. – Gewöhnlich sind diese Akademien im kleinen Saale des Hotel de Pologne, die heutige war im großen und gewann durch den freiern Raum noch am Schmelz der Töne. Möchten die wackern Künstler nicht ermüden, den kleinen, aber auserwählten und dankbaren Kreis ihrer Zuhörer so genußreiche und der ächten Kunst geweihte Abende zu bereiten!

Th.

Editorial

Summary

Kunstnachrichten aus Dresden (Über die Quartettakademien, u. a. am 5. Mai 1817)

Creation

vor 23. Mai 1817

Tradition

  • Text Source: Abend-Zeitung, Jg. 1, Nr. 123 (23. Mai 1817), f 2v

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