Aufführungsbesprechung der Oper Euryanthe von Carl Maria von Weber in Dresden am 31. März 1824

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Scizzen, theaterkritische.

LII

Euryanthe, große romant. Oper in 3 Akten, Text von H. v. Chezy, Musik von C. M. v. Weber, zum Erstenmal am 31. März, rep. d. 3. April.

Ach Gott! die Kunst ist lang, Und kurz ist unser Leben; Wie wird bei meinem kritischen Bestreben Doch oft um Kopf und Busen bang. Wie schwer sind nicht die Mittel zu erwerben, Durch die man zu den Quellen steigt! Und eh’ man nur den halben Weg erreicht, Muß wohl ein armer Teufel sterben! –*

Wenn ich so jezuweilen lese, welche Dichtungen und ¦ Kompositionen, welche Schauspieler und Sänger im Auslande Furore erregen, während sie in unserm Dresden spur- und klang-los vorüberziehn und – umgekehrt, so drängt sich mir denn doch unwillkührlich die Ueberzeugung auf, daß unser Publikum trotz seines etwas zahmen Kunstenthusiasmus an Geschmack und Kunstsinn wahrlich nicht das letzte sey und – die seiner würdige, begeisterte Aufnahme der Euryanthe, dieser durch Reinheit des Satzes und harmonischen Hochbau, durch poetische Auffassung und dramatische Wahrheit, durch rhythmisch-melodischen Zusammenhang und technische Vollkommenheit gleich ausgezeichneten Tonschöpfung bewies, daß: wenn ein gebildetes Residenzpublikum sich auch nicht auf den Kopf zu stellen pflegt, es darum doch nicht nothwendig darauf gefallen seyn muß und recht wohl warm werden kann, wenn eine Meisterhand den Wärmestoff nur frei zumachen versteht. Von der Gesundheit heimischer Sinneswerkzeuge und heimischen Verstandes aber, der sich im Gegensatze zur Excentricität der Leute an der Seine, äußrer, deklamatorisch-kritischer Schwarz-weißfärberei unzugänglich zu erhalten weiß, lieferte unlängst eins der gelesensten Pariser Blätter einen sprechenden Beleg durch sein pausbäckiges Beloben des Sign. Boccacini, dessen Prinz Osiris den Dresdner Zwerchfellen noch heute erinnerlich seyn dürfte. „Mr. Boccacini“ heißt es darin „chanteur ordinaire (?) de S. M. le roi de Saxe (Was reist jetzt nicht Alles auf diesen erhabenen Namen nach allen 32 Winden umher!) s’est fait entendre avec le plus grand succés; Ce chanteur posséde un tenor merveilleux (wirklich?) il parait d’ailleur’s excellent musicien (das will ich meinen!) etc.“ Was würden die guten Parisiens nach die|sem Maaßstabe wohl zu unserm eigentlichen italienischen Opernpersonal sagen – der „tumme Teutsch“ nicht zu gedenken, da, was der gute Ton am Donaugestade zu beachten verbietet, wohl schwerlich an der Seine Gnade finden möchte – wo würden sie die Worte zum Preise unsrer herrlichen Funk (ella viva !) und unsers Zezi finden! –

Doch manum de tabula! Ich glaube das Vorstehende spricht es klar genug aus, was es heißt von den zwar kunstsinnigen aber meist sich gleich bleibenden Dresdnern einen solchen peal of applause zu erringen, wie er heute gehört ward und es bedarf nichts mehr um den, unter siebenfacher Firma correspondirenden Berliner Notizenschreibern die Erfolglosigkeit ihres Abquälens zu Herabsetzung deutscher Genialität (einer der ihren, im Weimarschen Journal f. L. u. M.* spricht sogar vom „Katzenjammer“ der Weberfreunde) zu Gemüth zu führen, als dieser Thatsache, die lauter und eindringlicher als der Homerische Mars ihnen die Worte aus dem Freischütz zuzurufen scheint:

Cantor’s Sepperl trägt die Scheibe!Hat er Augen nun Musje?Was traf er denn? He? He? He? –

Was nun, wieder auf unsre Euryanthe zu kommen, den Text derselben betrifft, so sage man, was man will, – das Süjet ist und bleibt eins der Glücklichsten und reichhaltigsten für Operndichtungen das ich kenne und hätte auch nicht Shakespeare es – in seinem Cymbelin zu hohen Ehren gebracht, so würde doch die wunderliebliche, einfache histoire de Gerard de Nevers et de la belle et verteuse Euryant de Savoie, sa mie, jedem unbefangnen Leser davon Zeugniß geben und – nehmen wir die Unklarheit der leidigen Abänderungen aus, die sich die Dichterin in dem zarten Liebesgeheimnisse Euyryanthen’s und in der Beweisführung ihrer Untreue erlaubt hat und welche natürlich ein ganzes Aggregat andrer Inconsequenzen nothwendig herbeiführen mußten, – so kann man nicht anders als eingestehn, daß Frau von Chezy dem Komponisten ein herrliches, reichgeschmücktes zauberisches Gebild erschloß „wo der goldne Fluß seiner Harmonieen bald ruhig, klar, und des Himmels Bläue in seinen Fluthen wiederstrahlend dahin strömt; bald mit wachsender Macht, Felsenstücke mit sich fortreißend, in schäumenden Catarakten, aller Herrschaft scheinbar spottend, brausend dahin stürzt, bis er von dem drüber schwebenden Geiste des Meisters beschworen von neuem sich zum Spiegel ruhiger, ungetrübter Klarheit gestaltet[]. –

Aber auch nur der Genius eines Webers durfte in solchem Gebiete heimisch werden, der mit scharfem Blicke in die Tiefen des menschlichen Herzens, gründliche Kenntniß musikalisch- und poetisch-rhythmischer Wechselverhältnisse und der zahllosen Abstufungen in der Betonung eint, und die menschliche Stimme als eigentliche Sprache des Gefühls und unmittelbarstes Ergebniß des geistigen Lebens zu behandeln versteht. Kein Andrer hätte der un¦klaren Verwicklung der Handlung auf ihren dunkeln Irrgängen und nicht immer stark genug hervortretenden psychologischen Abschattungen, mit gleicher Meisterschaft an dem Ariadnefaden der ergreifendsten Recitative folgen gekonnt; Keiner hätte nachdem er eine, den Athemzügen der Natur abgelauschte Unendlichkeit von Thönen in diesen Recitativen niedergelegt, die Sprache der Liebe wie des Hasses, der Freude wie des Schmerzes noch in den Gesangstücken auf solche Weise zu steigern und sinnig zu paraphrasieren vermocht; Keiner, ihnen solche, mit harmonisch-melodischem Reiz ausgestattete, von den Pulsen geistvoller Rhythmen belebte Chöre hinzuzufügen gewußt!* – Darum, plaudite victori! – Wahrlich es ist hier von keinem Triumph die Rede den sich ein Einzelner erwarb; die deutsche Musik feiert ihn mit ihrem geweihten Priester zugleich! Noch giebt es Ohren die von Rossinischer Drehkrankheit u. Olympischer Erdbeben-musik sich frei erhalten; die kein Treibjagen von Tönen, keine Stimmen- und Instrumenten-gurgeleien und andrer Seiltänzer-künste irre zu leiten, und in ein seichtes trügliches Meer voll unwirthbarer Syrten zu versenken vermochte. – Besäße ich hinreichende Kenntnisse, den musikalischen Bau dieses Meisterstücks so recht in seiner Ganzheit zu erfassen und hätte ich Raum, in – aus der Euryanthe entlehnten – Noten Weber’s Verdienst als Kompositeur, zu konstruiren, so – bedürfte ich jetzt keiner musikalischen Krücke, wie ich sie so eben anzuschnallen in Begriff stehe, indem ich dem Leser nachstehende Mittheilung eines Eingeweihten über die Musik der Euryanthe statt eignen Urtheils zum besten gebe.

Musik. Die Ouvertüre (in Es dur) beginnt sogleich mit einem höchst feurigen und scharf markierten Allegro, dessen erste 8 Takte das kräftige Bild eines festen, beharrlichen Charakters andeuten. Nach diesem tritt der im Verlauf der Oper oft wiederkehrende Gesang Adolars: „Ich bau auf Gott, und meine Euryanth’!“ blos von Blasinstrumenten vorgetragen, ein, woran sich die gleich anfangs gegebene Idee (immer in Triolen bewegend) innig anschließt und zu dem so zart gehaltnen Mittelsatz der Arie Adolars: „O Seligkeit dich fass’ ich kaum“ über leitet. Gleich darauf nehmen die Violinen die kräftige Triolenfigur im f wieder auf, welches f sich aber nach den scharf markirten Baßfiguren in einem allmählichen decrescendo zum p auflöst, und düstre, blos von Blechinstrumenten p angegebne Akkorde (nur von den unruhig bewegten Violinen unterbrochen) zu dem, die Katastrophe bezeichnenden und blos von gedämpften Violinen ausgeführten Largo, das aus den seltsamsten Modulationen besteht, überleiten. Die Bässe beginnen nach demselben ein kräftiges, viergliedriges Fugenthema, welches sie nach dem zweiten Eintritt mit einer dem ersten Gedanken analogen Triolenfigur beantworten, und nach mancherlei Harmoniverwechslungen wieder zum Hauptthema führen, das nunmehr wie ein Siegsgesang nach überstand|nen Gefahren majestätisch eintritt, und nach dem Mittelsatz, erst lieblich, dann aber wie ein Händelscher Preisgesang (besonders durch die majestätischen Bässe charakterisirt) dahergehend, schnell zum Schlusse eilt.

Wahrlich, ein großes Meisterstück, aber nur in Verbindung mit der übrigen Oper verständlich. Daher kein Wunder, wenn dieser Tonkoloß, hie und da vorläufig in Conzerten aufgeführt, mißverstanden, oder eigentlich gar nicht verstanden, und daher verkannt wurde. Leicht wär’ es dem großen Kompositeur gewesen, dies Werk vielleicht durch Einwebung des Jägerchors u. s. w. zu einem beliebten Conzertstück zu machen, aber eben durch diese Verschmähung gewöhnlicher Kunst- und Effekt-mittel, hat sich vor allen die Größe des Meisters bewährt.

Die Introduktion, auch ohne alle äussere Zuthat, als z. B. Dekoration, Costüme u. s. w. würde uns in jene ritterlichen Zeiten versetzen; denn jeder Ton haucht jenen ächt romantischen Geist, der uns in Weber’s Tonschöpfungen so besonders zauberisch umfängt, daß wir jeden Genuß der Art immer nur zu kurz finden. – Trefflich, ja classisch sind durchgängig die Rezitative behandelt. So kann man wohl kein sinniger charakterisirtes musikalisches Zwiegespräch hören, als das zwischen Lysiart und Adolar gleich nach der Introduktion, woran sich das, über alles Lob erhabene schöne Terzett mit Chor: „Wohlan! Du kennst mein herrlich Eigenthum?“ reiht. Hier ist die Behandlung des Chors wahrhaft genialisch, bewundernswerth. Wie leicht wär’ es hier der Dichterin gewesen, dem „ich bau auf Gott u. s. w.“ noch einige Strophen beizufügen, damit der Tondichter nicht gezwungen gewesen wäre, dieselben Worte dem Sänger immer dreizehn Mal wiederholen zu lassen, was so musikalisch construirt, nicht anders möglich war; und doch, wer wollte von diesem Tonstück auch nur eine Note missen?

In dem Liede : „Glöcklein im Thal“ entwickelt uns der Meister, Euryanthens ganzes Wesen; schwärmerisch, über alles liebend, der höchsten Leidenschaft fähig. So ist auch Eglantinens ganzes teuflisches Gemüth, durch das einzige kurze Ritornell vor ihrem Auftreten charakterisirt. Schon die darauf folgende Arie „O mein Leid“ wo die Begleitung uns ihre, nur mit Mühe verhehlte, wahre Stimmung gegen Euryanthe schildert, während ihr Gesang Schwermuth über unerkannte Liebe heuchelt, ist für den Kenner ein hohes, von der Menge unbegriffnes Meisterstück. Durch solche Syrenentöne muß sich Euryanthe verführen lassen, ihr sie drückendes Geheimniß der vorgeblichen Freundin mitzutheilen. Dies geschieht in dem schon in der Ouvertüre enthaltenen Largo, wobei jeden sinnigen Zuhörer Geisterschauer durchrieseln; gräßlich ist ihr Entsetzen, nach geschehenem Eidbruch durch Töne gemalt. Doch wer beschreibt den Zauber der Harmonie, wo Eglantine sie durch erlogne Liebe zu täuschen sucht, und Euryanthe ihr Gewissen durch: „Trost der Liebe, süß bist du“ zu beschwichtigen sucht. Welche ¦ Feder ist im Stande mit Worten den Reiz der Töne des kleinen Duetts: „Ja, es wallt mein Herz“ zu beschreiben? – Eglantinen’s gleich darauf folgende Arie erfüllt uns mit Entsetzen, und hier zeigt sich die ganze unnennbare Macht der Musik. Wo Worte nur andeuten, nur Ahnungen erwecken können, verwirklicht uns die Musik die im Busen brennende Hölle einer Eglantine. Von unbeschreiblicher Wirkung ist noch das Finale des 1. Akts; hier kann man nur hören, in der Erinnerung schwelgen, und – die Feder ruhen lassen.

Doch, der Raum verbietet es, dem Meister Schritt vor Schritt zu folgen (was wohl die Sache einer musikalischen Zeitung schon längst hätte seyn sollen)[;] ich erlaube mir daher nur noch einzelne Momente, als besonders gelungen und genial erscheinend, hervorzuheben und jeden kunstsinnigen Musikfreund darauf aufmerksam zu machen. Dahin rechne ich gleich das Rezitativ und die Arie Lysiart ’s zu Anfange des 2ten Akts. Wie originell und höchst wahrschildernd ist nicht das Andante con moto, „So weih’ ich mich den Rachegewalten!“ Ueber alle Beschreibung aber ist die Wirkung des, bis jetzt in seiner Art einzig dastehenden Duetts zwischen Eglantine und Lysiart. Schauder ergreifen alle Gemüther bei dem Con strepito „Dunkle Nacht, du hörst den Schwur!“ und Entsetzen erfaßt uns bei dem fürchterlichen: „Rache athm’ ich nur.“ In trefflichem Gegensatze damit steht Adolars sanftklagende Arie „Wehen mir Lüfte zu“ und gewährt dem aufgeregten Gemüth eine sanfte Erholung. Bei dem „Sie ist mir nah!“ glaubt man überirdische Töne zu vernehmen, so trefflich ist wiederum die Instrumentierung, in der Weber überhaupt wohl den Vorrang vor allen lebenden Tonsetzern haben dürfte. Ein herrlicher Glanzpunkt der Oper ist das wahrhaft dramatische Final des 2. Akts und dessen treffliche Steigerung, von der zierlichsten Courtoisie der Ritter gegen Euryanthe bis zur höchsten Verabscheuung der Treubrüchigen.

Die treueste Seelenschilderung Adolar’s und Euryanthens geht dem 3. Akt voran; doch dürfte sie wohl stets den Laien unbegreiflich bleiben. Im folgenden Rezitativ giebt Adolar Euryanthen Aufklärung über die ihr geschehene Mißhandlung, ihre Flucht in dies öde Felsenthal, wobei man sich nur über die besonders dazu sorgfältig gemachte Toilette wundert.*) Nach Erblickung der Schlange steigert sich der Ausdruck und die Bewegung der Musik; die Angst steigt, so wie der Ausdruck im Gebet Euryanthens: „Schirmende Engelsschaar!“ und die Wonne über Adolars Schlangensieg erreicht ihren Gipfel. Euryanthens darauf folgende Szene ist ganz Auflösung in Wehmut, Hinsterben in banger Einsamkeit. Da belebt kräftiger Hörnerklang die erstarrte Seele; der lebensfrische Jägerchor ertönt und erweckt neue Hoffnung. Nichts über bietet die Wirkung, welche die Arie mit Chor: „Zu ihm, o weilet nicht!“ besonders so vorgetragen wie hier, hervorbringt, und jederzeit hervorbringen muß. Das liebliche Mailied mildert wieder den erneuten Schmerz über Euryanthens Scheintod. Die Töne des Chors: „Vernichte kühn das Werk der Tücke!“ müssen das gebeugteste Herz, den ganz verzagenden Adolar zu neuen Hoffnungen süßen Liebesglücks beleben. Da ertönt der so ganz originelle, viel modulirende, das ritterliche Wesen so schön aussprechende Hochzeitmarsch. Alles steht in banger Erwartung. Da tritt der betrogne, noch unerkannte Adolar vor das Frevlerpaar, ihnen Rache verheißend. Hinreißend schön und mächtig wirkend ist das folgende Duett mit Chor: „Trotze nicht“. Wer beschreibt aber das Entsetzen erregende, teuflische Triumphlied Eglantinens? Die Hölle selbst scheint sie zu accompagniren. Aeusserst wohlthuend ist die endliche, den entsetzten Hörer beruhigende in Jubel ausbrechende Auflösung der Katastrophe.

Heil der deutschen Kunst, die durch dieß Meisterwerk aufs Neue beurkundet, daß sie mit allen andern Nationen Europa’s gewiß in die Schranken treten darf! Heil Weber, der ihr diesen abermaligen Triumph bereitete! –“

So weit der Bericht meines geehrten Freundes, und ich habe dem nur noch hinzuzufügen, daß von der Größe und Trefflichkeit ihrer Aufgabe hingerissen, Orchester- Sänger- und Chor-Personal wahrhaft Vollendetes leisteten. Jedes einzelne Meisterstück hatte sich eines wahrhaft dramatisch-musikalischen Vortrags zu erfreuen, die Ensemblestücke, besonders die reichbedachten Mänerchöre thaten auch den eigensinnigsten Forderungen Genüge und nichts wäre zu wünschen geblieben[,] hätte man in dem herrlichen Jägerchor, die Hörner statt sie hinter den Coulissen zu verstecken, auf die Bühne selbst vorgehn lassen, da – abgerechnet daß die sich präsentirenden Jäger doch schwerlich auf ihren Jagdspießen blasen können und folglich kein Grund ihres Verbergens vorhanden war, – durch die dann nur mögliche Wechselwirkung zwischen Hörner[n] und Singstimmen, dieß treffliche Musikstück weniger auseinandergerissen und mehr in seiner Ganzheit erfaßt wor¦den wäre, während wir bei der dießmal beliebten Weise nur Bruchstücke und Anklänge zu hören glaubten. –

Nicht minder hatte die Generaldirektion für [die] szenische Ausstattung so kunstsinnig Sorge getragen, daß man wohl sehr ungerecht seyn würde, wenn man nicht ihrem Einwirken wie der Anstrengung jedes einzelnen in der Vorstellung Beschäftigten, einen gerechten Antheil an dem enthusiastischen Beifall beimessen wollte, der der ersten wie der zweiten Vorstellung fast bei jedem einzelnen Musikstück zu Theil war.

  • König Ludwig (Herr Keller) brav genug für einen solchen Schattenkönig.
  • Adolar (Herr Bergmann) befriedigte Kenner und Kunstfreunde vor allen in den Szenen, wo Leid und Klage ausgedrückt werden und wehmüthige Stimmung vorherrschen sollte.
  • Lysiart (Herr Meyer) hatte seinen guten Theil mit an dem Gelingen der Vorstellung und überbot sich – einigemal jedoch nicht ganz zu seinem Vortheil – in seinen Anstrengungen.
  • Euryanthe (Mad. Devrient) Der Mund ein blühend Paradies, –Wo gäb’ es da noch Mängel!Und wenn sie sang, so klang’s so süßAls säng’ ein heil’ger Engel.*

    In Prosa muß ich jedoch hinzusetzen, daß Thränen keine Aufgabe der Kunst, mindest nicht für Sängerinnen sind und leicht die lieblichsten Töne ersticken lassen.

  • Eglantine (Mlle. Funk) Nur in ihren eigenen Thönen vermöchte ich ihr Lob würdig zu singen; so sah ich und so hörte ich sie noch nie: „Sängerin[], fragt’ ich, „hat der Sohn Cytherens Mit den Pfeilen Dir Götterspeise reichend, In die süße Kehle Dir seines Nektars Zauber geträufelt?“ –*

Es versteht sich übrigens daß fast jedes Musikstück mit vollem Beifallgeläute beklatscht und Kompositeur und Darstellende einstimmig unter Jubelgeschrei gerufen wurden. –

[Original Footnotes]

Editorial

Creation

Responsibilities

Übertragung
Bandur, Markus

Tradition

  • Text Source: Merkur. Mittheilungen aus Vorräthen der Heimath und der Fremde, für Wissenschaft, Kunst und Leben, Jg. 1824, Nr. 43 (8. April), pp. 169–172

Text Constitution

  • “dem”sic!

Commentary

  • “… ein armer Teufel sterben! –”Johann Wolfgang von Goethe, Faust. Der Tragödie erster Teil, in: Vers 557ff.
  • “… Journal f. L. u. M.”Im Journal für Literatur, Kunst, Luxus und Mode, Jg. 39, Nr. 12 (Februar 1824), S. 93f., lautet die Formulierung, die sich auf die Aufführung von Musik aus Euryanthe in Berliner Konzerten bezieht: „Den unbedingten Verehrern der Genialität des vielgerühmten Maria von Weber geht es jetzt wie allen, die sich einen tüchtigen Rausch getrunken haben. Sie leiden jetzt zum Erbarmen am kläglichsten Katzenjammer, denn sie sind plötzlich durch die Euryanthe nüchtern geworden. Die Ouvertüre hat so wenig als das Jägerchor im Concerte gefallen, und es will verlauten, das[s] die ganze Composition kein rechtes Ganze sey.“ Der Jägerchor war in Berlin zuerst in Konzerten am 10. und 15. Dezember 1823 im Schauspielhaus zu hören, die Ouvertüre am 18. Dezember; vgl. die Konzertankündigungen in: Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen, Jg. 1823, Nr. 147 (9. Dezember), Nr. 149 (13. Dezember) und Nr. 151 (18. Dezember) sowie die Besprechung des Konzerts vom 18. Dezember in Nr. 153 (23. Dezember).
  • “… Rhythmen belebte Chöre hinzuzufügen gewußt!”Der Passus von „betrifft“ des vorangehenden Absatzes bis „gewußt!“ wurde übernommen in der Rezension einer Euryanthe-Aufführung am 31. Juli 1826 in Frankfurt a. M. in: Didaskalia oder Blätter für Geist, Gemüth und Publizität, Jg. 4, Nr. 218 (6. August 1826), S. [4].
  • “… Als säng’ ein heil’ger Engel.”Aus Ludwig Heinrich Christoph Hölty’s Leander und Ismene, in: C. L. H. Hölty’s sämtlich hinterlaßene Gedichte, nebst einer Skizze seines Lebens, Wien und Prag 1803, S. 129.
  • “… Zauber geträufelt?“ –”Zitat aus Friedrich Matthissons Gedicht Die Nachtigall, in: Friedrich Matthissons Gedichte, 4. Auflage, Zürich 1797, S. 53.

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