Heinrich Beer an Giacomo Meyerbeer in Mailand
Berlin, Dienstag, 8. Juli 1823

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Al Signor

Giacomo Meyerbeer

Ferma in Posta

Mayland

Lieber Bruder

In Mutters Nahmen die mir aufträgt Dir zu schreiben, da sie sich von der Reise noch etwas geschwächt fühlt, soll ich Dir anzeigen, daß dieselbe glücklich und wohl gestern Vormittag in Berlin mit Vater angekommen ist. Zu ihrer großen Freude hat sie gleich einen Brief von Dir aus Mayland vorgefunden sich aber sehr gewundert, daß Du ihr schreibst, daß Du gar kein Brief von derselben seit ihrer Abreise erhalten hast. Dieselbe läßt Dir sagen, daß sie Dir zwey lange Briefe von Wien aus geschrieben hat, worin in dem einen die Sache wegen der Catalani und daß Mutter die junge Eskeles* nicht schön fände, stand, und in dem andern, wo sie daß wegen der E— wiederufen hat und doch schön findet; diese beyden Punkte soll ich Dir nun ins Gedächtniß rufen, vermuthlich sind diese Briefe bey Ansicht dieses schon in deinen Händen. Mit Mutters Gesundheit geht es Gott sey Dank gut und wann sich dieselbe nur hier erst recht ausgeruht haben wird, so hoffe ich daß ihre alten Kräfte auch wieder kommen werden. Michel, Wilhelm und ich sind ihr bis Dresden entgegen gefahren*, worüber sie eine ungemeine Freude hatte.     Carl Marie v. Weber hat deinen Brief und die Partitur | von Margarethe von Anjou erhalten* und auch schon mit Morlacci das Nöthige verabredet, ich zeige Dir dies bloß an da Du von Weber selbst das ausführlich durch einen Brief erhalten wirst[.] Nun noch etwas: Madame Cornega, Mitglied des Theater von S. Carlo in Neapel hat hier zwey Concerte gegeben in dem letzten sang sie daß Duett aus Romilda mit der Schulz daßelbe hat einen ungeheuern, wenn ich sage ungeheuern daß will was sagen, Beifall gehabt*; Du kannst also daraus ersehen, daß das Publicum hier wohl schöne Sachen zu schäzen weis und daß es wenn es nicht gefällt bloß an der Aufführung liegt wenn es Hände unter haben, die den Geist des Componisten nicht verstehen. In Dresden spricht jeder Mann mit Enthusiasmus von Emma, dieselbe wäre gar nicht vom Repertoir herunter gekommen wäre der Tenor. Cantu nicht gestorben*, jezt da man wieder einen sehr guten* engagiert hat wird dieselbe neu wieder gegeben werden und jeder freut sich darauf*. Mit der Margarethe wird es eben so gehen; ich höre daß sie noch dieses Jahr gegeben wird; sobald ich den Tag erfahre reise ich nach Dresden hin um doch wenigstens da eine Oper von Dir zu sehen, da mir in Italien dieses Vergnügen nicht zu Theil geworden. Du erhälst nach der ersten Aufführung von mir einen ganz unpartheischen Bericht.

Wundre Dich nicht jezt mehrere Briefe von mir in Mutters Nahmen | zu bekommen; dieselbe hat mich zu ihrem Geheim Secretair ernannt, da ihr das schreiben noch zu sauer wird.

Lebe wohl mein guter Kerl und halte lieb Deinen Dich ewig liebenden Bruder
Heinrich Beer

Meine Frau und Kind grüßen Dich tausendmal.

Apparat

Zusammenfassung

erwähnt u.a., dass es der Mutter wieder besser gehe, dass Michael, Wilhelm u. er ihr bis Dresden entgegengefahren seien; C.M.v.Weber habe seinen Brief und die Margarethe erhalten und auch schon mit Morlacchi das Nötige verabredet; er werde ihm aber selbst ausführlicher schreiben; in Dresden spräche jedermann mit Enthusiasmus von der Emma, die nur wegen des Todes eines Tenors abgesetzt worden sei

Incipit

In Mutters Nahmen die mir aufträgt Dir zu schreiben

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: N. Mus. Nachl. 97, C/42

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S. einschl. Adr.)
    • PSt. BERLIN | 8. JULI.
    • rote Unterstreichungen von fremder Hand

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Becker (Meyerbeer), Bd. 1, S. 513–514

Textkonstitution

  • „daß“sic!
  • Theatersic!
  • „sie“über der Zeile hinzugefügt
  • „daß“sic!
  • „… hat einen ungeheuern, wenn ich“Dreifach unterstrichen.
  • „erhälst“sic!
  • „unpartheischen“sic!
  • in„zu“ überschrieben mit „in

Einzelstellenerläuterung

  • „… daß Mutter die junge Eskeles“Maria Anne Cäcilia Freiin von Eskeles (1802–1862), Tochter des Wiener Bankiers Bernhard von Eskeles und seiner Ehefrau Cäcilia, geb. Itzig.
  • „… ihr bis Dresden entgegen gefahren“Vgl. Webers Tagebuchnotizen ab dem 26. Juni 1823.
  • „… von Margarethe von Anjou erhalten“Vgl. dazu den Kommentar zur Tagebuchnotiz vom 2. Juli 1823.
  • „… will was sagen, Beifall gehabt“Etwas kritischer äußerte sich der ungenannte Rezensent über das im Saal des Schauspielhauses am 3. Juli 1823 stattgefundene Konzert in der Zeitung für Theater, Musik und bildende Künste, zur Unterhaltung gebildeter, unbefangener Leser. Eine Begleiterin des Freimüthigen, Jg. 3, Nr. 28 (12. Juli 1823), S. 110.
  • „… der Tenor. Cantu nicht gestorben“Giovanni Cantù, der bei der Dresdner Erstaufführung am 26. Januar 1820 die Rolle des Norcesto gesungen hatte, war am 9. Mai 1822 gestorben.
  • „… man wieder einen sehr guten“Stefano Gentili.
  • „… und jeder freut sich darauf“Die Premiere der Neueinstudierung mit teilweise neuer Besetzung fand am 3. Januar 1824 statt.

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