Caroline von Weber an Friedrich Wilhelm und Ida Jähns in Berlin (Fragment)
Dresden, erhalten Dienstag, 25. Juli 1843

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Wenn ich Euch meine lieben Kinder auf Euren lieben Brief nicht gleich geantwortet habe, so werdet Ihr das begreiflich finden wenn Ihr hört was sich in der letzten Zeit ereignet hat und was so wohl meine Zeit, als all mein Denken und Fühlen in Anspruch genomen hat. Ihr wisst beide dass es dem Max in dem kleinen, stillen Altenburg nicht mehr gefiel wo es in seiner Stellung, für sein Fach nicht mehr zu lernen gab. Wit hatten desshalb miteinander verabredet dass er künftiges Frühjahr seine grosse Reise nach England, und Schottland pp antreten sollte. Da kommt plötzlich aus Bonn ein Antrag für ihn, als Maschienenmeister bei der Bonner-Cöllner Bahn einzutreten, mit dem Gehalt von 700 Thaler. Max besann sich nicht lange, nahm den Antrag an welcher ihn, den lang gehägten Wunsch, die schönen Ufer des Rheins zu sehen erfüllte, und ist schon den 15 Juli dahin abgereisst. Alex hat mich aber so lang gequält bis ich auch ihn erlaubte die Reise mit zu machen, und das Künstler treiben in Düsseldorf zu sehen und sich einen Platz für das künftige Jahr in der Akademie zu sichern. So bin ich denn seit 3 Tagen allein im kleinen […]

[…] schreiben wollte sagte er: ich schreibe nicht mehr – Was ist das wieder! von ihm verstehe ichs nicht, aber ich hoffe Ihr werdet mich darüber aufklären. Gewiss wieder nur ein Missverständniss denn was könnte sonst zwischen Eure Herzen treten? was die Liebe meiner Kinder zu Euch mindern? Habt Ihr oder hat er etwas übel genomen so wird hoffendlich die Zeit alles wieder ausgleichen und ein Band nicht zerrissen werden was ich fürs ganze Leben geknüpft glaubte. Alex grüsst die Herrin in tiefster Demuth und bittet nicht zu zürnen dass er ihre Befehle nicht hat erfüllen können. Was das überschicken der Partitur und der Messen betrift lieber Wilhelm so kann ich Dir nur theilweise Deine Wünsche erfüllen denn schon vor einen Monat hat mich der Musikdirektor Röckel um die Partitur des Freyschützen zu seinem Studium gebeten und da er jetzt verreist ist, kann ich sie Dir erst später schicken. Die Messe erhällst Du hierbey. Durch meine Guthmüthigkeit gegen Schlesinger bin ich in eine recht unangenehme Sache verwickelt worden denn trotz seiner Versicherung, dass es mit meiner schriftlichen Erklärung abgethan sey, muss ich nun doch noch alles vor Gericht beschwören*. Du glaubst nicht Wilhelm wie fatal mir das ist und ich wollte Schlesinger wäre wo der Pfeffer wächst. Von den Kindern habe ich schon ein paar Zeilen aus Eisenach erhalten, wo sie einen Tag blieben um die Wartburg zu besehen. Heute komen sie nun nach Bonn. Nun Gott gebe seinen Segen das es dem Max dort gefällt. Von Euch meine Kinder hoffe ich bald recht frohe Nachricht zu hören.

Bedenkt dass ich jetzt keine Freude habe als die die Entfernten Lieben mir durch ihre Briefe machen. Grüsst Herrn Hauptman Borbstädt recht herzlich von mir, und behaltet lieb EureEuch innig liebende
Mutter Weber.

Apparat

Zusammenfassung

seit 15. Juli ist Max als Maschinenmeister bei der Bonn‑Kölner Bahn tätig, Alex ist mit nach Düsseldorf gereist, um sich einen Platz bei der Kunstakademie für das nächste Jahr zu sichern; kann J. die Freischütz‑Partitur nicht schicken, da Musikdirektor Röckel sie habe und verreist sei, die Messe schicke sie ihm; sie ist in eine unangenehme Sache bei Schlesinger verwickelt worden

Incipit

Wenn ich Euch meine lieben Kinder

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler Eveline Bartlitz

Überlieferung

  • Textzeuge: Dresden (D), Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl)
    Signatur: Mscr. Dresd. App. 2097, 83

    Quellenbeschreibung

    • masch. Übertragung nach dem verschollenen Original (Nr. 83 des Konvoluts)
    • 3 S.
    • am Kopf die Notiz: „Empfangen den 25sten Juli 1843. | in Wahlstatt.“

Textkonstitution

  • „… 3 Tagen allein im kleinen“Lücke in der Kopie

Einzelstellenerläuterung

  • „… noch alles vor Gericht beschwören“Schlesinger prozessierte mehrfach bezüglich des Vertriebs unrechtmäßiger Nachdrucke Weber’scher Kompositionen. Als Beweis für die alleinige Rechtmäßigkeit seiner Ausgaben benötigte er den genauen Wortlaut der Vertragsabschlüsse des Verlags mit dem Komponisten bzw. eine entsprechende Bestätigung von Caroline von Weber; vgl. auch den Brief vom September 1841.

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