Caroline von Weber an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Dresden, erhalten Donnerstag, 30. September 1847

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Mein lieber Jähns!

Es thut mir herzlich leid dass ich Ihnen mit meiner Angelegenheit, Herrn Schlesinger gegenüber so viele Noth mache, auch thut es mir leid dass Herr Schlesinger sich so ganz ohne Noth über mich ereifert. Es fällt mir nicht im Traume ein ein Misstrauen in Herrn Schlesingers Rechtlichkeit zu setzen, aber ich muss es wiederholen „wir sind Menschen und können sterben[] darum hielt ich es, für uns Beide, besser Einiges welches in dem Contrakt nicht ganz deutlich bezeichnet, zu erördern. Dahin gehört nehmlich die Stelle „Von Herrn Schlesinger aus Berlin habe ich die Hälfte des stipulirten Preises mit vierhundert Thaler erhalten und verpflichtet sich Herr Schlesinger ppp[] Die 400 Thaler habe ich aber nicht vollständig erhalten sondern nur baar 250 und einen Wechsel auf 150 Thaler den 3. Januar zahlbar. Stürbe nun Herr Schlesinger vor diesem Termin, so würden natürlich seine Erben sagen Sie haben ja schon über die ganze Summe quittiert warum sollen wir denn nun noch den Wechsel bezahlen? Dies erwägend wird es Herrn Schlesinger billig finden dass ich mich hierin sicher stellen, und entweder das Geld bei Banquie Kaskel erhebe, oder er mir die von mir verlangte Sicherstellung ausfertige. Ich sehe überhaupt nicht ein wie Herr Schlesinger sich durch mein Ansuchen so verletzt fühlen kann. Er würde an meinem Platz gewiss eben so handlen. Als ich meine Erklärung gerichtlich hier vollzog hatte mir Herr Schlesinger vorher nicht gesagt dass die Summe von 400 Thaler nicht gleich von ihm ausgezahlt werden würde, überhaupt ging dann das Geldgeschäft so rasch vor sich dass er nicht bedachte wie mir aus der schon ausgefertigten Quittung über die ganze Summe, im Fall eines Todesfalles, Weitläufigkeiten erwachsen könnten. Die ganze Sache mag also damit sein Bewenden haben dass dieser Punkt sicher gestellt wird und entweder der Wechsel jetzt ausgezahlt oder mir schriftlich zugestanden wird dass diese Summe von 150 Thaler mir noch zur verfollständigung der 400 Thaler auszuzahlen sind. — Wenn auch Herr Schlesinger sich aus dem Sächsisch Privilegium* nichts macht so werde ich doch meinen Versprechen gemäss alles thun was ich vermag um es für ihn zu erlangen, weil ich doch nicht ganz mit ihm der Meinung bin dass es ihm ohne unser Zuthun bey dem Bundestag ganz leicht werden würde das Privilegium zu erhalten. Ich wiederhole es nochmals dass ich Herrn Schlesinger nicht habe beleidigen wollen, sondern nur die Sicherstellung verlangte welche er mir in seinen, selbstentworfenen Contrakt, mir zu geben vergessen, und welche ich, unkundig mit dem Abfassen eines solchen Contrakts, nicht gleich vermisste und erst aufmerksam gemacht werden musste.

Also guter Jähns öffnen Sie nun das Paquet und lesen Sie die Schrieften durch. Sie werden finden dass ich ganz billige Wünsche aussprach und Herr Schlesinger sich nur so zornig stellt um eine Ausrede zu haben. Herr Schlesinger weiss recht gut wie ein zweideutiges Wort veranlassung zu Prozessen werden kann. also nochmals, mein guter Jähns „Ich bitte Herrn Schlesinger sich in einen Briefe an mich, wegen den noch auf die 400 Thaler zu zahlenden 150 Thaler deutlich auszusprechen, und mir mitzutheilen bis zu welcher Zeit er glaubt die Partitur des Freyschützen zur Corektur benöthigt zu sein, damit ich meine Einrichtung darnach treffen kann[]; diese Forderungen werden ihm, so hoffe ich, so billig erscheinen dass er aufhört sich so sehr beleidigt zu fühlen und es nicht verschmäht mit mir vereint die Schritte zur Erlangung des Privilegiums zu thun. Natürlich werden Sie Herrn Schlesinger sodann die Documente übergeben, von welchen ich keine Abschrieft verlange Max ist Gott lob wieder wohl und wird diese Woche nach Chemnitz zurück gehen. Ich kann Euch Ihr Lieben heute nichts mehr schreiben, denn ich habe mich doch so über den Verlauf dieser Angelegenheit mit Max geärgert, welcher mir, und mit Recht, die Schuld dieser Weitläufigkeit beymisst dass ich heftige Kopfschmerzen habe und kaum noch sehe was ich schreibe. Gott sey mit Euch Ihr lieben guten Menschen. Ach lebtet Ihr doch in meiner Nähe!!! Aber das weiss ich, dass ich nie, und niemals ohne einen Advokaten wieder ein Geschäft der Art mache. Ich habe von allen Seiten den Vertruss, erstlich darüber dass ich Herrn Schlesinger, und nicht den Andern, die Partituren verkaufte und nun auch noch, dass ich die Sache nicht vorsichtiger machte, kurz ich bin ein armes Wesen was es niemand recht macht.

Lebt recht wohl meine Theuren und behaltet mich lieb. Mit tausend Grüssen an Ida und die KinderEureMutter Weber

Apparat

Zusammenfassung

es geht um Querelen mit Schlesinger, in die nun auch Jähns involviert ist; Caroline von Weber verlangt Sicherheit über eine Summe von 150 Talern, die ihr Schlesinger noch schuldet für die Freischütz-Partitur, und sie versteht nicht, wieso S. beleidigt sein kann, und bittet J. um Entschuldigung, dass sie ihm soviel Ungemach bereitet hat mit dieser Angelegenheit

Incipit

Es thut mir herzlich leid dass ich Ihnen

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler; Eveline Bartlitz

Überlieferung

  • Textzeuge: Dresden (D), Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl)
    Signatur: Mscr. Dresd. App. 2097, 104

    Quellenbeschreibung

    • masch. Übertragung nach dem verschollenen Original (Nr. 104 des Konvoluts)
    • 4 S.
    • am Kopf die Notiz: „Empfangen den 30 sten Sept. 1847.“

Textkonstitution

  • „… Preises mit vierhundert Thaler erhalten“„erhalten“ dreifach unterstrichen

Einzelstellenerläuterung

  • „… sich aus dem Sächsisch Privilegium“Zu der von Schlesinger erbetenen zeitlichen Ausdehnung seiner Druck-Privilegien auf Webers Opern vgl. u. a. Caroline von Webers Brief an Giacomo Meyerbeer von Anfang 1847 sowie die Notizen in der AmZ, Jg. 50, Nr. 32 (9. August 1848), Sp. 526 und Nr. 36 (6. September 1848), Sp. 591.

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