Bericht über das Schweizer Musikfest in Schaffhausen 1811

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Correspondenz.

Constanz […]

– – – Ich kehrte zurück aus der Schweiz, und mein Weg führte mich über Schaffhausen hieher. Noch beim Ausgange aus diesem Lande, so reich an den erhabensten Schönheiten der Natur, überraschten sie mich mit ihrem herrlichen Rheinfalle, dessen Erhabenheit durch die doppelte Wirkung auf Aug und Ohr zugleich mein Gemüth zum letztenmale mächtig faßte, ehe ich wieder in die flachen Länder ziehe, wo der Mensch von außen nichts findet, was ihn ergreift und höher treibt; aber das Glück that noch mehr; ich traf gerade zu der Zeit in Schaffhausen ein, wo sich alle Künstler und Musikliebhaber aus der ganzen Schweiz versammelt hatten, um ihr jährliches musikalisches Fest zu feiern; diese herrliche alte Sitte hat sich in diesem weniger so vielen Veränderungen unterworfenen Land noch in voller Kraft erhalten, und die guten für Einigkeit so vielen Sinn hegenden Schweizer zogen aus den fernsten Kantonen weit hinter dem Genfer See her (eine Entfernung von mehr als 50 Stunden) zu diesem Feste; und bildeten so ein Orchester von 250, welches der Leitung des Herrn Tollmann, Musikdirektor in Basel, eines sehr eifrigen Künstlers, und noch dazu Ihres Mitbürgers, genoß. Die erste Aufführung fand am 22. Aug. in der großen Kirche des Orts statt, und dauerte 5 Stunden; trotz der vielen Zuhörer (es waren ihrer über 1500) schallte es doch noch zu sehr; in dem Lokal gab man eine Symphonie von Bethoven aus Cdur. Frühling und Sommer aus Haydns Jahreszeiten, das Gloria aus Voglers Messe Dmoll, Himmels Vater Unser; in der zweiten Aufführung, den Tag darauf, gab man kleinere Sachen und Soloparthieen; das Ganze machte auf mich die Wirkung, die ich immer bey dergleichen empfinde; ich hätte weinen mögen über die Kunst-Wallfahrer, die so weit her ihre zerstreuten Töne zusammengetragen zu einem harmonischen Ganzen; ein schönes Bild so vieler einzelnen Kantone der republikanischen Einheit. Eben so ächten Sinn für die Kunst bewies diese Gesellschaft noch durch die Anerkennung jedes fremden Verdienstes, und ich war Zeuge, mit welchem Enthusiasmus der Ihnen als geschätzter Compositeur bekannte C. M. v. Weber, welcher gerade zu der Zeit in Schaffhausen war, von ihnen als außerordentliches Ehren-Mitglied der Gesellschaft aufgenommen wurde. Die Töne dieser lieben Schweizer begleiten mich noch immer wie eine Sehnsucht.

Apparat

Zusammenfassung

Bericht über das Schweizer Musikfest in Schaffhausen, bei der Weber zum Ehrenmitglied der Schweizerischen Musikgesellschaft gemacht wurde; vgl. auch Webers eigenen Bericht über das Musikfest sowie die Verleihung

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Badisches Magazin, Jg. 1, Nr. 165 (12. September 1811), S. 658–659

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