Caroline von Weber an Friedrich Wilhelm und Ida Jähns in Berlin
Dresden, vor Dienstag, 18. April 1837

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Seht Ihr bösen Leute, dass ich schneller antworten kann wie Ihr? Ja, mir träumte aber auch, meine Ida hätte einen kleinen Rechnungsfehler gemacht, und der kleine Bursche wäre, wieder alles Erwarten um 4 Wochen früher eingetroffen als man glaubte und ich bekäme einen fröhlichen Brief von Vater Jähns, wo er mir das meldet und mich bittet eilig, eilig zur Taufe zu kommen, weil der König mit gevatter stehen wollte. Dass ich mich im Traume herzlich freute, könnt Ihr denken; aber dass ich es wachend noch mehr thun werde gewiss auch. Der Traum hat mir aber auch eine kleine Angst verursacht, denn ich dachte, es könnte doch wohl so ein Fingerzeig sein, dass die Sache sich so begeben könnte und da habe ich denn gestichelt und gestichelt, damit der königliche Pathe sich meines Pathchens nicht zu schämen hätte. So nimm denn, meine gute Ida, dies Werk* von Mutter-Hand freundlich auf, und lass das liebe Wesen in dieser Hülle in den Bund der Christen aufnehmen. Mögen all die guten Wünsche die ich für Euch, mit jeden Stich, hinein gewebt, in erfüllung gehen, und der jungen Mutter alle Schmerzen durch das Gedeihen des lieben Kindes vergolten werden.

Hat auch Euer Brief manches Unangenehme berichtet, so ist doch die Nachricht, dass Ida so wohl ist, alles überwiegend. Fahre nur so fort meine Tochter, dann wird Dir die Kraft nicht fehlen wo Du sie am nöthigsten brauchst.

Von mir mögte ich eigendlich in diesen Briefe gar nicht reden, denn will ich die Wahrheit sagen muss ich lammentieren und dass mag ich eigendlich nicht; ich will Euch lieber lieber nur eine kleine Liste machen von allen Annehmlichkeiten die mich betroffen, und Ihr könnt Euch dann das Lamento hinzu denken. Erstlich hatte ich zum zweitenmal die Gripp, und war recht krank, dann bekam ich einen höchst betrübenden Brief, meines Bruders, dessen ganze Familie auch krank ist, dann, zu guter Letzt, starb hier ein Holzhändler bey dem ich ein kleines Capital stehen hatte und der allgemein als sehr reicher Mann bekant war, dieser gute Mann war aber nur ein sehr pfiffiger Betrüger und Mutter Weber verliert auch 100 Thaler — na nun wisst Ihr all die hübschen Sachen, und könnt Euch denken dass die Crantzische Angelegenheit nur noch das Tippelchen auf’s i war*. Um meines Bruders Willen thut mir es leid dass die Sache zurück gegangen ist, denn ihm hatte ich meinen Antheil bestimmt. Nun wie Gott will! Wollen Sie mit Schlesinger etwas unternehmen ist mirs auch recht! macht’s wie ihr wollt!!!

Dass Sie sich immer noch nicht ganz von der Gripp erholen können guter Jähns, muss Sie nicht ängstigen, denn es geht ja fast allen Menschen so. Mich hat besonders ein Kleinmuth befallen der mir sonst gar nicht eigen ist, und der mich im höchsten Grade beängstigt. Ich könnte stundenlang sitzen und weinen — — Doch es soll ja nicht lammentiert werden, also punktum von all dem fatalen Zeug.

Ich habe nicht gewusst gute Ida dass Ihre Schwester auch rothe Baumwolle haben will, wir sprachen hier nur von weisser. Bitte sagen Sie Ihr dass die rothe aber bedeutend theurer ist denn das ℔ kostet 1 Fl. 20. Ich würde Ihr rathen die Deken ganz weiss zu häkeln es sieht noch vornehmer aus. Ich hatte zu jeden Caro 40 Maschen, und ich glaube auch, die Grösse ist hübsch so. Ich bitte grüssen Sie all Ihre lieben Verwanten herzlich von mir, und bitten Sie Ihre liebe Schwester dass sie das Häubchen zu meinen kleinen Taufstaat macht, denn das darf ja kein Fremder schenken. Fremd? bin ich den fremd? eigendlich wohl nicht, nicht wahr guten Kinder? aber Mutter Weber ist nun einmal abergläubisch, und um meiner Schwachheit willen müsste Ihr schon den Mangel der Hauptsache verzeihen. Nun genug! meine Augen thun mir nach der dummen Gripp recht weh und ich sehe kaum was ich schreibe. Nun, seht wie Ihr mit dem Gekritzel zurecht kommt aber ich sage mit Luther „Helfe mir Gott! ich kann nicht anders![] Also nochmals lieber Sohn machen Sie mit den Sachen was Sie wollen, geben Sie sie Schlesinger, oder einen Andern, mir ist alles Recht. Lebt wohl, lebt heiter und gedenkt der ganzen Weberey recht freundlich.

Die Kinder grüssen. Morgen hat Max Prüfung. C. v. Weber.

[beiliegender Zettel mit Gedicht:]

Eine grosse Kiste!!

Ein wahres Gerüste!

Ach! wenn man nur wüsste

Wie wenig drinn niste!

Thut jetzt Ihr das lesen

ist’s Wahrheit gewesen.

Editorial

Summary

neben privaten Mitteilungen kommentiert sie die Mitteilung von J., dass das Geschäft mit Cranz nicht zustande gekommen ist, ihr ist es auch recht, wenn er mit Schlesinger verhandelt deswegen; schickt in einer Kiste den von ihr selbst gefertigten Taufstaat, nur das Häubchen muss von einem Verwandten geschenkt werden

Incipit

Seht Ihr bösen Leute, dass ich schneller

Responsibilities

Übertragung
Frank Ziegler, Eveline Bartlitz

Tradition

  • Text Source: Dresden (D), Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl)
    Shelf mark: Mscr. Dresd. App. 2097, 20

    Physical Description

    • masch. Übertragung nach dem verschollenen Original (Nr. 21 des Konvoluts)
    • 4 S.

Text Constitution

  • “lieber”sic!

Commentary

  • “… gute Ida , dies Werk”Besticktes Taufkleidchen für Max Jähns.
  • “… das Tippelchen auf’s i war”Das in den vorherigen Briefen vom 20. Januar und 21. Februar 1837 angesprochene Publikationsprojekt bei Cranz in Hamburg kam nicht zustande.

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