Caroline von Weber an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Dresden, Dienstag, 26. September 1837

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Ich wünschte wohl mein guter Jähns, Sie hätten ein Mäuschen sein können, um ungesehen zu hören, was der gute Lichtenstein über Sie gesprochen. Diesmal wäre das Sprichwort* zum Lügner geworden, denn der kleine Horcher hätte recht recht viel Gutes von sich gehört, ja sogar Manches, auf das er hätte recht stolz sein können. Das Lob aus dem Munde eines solchen Mannes ist nicht zu verachten, und hat mich unendlich gefreut. Möge Ihnen, mein guter Sohn, in dieser Anerkennung Ihres Werthes, ein Lohn erblühen für das, was Sie für die Webers Leute thun. Sie gute, gute Seele! wie rastlos streben Sie uns zu nützen, uns Freude zu machen! wie still und anspruchslos ebnen Sie den Weg für Andere! Gott lohne es Ihnen! und lasse Ihren Max auch einst einen so guten, treuen Freund finden wie Sie es uns sind. Oft mein guter Jähns ist es mir’s fast, als drüke mich Ihre aufopfernde Güte wie eine Schuld, und mein Herz sehnt sich Ihnen auch eine kleine Freude zumachen. Da ist mir denn der Gedanke gekommen ob Ihnen die Entwürfe zur Euryanthe nicht ein freundliches Andenken an die Zeit wären, wo Sie für Webers Kinder liebevoll arbeiteten! Wollten Sie mein guter Sohn dieses Stück von meinem Herzen freundlich annehmen?* Die gute Ida wird ja über dies Erbieten nicht eifersüchtig werden, so feurig sich dieses Stückchen auch produziert.

Leider habe ich von L. gehört dass die böse Cholera auch aus Eurer Familie sich einige Opfer ersehen — Gebe nur Gott dass sie, damit zufrieden, die Uebrigen verschont. Erlaubt es Eure Zeit so schreibt mir doch ein paar Zeilen, damit ich weiss dass Ihr alle wohl seit. Oder noch besser, komt lieber selbst hieher! Ihr trefft ja ohnehin halb Berlin in Dresden. Ob aber Jähns Schüler grade darunter sind, dass ist eine Frage. Das Buch der drei Pintos habe ich mir nochmals von Winkler geben lassen und schike es Euch weil Lichtenstein sagt, dass noch zu mehreren Nummern der Text fehlt*. Auch soll in Berlin noch eine Abschrift der Partitur wie sie aus Ihren Händen hervor geht, gemacht werden, damit wir einst beweisen können was Meyerbeer für Material erhalten hat. Lichtenstein meinte „er kenne Jemand der die Oper einmal instrumentieren sollte, von dem er hoffte er würde den Weber besser errathen als viele Andere.[] — Wer dieser Jemand ist? Ja rathen Sie einmal! —

Jetzt ist Lichtenstein in Prag, aber in diesen Tagen hoffen wir ihn wieder zu sehen. Ach lieber Jähns, wie wohl thut die Nähe dieses Mannes! wie klein und erbärmlich dagegen kommen mir viele meiner hiesigen Bekannten vor; wie ist bei Ihm alles so klar und natürlich; wie Mild und nachsichtig ist er in seinem Urtheil, wie weis er sich freindlich zu den Beschränkten Geist Anderer herab zu lassen; kurz wie ist er so ganz gut, geistreich, liebevoll, und brav!! ach könnte dieser Mann meinen Söhnen zum Vorbild dienen, wie glücklich wäre ich! Die Kinder lieben und verehren ihn aber auch wie einen Vater, besonders Max, der hängt mit ganzer Seele an ihm. Und ich, nun ich liebe ihn auch recht von Herzens Grunde.

Was macht denn mein lieber kleiner Max? wächst, und isst, und trinkt, er auch so brav, wie mein grosser Max? ach wie hübsch wird er sein wenn der einmal eine Reise zur alten Mutter Weber wird machen können da werde ich aber schon bedeutend verschrumpelt sein, und der Max wird einen kleinen Schreck vor mir kriegen. Nun ich denke, wenn er sieht wie lieb ihn die Alte hat lässt er sich das Hätscheln doch wohl noch gefallen. Ida mag ihn einen recht tüchtigen Kuss von mir geben, und bey Zeiten anfangen von mir zu erzählen damit er mich ein bischen lieb gewinnt.

Nun, Gott erhalte Euch gesund und heiter meine lieben Kinder. Ich schike Euch recht von Herzen meinen Segen +++. Schreibt mir bald, und behaltet mich lieb. Tausend Grüsse von den Kindern
     stetsEure treue
Caroline v Weber

Editorial

Summary

möchte ihm für all seine Bemühungen um Weber eine Freude machen und ihm die Euryanthe‑Entwürfe schenken; das Textbuch zu den Pintos hat sie sich von Winkler nochmals geben lassen und schickt es ihm, weil zu mehreren Nummern der Text fehlt, auch soll in Berlin noch eine Kopie der Partitur gemacht werden; Lichtenstein glaubt, dass J. die Oper instrumentieren könnte; spricht sich in höchster Anerkennung für Lichtenstein aus; persönliche Mitteilungen

Incipit

Ich wünschte wohl mein guter Jähns

Responsibilities

Übertragung
Frank Ziegler, Eveline Bartlitz

Tradition

  • Text Source: Dresden (D), Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl)
    Shelf mark: Mscr. Dresd. App. 2097, 26

    Physical Description

    • masch. Übertragung nach dem verschollenen Original (Nr. 27 des Konvoluts)
    • 4 S.

    Corresponding sources

    • Weberiana 27 (2017), S. 62 (Auszug)

    Commentary

    • “… gesprochen. Diesmal wäre das Sprichwort”Sprichwort: Der Horcher an der Wand hört seine eigne Schand.
    • “… von meinem Herzen freundlich annehmen?”Jähns nahm das Geschenk vorerst nur treuhänderisch entgegen; vgl. den Brief vom November 1837. Die autographen Entwürfe zu der Oper gelangten mit Jähns’ Sammlung Weberiana 1881 in die Berliner Königliche Bibliothek (heute D-B, Weberiana Cl. I, 30).
    • “… mehreren Nummern der Text fehlt”Offenbar blieb das Textbuch in Jähns’ Besitz; mit dessen Sammlung Weberiana kam es in die Berliner Königliche Bibliothek (heute D-B, Weberiana Cl. VII, Bd. 26).

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