Carl Maria von Weber an Caroline Brandt in Prag
Dresden, Montag, 14. Juli 1817 (Nr. 66)

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Meine liebe gute Mukkin!

Wenn so ein Brief einen Tag früher komt, kriege ich immer erst einen kleinen Schrek, der freudigen oder ängstlichen Erwartung wegen seines ungewöhnlichen Erscheinens. Gott sei Dank daß Dein lieber No 69. so fröhlichen Innhalts war. bis auf die Unpäßlichkeit der Mutter, die ich aber da sie öfter dergleichen Anfälle hat, hoffentlich unter die vorübergehenden rechnen darf, und es auch gewiß schon ist während ich dieses schreibe. Es wäre gar zu traurig wenn es anderst wäre. in dem kleinen Zimmer, ohne Magd, du arme Lina. Aber warum habt ihr den[n] gar keine Magd? das ist doch die Oekonomie zu weit getrieben.

Ich war recht fleißig diese Tage über, und das ist gut und nothwendig, macht mich auch bei weitem am zufriedensten. d: 11t Probe von Lodoiska, nach Tische Briefe geschrieben. Abends Dichter Thee*T.     d: 12t den ganzen Tag gearbeitet und das erste Duett zu Anfangs des 2t Aktes zwischen den beiden Mädchen, aufgeschrieben*. Mittag im Engel. dann kam H: v: Reichenbach aus Schlesien an, mit dem ich in die ital: Oper gehen muste*. Gestern d: 13t nur 8 Briefe geschrieben. und Nachtische den Aufsaz über Lodoiska, comp: pp von 3 Uhr bis 12 Uhr in einem Strich fort. dann war ich aber auch gehörig müde. Es ist mir ganz flau im Baucherl. einmal des Tags eße ich nur, und die Pillen führen ganz gelinde ab. stärken freilich auch wieder und machen Apettit. der Hals fängt auch an sich etwas zu beßern.

Heute sollte GeneralPr: von Lodoiska sein, und auf einmal kam der Befehl zur Oper nach Pillnitz. da gabs zu laufen und zu rennen, ab und anzusagen pp komt mir sehr ungelegen, denn ich habe heute noch viele Briefe schreiben wollen, die nun wieder einen Posttag verspäten. Aber der Mukkin konnte ich den Schrek nicht anthun, an einem bestimten Posttage keinen zu erhalten. besonders da du ängstlich wegen meiner Gesundheit sein könntest. Also, Puntum die andern müßen warten, denn Muks geht Allem vor.     Ich habe zwar heute keinen Dienst in Pillnitz, aber da die Oper von Morlachi ist*, so muß ich Ehrenhalber mit hinausfahren, und im Schwitzkasten braten. Doch wird es heute nicht so arg sein, denn es ist kühl und regnet tüchtig. Von Berlin ist noch immer keine weitere Antwort gekommen. ich weiß nicht was diese Verzögerung bedeutet. Vielleicht hat Brühl gleich an den König geschrieben. H. Kienlen, du weißt, der blonde KapellMster hat schon an mich geschrieben, und will gerne meinen Plaz hier haben, wenn ich den in Berlin annehme. Wird aber wohl nichts draus werdenT.

Du fragst [ob ich nicht] glaubte daß du für D: stimmen würdest? das […]t nicht recht, vielleicht aber dachte ich wir […] [h]ier als Hausfrau mehr ein kleines Haus […]lin, wie du selbst ganz richtig bemerkst […]lich, daß das lebendige Geräuschvoller […]nnte. Ich bin mit meiner Weisheit […] heißt, ich weis nicht was ich thun soll […] Wenn es sich nicht sehr bald entscheidet […] in dem kleinen Nest, damit ich dir [a]uspakken dergl. in 8 Tagen komt […] [w]ird es bald an die Entscheidung gehn. |

Freilich kann meine Mukkin hier eher eine bedeutende Mode und Ton Person sein, als in Berlin, aber du wirst dort auch nicht zurükzustehen Ursache haben – kurz – wie Gott will.

Ich glaube es wohl daß der arme Dr: oft Nahrungs Sorgen haben mag. das sind die schreklichsten. Es ist gut, sehr gut für dich wenn du dabei vieles anderst machen lernst. Denn Drs: leben sehr häußlich und brauchen doch viel. ich glaube es selbst das vieles vortheilhafter bei ihnen eingerichtet sein könnte.

Wenn Du so einen Zettel bekommen kannst, so wird er mir Spaß machen. Die Leipziger denken d: 24t August anzufangen*. H. Bertold und H. Wehrstädt haben sie angeführt, und kommen nicht. Nun haben sie keinen ersten Baßisten.

Ja meine liebe Mukkin, das ist wohl recht schön daß der Sonntag gestern ein Brieferl brachte, aber was bringt nun der Montag? nitz – und dann muß ich um so länger wieder warten bis zum Donnerstag. Was folgt daraus? daß Err wenn er extra schreibt, doch auch den alten ehrlichen Posttägen kein Leid anthun soll, und ihnen ihr Recht laßen. sonst riskiren die andern Wochentage scheele Gesichter von den alten.     Nun Gott lob ein halber Monat ist abermals vorbey, und ehe wirs uns versehen ist der liebe gute September da. und wenn dieses durchaus so gesegnete Jahr so gut die Weiber gedeihen läßt als es den Anschein vom Weine hat, so will ich noch oft in späteren Jahren, bei einem Gläschen 1817er ausrufen, ja das war das gute Jahr, wo mein Weibchen gedeihte. Also jezt halte dich dazu, laße dich zeitigen von der Sonne der Wahrheit und Erkenntniß, fülle dich mit dem Thau der Geduld und Liebe, damit du unter der Kelter des Ehestandes den hellen klaren Lebenswein giebst, der verjüngt, stärkt und beglükt.     So soll es sein. gelte?

Nun ade, Mukkin, muß freßerln gehn, habe auch tüchtigen Hunger, und um 2 Uhr gehts schon fort. Gott segne dich + + + erhalte dich Gesund, und schenk der Mutter die Gesundheit wieder. viele Grüße an Dr: und Kleinwächters. Sey brav, behalt mich lieb, und gieb Millionen Bußen, deinem dich innig treu liebenden Carl. ade! ade! ade!

Editorial

Summary

über seinen Tagesablauf u. erledigte Arbeiten; Dichtertee; Arbeit am Duett im Freischütz, II. Akt u. Lodoiska-Aufsatz; überraschender Auff.-Befehl für Pillnitz; wartet noch auf Antwort aus Berlin, Anstellung betr.; wägt Vor- u. Nachteile eines Umzugs ab; über Leipziger Bühne

Incipit

Wenn so ein Brief einen Tag früher komt, kriege ich

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Mus. ep. C. M. v. Weber 108

    Physical Description

    • 1 Bl. (2 b. S. o. Adr.)
    • Textverlust durch abgerissene Ecke
    • Rötel- und Bleistiftmarkierungen von Max Maria von Weber

Text Constitution

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  • “a”supplied by the editors
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Commentary

  • “… Briefe geschrieben. Abends Dichter Thee”Laut Tagebuch bei A. L. Herrmann.
  • “… zwischen den beiden Mädchen, aufgeschrieben”Der Freischütz, Duett Nr. 6 (Agathe, Ännchen).
  • “… die ital: Oper gehen muste”Gegeben wurde Le donne cambiate.
  • “… die Oper von Morlachi ist”Am 14. Juli 1817 wurde Morlacchis Oper La capricciosa pentita zum ersten Mal gegeben.
  • “… d: 24 t August anzufangen”Das neu gegründete Leipziger Stadttheater wurde am 26. August 1817 mit einem Prolog von Mahlmann, gesprochen von Regisseur Wohlbrück, sowie Schillers Braut von Messina eröffnet.

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