Carl Maria von Weber an Hinrich Lichtenstein in Berlin
Dresden, Montag, 7. März 1825

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S: Wohlgebohren

dem Herrn Profeßor

Dr: Hinr: Lichtenstein

Director des zoologischen Museums

zu

Berlin

Ich koste dich heute unnüzzes Porto, lieber Bruder! da ich aber Zeit habe, kann ich es nicht übers Herz bringen einen Brief von dir unerwiedert zu laßen.      Noch immer hüte ich das Zimmer, habe ein Pflaster um den Hals das unzähliche kleine Blasen zieht. u: s: w: nicht eben der angenehmste Umstand. Hedenus will aber dieser Halsgeschichte einmal auf den Grund, und mir scheint es auch nöthig. übrigens fühle ich mich nicht krank, obgleich nicht ganz in der unbefangnen Stimmung um mit Erfolg arbeiten zu können.      doch habe ich 2 Stükke zum Oberon entworfen*.      Von London immer noch keine Antwort auf meinen Brief der das Verschieben der Oper ankündigte. Sonderbar.

Dein lieber Brief hat uns sehr beruhigt. Gottlob daß alles so gut geht. Bei uns geht es auch immer gut, Husten und Schnupfen im ganzen Hause abgerechnet.      Ganz gewiß wird sich Vict: beßer befinden wenn Sie Luft und Bewegung genießt, und daß wir gegen die gute Jahreszeit zurükken ist auch ein großer Vortheil.      ich werde wohl mit dem ersten grünen Laub wieder aufs Land ziehenT. diese Wohlthat für die Kinder ist zu augenscheinlich.

Gewiß ist die Jessonda ein achtbares Werk. Wenn man sich nehmlich von dem Maaßstabe enfernen kann, den Spohr selbst in dem Aufsazze in der Musik: Z: vor Jahr und Tag, dazu gab*. — — daß er mich nicht sonderlich liebt, weiß ich, obwohl ich vielleicht derjenige bin der ihm in seinem Leben die wichtigsten Dienste geleistet hat*.      daß er sein Orchester mit dem unsrigen vergleicht, ist lächerlich, und beurkundet seinen ungemeßnen Dünkel. Nun, wohl ihm. Solche Leute sind glüklich, denn sie sind mit sich zufrieden.      J: P: Schmidd hat mir geschrieben daß Alcidor im May gegeben werden solle. Sp: dann auf 9-11 Monate verreise, und Euryanthe d: 3t August dran käme*.

Wenn die Vordersäzze richtig wären, möchte es der Nachsaz auch sein. du hast wohl Brühl lange nicht gesprochen. ob er sehr empfindlich ist über das Ablehnen des Makbets?*

Cussy kömt um 11 Uhr zu mir um den Colère d’Achille vorzulesenT. ich werde ihn von dir grüßen. ist er verläßig? mir scheint er sorgt für seine Freunde in Frankreich, und eben nicht sonderlich oder nur nebenbei für mich.      die Aussicht die du mir giebst meinen innigen Wunsch dich einmal wieder zu sehen erfüllt zu wißen, macht mich ganz glüklich. Halte nur fest daran.

     Nun Punktum für heute. Lina grüßt herzlichst mit mir Frau und Kind. Immer in treuer Liebe dein Weber.

Editorial

Summary

arbeitet trotz anhaltender Krankheit am Oberon, obwohl von London noch keinerlei Antwort da ist; Privates; über Spohr und Jessonda; über die Berliner Verhältnisse und die geplante Euryanthe-Aufführung sowie die geplante französiche Oper und Cussy

Incipit

Ich koste dich heute unnüzzes Porto

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: In Privatbesitz

    Physical Description

    • 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
    • Siegelrest
    • PSt: DRESDEN | 7. März 25.

    Provenance

    • Stargardt Kat. 680 (23./24. Nov. 2004), Nr. 994 mit Teilfaks. (1v)
    • Stargardt Kat. 617 (1979), Nr. 861 mit vollst. Faks S. 271

    Commentary

    • “… 2 Stükke zum Oberon entworfen”Vgl. die Tagebuchnotizen vom 27. Februar (Abschluss des Entwurfes von Nr. 5) und vom 5. März 1825 (Entwurf der Nr. 1).
    • “… Jahr und Tag, dazu gab”Vgl. Spohrs Aufruf an deutsche Komponisten, in: AmZ, Jg. 25, Nr. 29 (16. Juli 1823), Sp. 457–464.
    • “… die wichtigsten Dienste geleistet hat”Neben der Uraufführung des Faust, die Weber in Prag durchsetzte (1. September 1816), spielt er vor allem auf die Vermittlung der Kasseler AnstellungT an.
    • “… 3 t August dran käme”Die Aufführung verschob sich bis zum 23. Dezember 1825.
    • “… das Ablehnen des Makbets ?”Vgl. dazu Webers Brief an Brühl vom 27. Januar 1825. Weber hatte die Komposition der Musik zu Macbeth abgelehnt, da er durch den Oberon ganz in Anspruch genommen sei und „auch täglich einen Operntext aus Paris erwarte“ (vgl. auch Carl Maria von Weber an Hinrich Lichtenstein vom 13. Januar 1825).

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