Caroline von Weber an Carl Maria von Weber in London
Dresden, Mittwoch, 8. und Donnerstag, 9. März 1826

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To charles Maria v. Weber

No 91 gr: Portland Street.

Portland Place.

by Sir george Smart

London

erhalten London d. 20t März 1826.
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durch No. 12.

Mein innigst Geliebter theurer Carl! Deine 3 lieben Briefe von Paris No 5. 6. 7. haben mir unentliche Freude gemacht. Gott sey gedankt der Dich bis dahin so gnädig beschützte! er wird es auch ferner thun, und Dich für die Deinigen die Dich so unentlich lieben, noch lange lange erhalten. Das Dich die Pariser freundlich empfangen würden, war wohl voraus zu sehen, doch ist der Weihrauch eine Art von Speise, die zu Deiner Existens nöthig ist. Du magst nun auch sagen waß Du willst. nun laß Dich nur recht einräuchern!, aber laß Dir noch mals die herzliche Bitte deiner Lina aufs Her Dringenste entfehlen: nehmlich: nicht zu einer bestimten Zeit eine Oper für Paris zu versprechenT. Nur ein Jahr lebe einmal ruhig, und ein bißel für uns, dann will ich ja sogar nach Paris mit gehen besonderst da das Klima Dir so gut zu bekomen scheint: Laß Deinen dumen Husten in England, das ist das beste Geschenk was Du mir mitbringen kanst. Hofendlich hast Du bester Carl meinen Brief No 5 mit der Nachricht des geretteten Geldes, von Ballabenen erhalten? wer hätte denken sollen das Ballabenes einen solchen Banquerott hätten machen können. — Doch danken wir Gott daß unser Verlust nur die Zinsen betreffen kann. Der arme Mann der mir das Geld auszahlte, wird leider die hälfte einbüsen.      Jetzt werde ich wohl so bald keinen Brief wieder von Dir erhalten, wenigstens verspreche ich Dir mich nicht zu ängstigen, wenn er lange ausbleibt, überhaupt kann ich Dir versichern das ich brav bin, und es auch ferner sein werde. Mit meinen Husten geht es seit ein paar Tagen beßer, auch die Buben sind gott lob! kreuz wohl auf, und Alex wird jeden Tag liebenswürdiger, auch Max ist brav, und ist nur selten unartig[.] Es würde Dich rühren wenn Du die beiden lieben Kerls morgens siehst, wie ihr erster gang zu Deinen Bilde ist, um den Vater guten Morgen zu sagen. Der Kleine ruht nicht ehr, bis man ihn so hoch hebt, daß er Dein Bild küßen kann. Es ist ein recht großes Glük daß die Kinder so wohl sind.      Mit Rothe geht es recht gut, er wird wohl nächstens ausgehen, und darauf warte ich recht mit Schmerzen, denn er ist doch der Treuste von allen, mit dem ich so recht von Herzen von Dir plaudern kann. Diesen Brief erhälst Du nun wohl erst kurz vor der Oper — ach möge er Dich zufrieden finden!! ja in Paris eine Oper auf zu führen muß nach Deiner Beschreibung ein großes Vergnügen sein, aber in die Londner Mittel setze ich einiges Mißtraun. Um Gottes willen ärgere Dich nur nicht; es mag ausfallen wie es will; der alte Böttiger erkundigt sich fleisig nach Dir, es geht ihm gut, er ist schon ein paar mal in unsern Wagen | spazieren gefahren. Wäre es nur schon so weit daß ich nach Hosterwitz könnte, ich sehne mich recht danach. Rothe hat mir schon gesagt Du habest ihm aufgetragen mich recht herum zu schleppen, und so viel ich kann will ich auch gern laufen, denn ich fühle: Bewegung thut mir recht noth. Wirst Du die Euryanthe auf Deiner Rükreise über Paris dort aufführen? Das wäre wohl gut, obgleich wir Dich dann wohl noch ein paar Monate länger entbehren müsten. nun ich habe mir gleich gedacht daß Du unter 6 Monaten nicht zurük komen wirst, und so wirds wohl auch werden. wenn Du nur gesund bist, und es Dir gut geht dann will ich gerne arüber nicht murren.

Doch für heute nun Ade. ich darf den Brief doch erst morgen abschiken sonst kommt Dir das Porto doch wohl zu dik. nun, geliebter Muks leb wohl ich küße Dich 1000mal, Du guter guter Mann.

Den 9ten Morgens

Guten Morgen mein lieber Alter! ich habe heut Nacht einmal geschlafen wie ein Sack, und der Tag hat sich auch gleich mit etwas Guten angefangen, nehmlich mein Oberbein* ist eben zerplatzt. Ich wollte mir mein Kleid zu binden, dabey verdrehte ich die Hand ein wenig, auf einmal knallts, und das Ding ist weg. nun thut mir zwar die Hand und der Arm ein bißel weh, aber das vergeht sicher bald, und ich bin herzlich froh, daß ich den dumen Knuppel los bin.

Wie mag es Dir gehen mein Geliebter! villeicht dirigierst Du heute schon ein Oratorium*. um 7 Uhr gebe ich Dir gute + + +, denn dann wird’s wohl angehen. Ach daß die Briefe so langsam gehen daß man so gar nicht mit seinen Gedanken folgen kann. Uiberhaupt ist daß recht peinlich Dich so ganz in andern Verhältnißen in anderer Lebens Ortnung zu wißen, ich kann Dir nicht: guten Morgen, nicht guten Mittag und Abend wünschen. bey Euch geht das Leben erst an, wenn wir zu Bett gehen. Das geschieht gewohnlich um 9 Uhr. Dann denke ich noch ein halb Stündchen an die Männe, gebe ihm Kreuzel und schlafe im beten für ihn ein. Besuch habe ich alle Abend die ganze Stube voll, so daß es mir oft zu viel wird, aber sie meinen es alle gut. Gestern vorgestern ist wieder ein Stük ausgepfiffen worden (Pferd und Wagen)*. und Gestern ist die Ballazesi in der Vestalin so steken geblieben, daß eine Pause von 5 Minuten entstand*. Mit der Dewrient geht es beßer doch ist sie noch sehr schwach. Der gute Lüttigau hat mich wieder besucht, er grüßt Dich herzlich.

Die Austern haben also der Männe gut geschmekt? nun iß | nur brav für mich mit, denn ich habe jetzt guten Appetit[.] Vergiß nur ja nicht mein Alter mir gleich zu schreiben, ob Du dem Keller das Geld geben willst, daß alles sicher und ortendlich gemacht wird darauf kanst Du Dich verlaßen denn Rothe und Engelhard sind nur zu ängstlich. Alle halten so eine erste Hipotek noch für das Sicherste, und ohnmöglich kann ich nach Hosterwitz ziehn, wenn das Geld noch im Hause ist. Ich habe es in den Schwarzen schreibschrank gethan, und diesen in meine kleine Stube stellen laßen damit. Damit aber alles ganz sicher ist, schlafe ich jetzt in Deinen Bett. Du wirst lachen über meine Angstlichkeit aber: beßer verwahrt als beklagt. Du irrst Dich mein Alter wenn Du glaubst ich würde von Deiner Besoldung Schätze sameln, gegen 50 Thaler extra Ausgaben habe ich schon bisher gehabt, dem Briefträger allein 7 Thaler. Ja es thut mir in der Seele weh wenn das Geld so flicht, aber es geht nun einmal nicht anderst.

Johan und Marie haben sich recht über Deinen Gruß gefreut. die Leute sind bis jetzt alle brav, und ich habe nicht den mindesten Verdruß: Die Mukin ist recht fleisig, schon der ganze Jahrmarkts Einkauf ist vernäht, und auch mein schöner Berliner Uiberrok ist bald fertig. Da aber nun das hübsche Wetter kömt, wollen mich die Leute nicht viel sitzen laßen, und ich muß laufen und fahren. ob das Wetter bey Euch jetzt auch hübsch ist? hier ist es doch immer sehr windig dabey. Wie weit magst Du wohl mit Deiner Oper fertig sein*, ach wenn ich nur das wüste. Es ängstigt mich immer wenn ich denke wie Du Dich wirst hetzen müßen. Um alles in der Welt strenge Dich nur bey den Proben nicht so sehr an, damit Du deinen Hals nicht so fatigierst. Doch Du wirst auch brav sein, und an Weib und Kinder denken. Gott segne Dich mein geliebter theurer Carl. möge Dein Bemühen so gekrönt werden als es Deine Lina wünscht.

Ich küße Dich 1000mal und drüke Dich mit unentlicher Sehnsucht an mein Herz. + + + ewig Deine Treue Lina Herzliche Grüße von allen Freunden

Apparat

Zusammenfassung

geht nochmals auf das gerettete Geld bei Ballabene ein und erbittet seinen Vorschlag deswegen, persönliche Mitteilungen über ihre Befindlichkeit und die Kinder

Incipit

Deine 3 lieben Briefe von Paris No 5,6,7

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ep. Caroline von Weber 6

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S. einschl. Adr.)
    • mit Empfangs- u. Beantwortungsvermerk Webers
    • Siegelrest
    • PSt.: a) DRESDEN | 9. März 26 b) F P O | MR: 20 | 1826

Textkonstitution

  • „Her“durchgestrichen
  • „entfehlen“sic!
  • „Gestern“durchgestrichen

Einzelstellenerläuterung

  • „… Guten angefangen, nehmlich mein Oberbein“Ganglion oder Überbein ist eine Weichteilgeschwulst, die sich u. a. an Fingern entwickelt.
  • „ein Oratorium“Das Oratoriums-Konzert fand einen Tag später, am 10. März, statt.
  • „… ( Pferd und Wagen )“Die einaktige Posse Pferde und Wagen oder Die Gastfreundschaft von Theodor Hell erlebte nach der Uraufführung am 7. März 1826 in Dresden keine Wiederholung.
  • „… Pause von 5 Minuten entstand“M. Palazzesi sang die Giulia, daneben wirkten A. Buonfigli (Licinio), R. Pesadori (Cinna), A. Zezi (Gran Pontifice), F. Funk (Gran Vestale) und E. Pollack (Capo degli Aruspici / Console) mit. Laut Tagebuch der deutschen Bühnen, Jg. 11, Nr. 3 (März 1826), S. 100 wurde das Werk „Mit Beyfall“ aufgeführt.
  • „Wie weit magst … Oper fertig sein“Weber vollendete seinen Oberon erst kurz vor dessen Uraufführung am 12. April 1826.

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