Giacomo Meyerbeer an Minna Meyerbeer in Baden-Baden
[Paris, Samstag, 4. oder Sonntag, 5. Juni 1836]

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Theures angebethetes Weib!

Ich schreibe Dir diese Zeilen bloß um Dir anzuzeigen daß sich unsre Abreise noch um einige Tage verschieben wird. Daran ist zum großen Theil die Antwort des Hofraths Winkler aus Dresden (Theodor Hell) Schuld. Du weißt er ist der Vormund der weberschen Kinder, und zugleicherzeit der Autor der 3 Pinto’s die ich schon solange beendigen sollte. Ich habe mir da die Sache doch nun einmal geschehen muß ein Herz gefaßt, und will freiwillig und gleich an das Werk gehen, welches ich doch tot ou tard machen müßte. Da aber Weber so gut gar wenig Manuscript hinterlassen hat, daß es kaum 2/3 eines Aktes ausmacht, mithin 9/10 der Arbeit auf mich fällt, es also so gut wie eine neue Oper wird, | so will ich wenigstens ein gutes Sujet haben und es zuerst in Paris oder wenigstens zugleicherzeit in Paris und Dresden geben. Nun aber sind die 3 Pinto’s die ich erst hier mir von Winkler lesen ließ das albernste dümmste Zeug der Welt. Ich muß also von einem französischen Dichter einen guten Stoff erlangen, der zugleicherzeit so eingerichtet ist daß Webers schon gemachte Musikstücke dahinein passen, und ferner von diesem Dichter und der Direktion der komischen Oper wo das Werk gegeben werden soll die Erlaubniß erlangen, daß es zugleicherzeit in Dresden und Paris, oder vielleicht gar noch früher als in Paris, in Dresden ans Licht treten darf. Damit gehen wir nun um. Ich hatte schon einen Dichter und ein Werk welches diese Bedingung erfüllte, allein Winkler ist mit dem Stoff n[icht zu]frieden. Auf jeden Fall aber h[indert] dieses die Abreise nicht auf lange, [denn] wenn nichts zu Stande kommt lasse ich es bis zu meiner Rückkehr nach Paris.

Verzeihe dieses Gekritzel. Ich schreibe es in Eile bei Cremieux wo ich eine Procuration machen lasse die während meiner Abwesenheit eine Intrigue verhindern soll womit man (wie man mir gesteckt hat) H[alévy] und R[ossini] den großen eclatanten Succes unserer Hugenotten zu schaden gedenken.

Adieu Abgott. Ich träume von nichts als Dich im Nachtpeignoir und das Madras Bonnet auf Deinem lieblichen Köpf Köpfchen gegen 11 Uhr Nachts etwa [zu sehen]. Küsse unser Kind für das ich herrliche Sachen mitbringe. Dein
ewig verliebter Mohr

Apparat

Zusammenfassung

ihre Abreise müsse sich noch verschieben, da er mit Winkler wegen der Pintos gesprochen habe und nun gleich daran gehen müsse; 9/10 der Arbeit falle auf ihn, sodass es fast eine neue Oper werde; dafür sei aber das Textbuch zu albern, er müsse von einem Franzosen einen guten Stoff erhalten und Webers Musikstücke einpassen; seine erste Idee stoße nicht auf Winklers Gegenliebe

Incipit

Ich schreibe Dir diese Zeilen bloß um Dir anzuzeigen

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: N. Mus. Nachl. 97, J/180

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (3 b. S. o. Adr.)
    • Textverlust durch Siegelausriss

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Becker (Meyerbeer), Bd. 2, S. 531

Textkonstitution

  • „gut“durchgestrichen
  • „man“durchgestrichen
  • „Köpf“durchgestrichen

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