Carl Maria von Weber an Friederike Koch in Berlin
Dresden, Montag, 4. August 1817

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An

Mademoiselle

Friederike Koch

Wohlgebohren

zu

Berlin

Charlotten Straße

No: 11a

Ich antworte Ihnen heute nur wenige Zeilen, damit Sie nicht glauben ich wolle Repreßalien mit dem langen Nichtantworten brauchen. Ich habe nehmlich erst Gestern Ihren lieben freundlichen Brief vom 18t July durch H: Schmidt erhalten, dem ich hier so nüzlich zu sein suchen werde als in meinen Kräften steht, befolgend alle Ihre Aufträge im Falle der Noth. Die Stimmung in Ihrem Briefe beruhigt mich in etwas. Es ist die gewiße Resignation und wahre Faßung darinn die am Ende jeder feste Charakter in den Weltstürmen erhalten muß. Wir sind einmal zum dulden und tragen da unten hergesezt, und wohl uns wenn wir gehörig geläutert von der Probe komen. Ich bin seit einiger Zeit verstimter. Theils die Ungewißheit meiner Lage, die obwohl in keiner Hinsicht beunruhigend, blos durch eben die Unentschiedenheit quält, gröstentheils aber aus körperlichen Ursachen, ein fortwährendes Halsweh, und eine unglaubliche Reizbarkeit machen mich unbehaglich, und finster. die Geistigen Anstrenungen, durch Kunstfleiß und manches trübe LebensJahr herbeigeführt, zahlen endlich mit dieser Münze.

Auf den Stuhl freue ich mich sehr*, in diesem Monat wird es sich wohl entscheiden ob Sie mir ihn herschikken oder in Berlin übergeben werden. die Sache mit Brühl ist zwar eigentlich ganz abgeschloßen bis auf mein leztes ja, aber der Brandt des alten Koffers* kann doch wohl andere Umstände herbeiführenT. Wie Gott will. auf Rosen ist man beim Theater nirgends gebettet. Was meine hiesigen Verhältniße sind, darüber einst mündlich, jezt nur so viel, daß ich gar nicht allein stehe, sondern sehr Kabalensüchtige und Ränkelustige unwißende Menschen neben mir habe*. Lichtenstein hat mir nun endlich auch geschrieben, und ich bitte ihm die Einlage zu übergeben. Wegen dem H: Schirmer werde ich mich erkundigen und Ihnen berichten was an der Sache ist. Immer näher rükt Gottlob die Zeit die mich mit meiner guten Lina vereinigen soll, erfüllen Sie ja dann bald Ihr Versprechen zu uns zu kommen.

Viele Bekannte kommen hier immer durch, und es freut mich zu sehen wie sehr alle Antheil daran nehmen mich in Berlin zu wißen. Mad: Ebers wird mir vielleicht sogar eine Wohnung in Ihrem Hause unter den Linden geben können*, wenn — es erst so weit ist.

Nun behüte Sie der Himmel schenke Ihnen Heiterkeit, Ruhe und Kraft, halten Sie Wort und schreiben Sie bald wieder, Sie wißen wohl wie sehr Sie mich damit erfreuen, 1000 Grüße an alle Bekannten und Freunde. Immer wie immer
Ihr treuer Freund
vWeber

Apparat

Zusammenfassung

werde sich für den Überbringer des Briefes, Herrn Schmidt, nach Kräften einsetzen; klagt über Kränklichkeit und gereizte Stimmung durch anhaltende Ungewissheit in Bezug auf Berlin; klagt über „kabalensüchtige“ Kollegen in Dresden

Incipit

Ich antworte Ihnen heute nur wenige? Zeilen

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. II A e, 18

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. ( 2 b. S. einschl. Adr.), Siegelspur und -loch

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Virneisel/Hausswald, S. 82–83

    Einzelstellenerläuterung

    • „… Stuhl freue ich mich sehr“Den bestickten Stuhlbezug erhielt Weber laut Tagebuch am 12. Februar 1818; vgl. auch den Brief an Friederike Türcke vom 9. März 1818.
    • „… der Brandt des alten Koffers“Spottname für das alte Langhans’sche Schauspielhaus in Berlin, das am 29. Juli 1817 abgebrannt war.
    • „… unwißende Menschen neben mir habe“Zum Verhältnis Webers zum italienischen Hofoperndepartement in Dresden vgl. Weber-Studien 8, S. 70–73.
    • „… unter den Linden geben können“Laut Berliner Adressbuch auf 1818/19 (S. 72) lebten Victor und Seraphine Ebers Unter den Linden Nr. 15.

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