Carl Maria von Weber an Adolph Martin Schlesinger in Berlin
Hosterwitz, Mittwoch, 8. Juli 1818

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S. Wohlgebohren

Herrn A. M. Schlesinger

zu

Berlin

Geehrter Freund!

Sie haben sehr Recht wenn Sie sich durch nichts irre machen laßen, und ihren geraden Weg fortgehen. ich glaube es gerne daß der Neid über das Aufblühn Ihrer Geschäfte Ihnen manches Hinderniß geben muß. Ich hielt es für meine Pflicht Ihnen zu sagen was mir darüber zu Ohren gekommen war.

Die Ruhe auf dem Land thut mir sehr wohlT, und nach dem ich jezt die dringendste rükständige Correspondenz besorgt beinah habe, werde ich mit Lust an meine weiteren Arbeiten gehn, wo natürlich die Ihnen schuldigen die ersten sind. Was das Horn Concertino betrifft, so glaubte ich aus Ihren Äußerungen zu sehen daß Sie so wie für das Harmonichord Concertino Etwas Anderes wünschten, und habe deßhalb anderweitig darüber disponirt, da ich zugleich glaubte Ihnen einen bedeutenden Gefallen zu erzeigen wenn ich Ihnen dafür einen [um] so vieles gangbareren Artikel das Rondo Galant* gäbe.      Laßen Sie mich offen wie immer mit Ihnen sprechen.      Sie wünschen alle meine Werke zu verlegen, aber Ihre Verhältniße und Bedürfniße bringen es doch oft mit sich daß sie das nicht können.      So haben Sie mir den KlavierAuszug des Abu Hassan, 3 andere große Arien* pp abgelehnt, was ich begreifflich fand, und keinesweges ungehalten darüber war. Nun sehe ich aber nicht ein warum ich diese Sachen als todtes Capital liegen laßen soll wenn andere sich darum bewerben, und Sie sind zu billig das nicht auch zuzugeben und einzusehen.      Nun ist es aber auch begreifflich daß andere die diese Artikel nehmen auch gangbare haben wollen.      die habe ich nun freilich jezt nicht. werde ich sie aber immer verweigern können? Was dem einen Recht ist dem andern billig, und um das Harmonichord Conc: Zum Beyspiel honorirt zu sehen, muß ich natürlich etwas Gangbareres dazu geben.      Glauben Sie ja nicht mein lieber H: Schlesinger daß ich dadurch im Mindesten mich von Ihnen lossagen will, ich habe alle Ursache mit Ihnen zufrieden zu sein, und wenn ich auch mit Andern in Verbindung treten sollte, so ist ja eigentlich nur das die Ursache, was sie selbst nicht zu verlegen wünschten.

Ueber das Honorar der Volkslieder und Etuden werden wir wohl bald einig werden.       Erst vollende ich die Ihnen schuldigen Werke*.

Meine Meße darf ich leider nicht herausgeben da sie das Eigenthum S: Majestät des Königs ist.       H: KapellMeister Danzi, will Ihnen SingUebungen für 6 Fried:dor überlaßen*, haben Sie die Güte sich nun direkt an ihn zu wenden. Seine Adresse ist an des Großherzogl: Badenschen HofKapellMeister Franz Danzi in Carlsruhe. Er hat noch verschiedenes für Sie*.      Wegen denen Msc: der Frau Hof: Rupius in Gotha haben Sie mir nicht geantwortet*.

Meine Frau dankt freundlichst für Ihre Errinnerung. Besuchen Sie uns doch einmal hier in Dresden. der Himmel erhalte Sie Gesund und glauben Sie mich immer Ihren aufrichtigen Freund C:MvWeber

Apparat

Zusammenfassung

bei der Ruhe auf dem Lande will er seine Kompositionsschulden abtragen; über Kontakte mit andern Verlegern: hat Hornconcertino u. Harmonichord-Concert bloß weitergegeben, weil Schlesinger sich nicht dafür interessiere; stellt ein „Rondo galant“ in Aussicht; seine Messe dürfe er nicht herausgeben, da sie Eigentum des Königs sei; empfiehlt ihm Singübungen Danzis

Incipit

Sie haben sehr Recht wenn Sie sich durch

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: 55 Ep 1439

    Quellenbeschreibung

    • 2 b. S. einschl. Adr.
    • auf der Adressenseite (links von der Anschrift) Vermerk des Verlages: 1818 / Hosterwitz / C. M. v. Weber | d | 8 | 7 | d 18 | beantw.
    • Poststempel: DRESDEN/ 9. JULI (Jahr nicht lesbar)
    • rechts von der Adresse eine Registriernummer: N: 796
    • Der Brief ist dilettantisch restauriert, Risse sind mit Klebeband (Tesafilm ähnlichem) repariert, dennoch sind noch Löcher vorhanden, auch eine Siegelspur.

    Provenienz

    • Schneider Kat. 369 (1998), Nr. 478, mit Faks.
    • Schneider Kat. 332 (1992), Nr. 136, mit Faks.
    • Charavay, Noel: Bulletin No. 564 (Jan. 1924), Nr. 98572
    • Henrici Kat. 80 (29.-30. 11. 1922), Nr. 640

    Einzelstellenerläuterung

    • „… gangbareren Artikel das Rondo Galant“Das Horn-Concertino op. 45 hatte Weber per Vertrag vom 19. Juni 1816 Schlesinger zugesprochen, dann aber im Frühjahr 1818 an Peters verkauft. Als Ersatz erhielt Schlesinger laut Tagebuchnotiz vom 26. August 1819 das Rondo brillante op. 62.
    • „… Hassan, 3 andere große Arien“Gemeint sind wohl die Einlage- bzw. Konzertarien op. 52, 53(I) und 56, die alle später von Schlesinger publiziert wurden. Op. 56 erwarb Schlesinger von Weber zum Druck per Vertrag vom 11. August 1819 (erschienen im Januar 1825), op. 52 und 53(I) erst am 10. Oktober 1822 (op. 53 erschien ebenfalls im Januar 1825, op. 52 erst 1827).
    • „… ich die Ihnen schuldigen Werke“Laut Tagebuchnotiz vom 26. August 1819 sandte Weber das Trio op. 63 und die vierhändigen Pièces op. 60 an Schlesinger; diese Werke waren Bestandteil des Verlagsvertrages vom 10. Januar 1817 und wären eigentlich bis zum 1. März 1817 an Schlesinger zu liefern gewesen.
    • „… SingUebungen für 6 Fried:dor überlaßen“Diese Reaktion Danzis dürfte jener Brief enthalten haben, den Weber laut Tagebuch am 25. Juni 1818 erhielt.
    • „… hat noch verschiedenes für Sie“Schlesinger annoncierte Danzis Neue Singübungen für den Sopran op. 50 in zwei Heften (VN: 586 bzw. 587) als „so eben erschienen“ u. a. in: Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen, Jg. 1819, erste Beilage zu Nr. 5 (12. Januar).
    • „… haben Sie mir nicht geantwortet“Vgl. Webers Brief an Schlesinger vom 28. Mai 1818; die Offerte scheint ohne Erfolg geblieben zu sein.

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