Carl Maria von Weber an Georg Friedrich Treitschke in Wien (offizielles Schreiben) (Entwurf)
Dresden, Montag, 17. Dezember 1821

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An den Regißeur des K: K. Hoftheaters an d. Kärnth[ner]thor H: Treitschke in Wien.

Ew: W: geehrte Zuschrift vom 7t huj: Namens der löbl: Administration der K: K: Hoft: an d. K: habe die Ehre durch folgendes zu erwidern.

ad 1.) Werde ich baldigst das mir von einem rühmlichst bekannten Dichter Talent gefertigte Buch einsenden und das Honorar dafür anzeigen*.

ad. 2) bei meinen vielen früheren Reisen habe ich den Maaßstab von 1 # per Station zu 2 Meilen im Durchschnitt als genügend gefunden, da ich einen eignen Wagen habe und nur 2 Extrapostpferde braucheT. dieß würde hin und zurük die Summe von 60 # betragen. Außerdem würde ich um eine anständige freye Wohnung während meines Aufenthaltes in Wien bis nach der ersten Aufführung der Oper, ersuchen.

ad. 3) Muß ich bemerken daß ich diesen Punkt nicht verstehe in irgend einem Verhältniß zu dem für den Freyschützen bezogenen Honorar muß das neue allerdings stehen. der Freyschütze war aber für Berlin geschrieben, und daher dort weit höher Honorirt. überhaupt erlaube ich mir folgendes über diesen Punkt zu bemerken.

H: Roßini wird die Ehre haben die erste itali: eigends für Wien bestimmte Oper zu schreiben*. Für die deutsche Oper wird mir die gleiche Ehre zu Theil.      H: Barbaja wird als Kunst und casseliebender Mann beide Kunstzweige gewiß mit gleichem Eifer pflegen: ich darf also hoffen daß dem deutschen Künstler nicht geringere Vortheile, als dem italischen geboten werden. Es liegt außer meiner Denkungsweise mir selbst einen Plaz anweisen zu wollen, Ich muß wünschen sehr hier nicht mißverstanden oder verkannt zu werden so sehr ich alle vergleichende Zusamenstellung oder daraus hervorgehende Würdigung in der reinen Kunstwelt für meist unstatthaft halte, so glaube ich doch daß sobald Zusamenstellungen dieser Art ins wirkliche Leben eingreiffen, man es gleichsam der Corporation deren Theil worden ist von der man ein Theil ausmacht, schuldig ist, ihr keiner andern gegenüber nichts vergeben zu laßen.

ad: 4) das mir verbleibende Eigenthums Recht der Partitur und des Buchs, kann allerdings in Bezug auf das von mir ad 3) Geäußerte, eine Verminderung des Honorars veranlaßen, in so fern nehmlich wie ich vorausseze H: Roßini italienischer Sitte gemäß sein Werk dem H: Impressaria gänzlich überläßt.

Das Werk das ich für Wien zu schreiben gedenke wird eine ganz große Oper mit Ballet pp sein.      Ich glaube daher durch den Vorschlag eines […] Honorars selbst vorschlage, und dieses von 300 # Nichts den Verhältnißen der Kaiserstadt nicht Unangemeßenes auszusprechen.

ad 4) das ich das volle Eigenthums Recht meines Werkes zu behalten, ist, ganz meinem Wunsche gemäß.

ad: 5) die Aufführung Anfangs July 1822 schon zu bewerkstelligen ist mir unmöglich. Es muß mir vor allem andern daran gelegen zu sein, das Werk so gediegen zu liefern als meine Kräfte es mir erlauben. Meine DienstVerhältniße rauben mir viele Zeit.

Noch ist das Gedicht nicht vollendet. Noch kann ich nicht wißen welche Anstände man in Wien daran finden kann, obwohl ich hoffe alles vermieden zu haben, was sie erzeugen könnte.      Ich muß durchaus um mir das freie Entfalten der Stimmung zur Arbeit zu sichern, erst gegen Anfang des Herbstes 1822 mein Ziel vor Augen haben. Schreitet mein Werk schneller vorwärts, so werde ich immer 2 Monate vordeßen Beendigung mit Bestimtheit den Zeitpunkt seiner Aufführung anzeigen können.

Es sind bereits 11 Jahre daß ich Silvana vollendet habe*. ich darf hoffen von ihr bis zum Freischützen vorwärts geschritten zu sein; um desto mehr muß ich mich vor Rükschritten in der Gunst des Wiener Publikums hüten, und darf ehe es mir gelungen ist diese fester begründet zu haben diese mir so theure Gabe nicht für frühere Versuche, die natürlich unreifer als die jezigen sein müßen, auchin Anspruch nehmen. ich muß also die Ehre der Aufführung dieser Oper vor der Hand noch dringend verbitten*.

In Erwartung einer baldigen geneigten Antwort habe ich die Ehre hochachtend zu sein E: W: ergebener Diener CMvWeber

Apparat

Zusammenfassung

betrifft Euryanthe-Auff.; er will 1) bald das Textbuch einsenden; 2) Honorar für Fahrt u. Unterkunft; 3) ein Honorar, das dem Rossinis entspreche; 4) das Eigentumsrecht an der Oper behalten; 5) eine Auff. erst im Herbst 1822, da er durch Dienstgeschäfte nicht früher fertig sein könne

Incipit

Ew: W: geehrte Zuschrift vom 7t huj: Namens

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Entwurf: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6 (XI), Bl. 75b/v

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • MMW II, S. 367–369 (ohne die Streichungen des Entwurfs)

Themenkommentare

Textkonstitution

  • „von“über der Zeile hinzugefügt
  • um„[…] für“ überschrieben mit „um
  • „anständige freye Wohnung … Oper, bitten ersuchen.“am Rand hinzugefügt
  • ersuchen„bitten“ durchgestrichen und ersetzt mit „ersuchen
  • verstehe„klar finde“ durchgestrichen und ersetzt mit „verstehe
  • das neue„es“ durchgestrichen und ersetzt mit „das neue
  • „… dort weit höher Honorirt .“von hier bis gänzlich überläßt nachträglich gestrichen
  • „casse“unsichere Lesung
  • Es liegt außer meiner Denkungsweise mir selbst einen Plaz anweisen zu wollen,durchgestrichen
  • „Es liegt außer … anweisen zu wollen,“am Rand hinzugefügt
  • „… einen Plaz anweisen zu wollen,“Einfüge-Platz unklar
  • „muß“über der Zeile hinzugefügt
  • „sehr“durchgestrichen
  • „deren Theil worden ist“durchgestrichen
  • „von“über der Zeile hinzugefügt
  • Das Werk das„Die Oper die“ überschrieben mit „Das Werk das
  • daher„durch“ überschrieben mit „daher
  • durch den Vorschlag eines„schneller zum Ziele zu führen wenn ich“ durchgestrichen und ersetzt mit „durch den Vorschlag eines
  • unleserliche Stelle
  • „selbst vorschlage, und dieses“durchgestrichen
  • Nichts„dürfte“ durchgestrichen und ersetzt mit „Nichts
  • „nicht“durchgestrichen
  • aus„sein“ überschrieben mit „aus
  • „ich das volle“über der Zeile hinzugefügt
  • „zu“durchgestrichen
  • „n“durchgestrichen
  • „1822 schon zu bewerkstelligen“über der Zeile hinzugefügt
  • kann„würde“ durchgestrichen und ersetzt mit „kann
  • das„die“ überschrieben mit „das
  • freie Entfalten der Stimmung zur Arbeit zu sichern„Freyheit des Geistes zu retten erhalten“ durchgestrichen und ersetzt mit „freie Entfalten der Stimmung zur Arbeit zu sichern
  • Anfang des Herbstes„Ende des Sommers“ durchgestrichen und ersetzt mit „Anfang des Herbstes
  • „1822“über der Zeile hinzugefügt
  • deßen Beendigung„her“ überschrieben mit „deßen Beendigung
  • „mich“über der Zeile hinzugefügt
  • darf„daher“ durchgestrichen und ersetzt mit „darf
  • „… Wiener Publikums hüten, und darf“Fortsetzung des Textes am unteren Rand der linken Blattseite notiert
  • „ehe es mir gelungen ist diese fester begründet zu haben“überschrieben
  • „auch“durchgestrichen

Einzelstellenerläuterung

  • „… und das Honorar dafür anzeigen“Zum Honorar vgl. die Quittung vom 31. Oktober 1823.
  • „… Wien bestimmte Oper zu schreiben“Unter Barbajas Direktion brachte die italienische Operntruppe während der Anwesenheit Rossinis in Wien (März bis Juli 1822) mehrere seiner Opern in Originalsprache auf die Bühne (Zelmira ab 13. April, Corradino ab 7. Mai, Elisabetta ab 30. Mai, La gazza ladra ab 21. Juni, Ricciardo e Zoraide ab 8. Juli), während der italienischen Stagione zwischen März und September 1823 kamen weitere hinzu (Otello ab 13. März, Il Barbiere di Siviglia ab 14. April, La Cenerentola ab 17. Mai, La donna del Lago ab 23. Juli, Semiramide ab 4. September), allerdings kein eigens für Wien geschriebenes, dort uraufgeführtes Werk.
  • „11 Jahre daß … Silvana vollendet habe“Weber hatte die erste Fassung der Silvana (JV 87) am 23. Februar 1810 vollendet.
  • „… der Hand noch dringend verbitten“Offenbar hatte man in Wien eine Aufführung der Silvana erwogen, die zwischen 1818 und 1821 mehrere Einstudierungen in der österreichischen Monarchie erlebt hatte (Graz, Preßburg, Baden, Pest, Innsbruck, Linz). Weber genehmigte lediglich eine konzertante Aufführung des zweiten Finales (Nr. 15) aus der Oper im Wiener Redoutensaal am 3. März 1822.

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