Caroline von Weber an Friedrich Wilhelm und Ida Jähns in Berlin
Dresden, erhalten Dienstag, 2. November 1847

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Meine lieben theuren Kinder!

Vor allen lasst mich Euch danken für die vielen Beweise Eurer Liebe und Theilnahme welche sich besonders in dem Wunsche ausspricht dass ich die traurigen Tage der Erinnerung* in Eurer Nähe verleben mögte; aber erstlich konnte ich desshalb dieses herzliche Erbieten nicht annehmen weil ich es dem Max schon abgeschlagen hatte nach Chemnitz zu komen, und zweitens musste ich fürchten dass gerade Ida und ich in dieser Zeit nur zur gegenseitigen Aufregung beytragen könnten. Gott lob! dass ich nicht reisen musste denn ich bin seit 6 Tagen recht unwohl, und fürchtete gestern ich würde das Bett nicht verlassen können. Welche Sorge hätte ich Euch guten Leuten gemacht wenn ich bey Euch erkrankt wäre. Heute geht es besser, durch ein heftiges Nasenbluten ist mir der Kopf freyer geworden und ich denke wenn das Gemüth wieder ruhiger wird, wird der alte Körper sich auch wieder erholen. Für Eure lieben Briefe danke ich einstweilen recht herzlich und muss mir vorbehalten sie nächstens zu beantworten wenn der Kopf erst wieder Order parriert. Haben Sie auch Dank für das überschickte Geld vom S — ich hatte es schon fast verloren gegeben[.] in der Angelegenheit des Herrn Bock denke ich machen wir kurzen Prozess und nehmen den Aufsatz zurück. Der gute Mann muss nicht glauben dass es uns grade um sein lumpiges Honorar zu thun ist. Wenigstens sollten Sie sich keiner Erniedrigung desshalb bei dem Juden aussetzen. Diesen Leuten muss man nicht mit Delicatesse komen, dass ich eine Speise welche ihr Magen nicht zu würdigen weiss. Die Rezention vom Rollstab hatten Sie vergessen beyzulegen guter Jähns, doch ich kann sie ja wohl auch hier bekomen. Für Wagner ist es schlim dass die Oper nicht gefallen hat*, das giebt seiner Stellung hier auch eine schiefe Richtung. Hiller ist auch, durch das Missfallen seiner Oper hier, so aus aller Fassung gebracht, dass er plötzlich einen Ruf nach Düsseldorf, als Musikdirector angenomen hat, und schon in 14 Tagen Dresden ganz verlässt. Mit ihm geht hier auch das letzte Haus zu grunde wo man gute Musik hört. Es ist überhaupt hier ein traurig Leben jetzt in geselliger Beziehung, denn die langweiligen Düsseldorfer Maler sehen einzig Gesellschaft, wo aber die Menschen sich fast zu Tode gähnen, und froh sind wenn sie so eine Gesellschaft überstanden haben. Nun, man braucht ja nicht hinzugehen, das ist noch ein Trost!

Verzeiht mir meine Lieben wenn heute mein Brief so kurz und ohne alle Bedeutung ist aber das Schreiben fällt mir schwer weil imer noch der Kopf von vielen Weinen sehr angegriffen ist. Bald schreibe ich Euch wieder und beantworte den Brief meiner guten Ida. Gott sey mit Euch Ihr Lieben. Ich umarme Euch von ganzen Herzen.Carolina v. Weber.

Editorial

Summary

dankt für Einladung nach Berlin, fühlt sich aber nicht wohl, dankt für das überschickte Geld von Schlesinger, berichtet über den Weggang von Hiller nach seinem letzten Misserfolg nach Düsseldorf, bedauert, dass Wagners Rienzi nicht gefallen hat; fügt einen Brief an Bote & Bock bei, in dem sie den Aufsatz von Weber über Euryanthe zurückfordert

Incipit

Vor allen lasst mich Euch danken für die vielen Beweise

Responsibilities

Übertragung
Frank Ziegler; Eveline Bartlitz

Tradition

  • Text Source: Dresden (D), Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl)
    Shelf mark: Mscr. Dresd. App. 2097, 107

    Physical Description

    • masch. Übertragung nach dem verschollenen Original (Nr. 107 des Konvoluts)
    • 3 S.
    • am Kopf die Notiz: “Empfangen den 2ten Nov. 1847.”

    Commentary

    • “… die traurigen Tage der Erinnerung”Der dritte Todestag Alexander von Webers am 31. Oktober.
    • ichrecte “ist”.
    • “… die Oper nicht gefallen hat”Berliner Erstaufführung des Rienzi in der Hofoper am 26. Oktober 1847.

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