Caroline von Weber an Carl Maria von Weber in London
Dresden, Freitag, 14. und Samstag, 15. April 1826

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To charles Maria v: Weber

No 91 Portland Street. Portland

Place by Sir gorg Smart

per Holland

London

erhalten London d: 24t Aprill 1826.
beantw------------- 25 --------------
  durch No 22.

Mein geliebter Carl! Ich kann mir es ni[cht v]ersagen Dir so schnell wieder zu schreiben um den üblen Eindruk zu verscheuchen den mein letzter Brief gewiß auf Dich gemacht hat. Ich hatte mich dummerweise einmal ein bißel gehn laßen und meinen Herzen luft gemacht. Sey ja nicht bös mein Leben daß ich so wenig brav war, es ist jetzt schon Alles wieder vorbey und die Mukin ist extra brav. Heute morgen fing unser kleiner Profeth Max, ganz von freien Stüken an: heute macht Vater seine Oper! ob er wohl Recht gehabt hat? jetzt wird es dan wohl in vollen Gange sein, und Du arme Männe bist nicht so ruhig wie Deine Alte — ruhig! ja nun, so so? Rothens silberne Hochzeit war heute*, da habe ich denn auch noch einmal schöne Verse gemacht, und sie mit einer Torte und Kranz überschikt. Max wollte gern selbst gehn, aber der Bursch hat einmal wieder einen tüchtigen Schnupfen, und da mögte ich ihn bey dem kalten Wind nicht ausgehen laßen. Gestern Nachmittag hatten wir wieder ein Gewitter mit Schloßen daß ist nun schon das dritte in diesen Monate! es ist sonderbar weil es imer kalt dabey ist. wir müßen noch zweymal des Tags einheitzen laßen, und leider habe ich noch müßen Holz fahren laßen. Gestern ist die Lüttigau von einen Mädchen entbunden. Es ging sehr schwer, und sie ist bedeutend krank. die Arme! Vom Theater höre ich jetzt gar nichts Neues, als das mit Blaubart angefangen wird*, und die Stüke die Tiek ausgetheilt hat, zurük gelegt worden sind. Böttiger besucht mich fleisig um zu hören wie es geht; Jetzt konnte ich ihm freylich nichts mittheilen, denn die letzten Nachricht[en] will ich nur für mich behalten. Von Ballabene habe ich noch immer keine Nachricht, kanst Du nicht einmal schreiben? Sie mögen jetzt freylich in großen Trubel sein. die armen Leute! alles wird verkauft*.      Mell Wagner geht nach Prag Gastrollen spielen der werde ich noch einen Brief an Jung mit geben.      bey uns geht es jetzt fleisig her: die Madratzen werden umgearbeitet pp und die Männe wird liegen wie in Abrahams Schoos. Die Leute sind bis jetzt alle brav, und ich habe keinen Aerger mit ihnen. Die Tibaldi geht nach Italien, um sich zu zerstreuen hat aber versprochen in ein Jahr wieder zu komen. Hohenthal ist fort.

Ich gehe nun auch in Bett, und träume villeicht einmal von der Männe. gute gute Nacht. Gott segne Dich. + + +

Den 15ten. guten Morgen geliebte Männe! wie hast Du geschlafen? ich nur zimlich denn ich träumte würklich von Dir, aber nichts Gutes[.] | Ich sah Dich sehr vertrißlich über die Oper: alles war schlecht gegangen, und hatte nicht gefallen — nun gott gebe daß der Traum nicht wahr wird. Die nächste Woche kann ich nun Nachricht haben, mit welchen Zittern werde ich den Brief erbrechen — Morgen kömt hofendlich einer der den Tag der Aufführung bestimt. Wenn nur mein letzter Brief Dich nicht bös macht; ich bin in Sorge darüber, bitte bitte zanke nicht mit der dumen Mukin. Die Lüttigau, zu der ich schikte, befindet sich heute etwas beßer doch ist sie sehr schwach.      bey Rothens* ist gestern eine rührende Feyer ihrer silbernen Hochzeit gewesen, unser Rothe ist noch ganz gerührt davon. während ich schreibe spielt der gute Mann mit den Kindern. natürlich trägt er mir immer 1000 Grüße auf. Den 27ten wollen wir nach Hosterwitz ziehn. ich pake schon alle Tage ein bißel ein damit ich mir nicht wieder ein Schaden mache wenn ich zu sehr hetze. ohne Dich ist so ein Auszug doppelt angreifend, denn ich muß doch nun für Alles sorgen. Ja ja! man weiß nicht ehr was man an so einer guten Männe hat, als bis man sie nicht hat.

Denke nur mein Alter, eben schikt mir Basange Deinen Lieben Brief No 17. das ist einmal eine freudige Überraschung! schon den 8ten Tag ein Brief aus Londen, das ist noch nicht pasirt. Tausend Dank mein Leben für die Beruhigung die er mir giebt, er ist doch wieder etwas heiterer als der Letzte. doch die Männe brumt wenn ich nicht ortendlich antworte, also, die Freude erst bey Seite, und die Vernunft zur Hand. Gute Männe Du hast Unrecht mich eine faule Schreiberin zu schelten, nur die erste Zeit habe ich nur einmal die Woche geschrieben, später konnte ich mirs nicht mehr versagen oft zu schreiben, meine Briefe müßen nun dik komen. Daß Du mit der Oper bald fertig bist freut mich unentlich, aber es ist auch wohl die höchste Zeit? |

Deine Sehnsucht nach Haus ist sehr erfreulich für mich, aber ich weiß schon: bist Du da so sehnst Du dich eben so wieder fort. Dein Max wird Dich nicht vergeßen mein Alter er spricht mit inniger Liebe vom Vater. Aber warum beantwortet mein Alter gestrenger Herr denn meine wiederholten Fragen: was Du für einen Erfolg von der Oper erwartest, nicht? geld Du willst mich nicht ängstigen! nun, wißen muß ich’s doch einmal, und Dein Schweigen sehe ich als eine Vorbereitung an. Also hatte Max würklich Recht? gestern wäre die Oper gewesen? Nun in Gottes Nahmen. Die Ungewißheit ist das Schlimste bey der Sache. Ja viel zu erzählen wirst Du mir haben, das wird sich in Hosterwitz alles abhasbeln. Die Hals Tücher für 1 Th 6 gr. bekömst Du hier auch sehr schön dabey ist nichts geschenkt. So, nun habe ich wohl einmal ortendlich geantwortet wenigstens weiß ich nichts mehr aus Deinen Briefel zu lesen.

Wie will ich Gott danken wenn diese Trennung erst glüklich überstanden ist!  es ist doch von Allen die Schlimste. Ich danke nur Gott daß die Kinder so gesund geblieben sind, daß wir von der Seite nicht auch Sorgen haben. Ob Du die Kleinen wirst verändert finden? 4 Monate machen schon viel aus! Du siehst mein Alter daß ich die schrekens Idee von 6 Monaten schon aufgegeben habe, und villeicht zu sehr abkürtzte. O welche Freude wenn die Männe schreibt: hieher darfst Du nun nicht mehr schreiben — Juchhe! heists dann, dann zählen wir nur noch Tage. Max bittet sehr ich soll dem Vater schreiben daß er brav ist, und es ist auch wahr. nun muß ich aber auch wieder aufhören sonst wird der Brief zu dik, denn die Fürstnau hat sehr gebeten einen von ihr einzuschließen.

Nun so segne Dich der liebe Gott mein guter guter Mann wir beten alle für Dein Wohl. 1000mal küßt Dich Deine alte Lina.

Apparat

Zusammenfassung

private Mitteilungen über Neuigkeiten im Freundeskreis; will am 27. April nach Hosterwitz ziehen, Rothes hatten Silberhochzeit; hat seinen Brief Nr. 17 erhalten und reflektiert seinen Inhalt, Bericht über Ergehen der Kinder

Incipit

ich kann mir es ni(cht v)ersagen Dir so schnell

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ep. Caroline von Weber 16

    Quellenbeschreibung

    • 2 Bl. (4 b. S. einschl. Adr.)
    • mit Empfangs- u. Beantwortungsvermerk Webers
    • PSt.: a) DRESDEN | 15. Apr. 26. b) F P O | AP: 24 | 1826

Textkonstitution

  • 4„1“ überschrieben mit „4
  • „cht v“ergänzt von den Hg.
  • „sie“über der Zeile hinzugefügt
  • R„r“ überschrieben mit „R

Einzelstellenerläuterung

  • „… Rothens silberne Hochzeit war heute“Sowohl die Formulierung im vorhergehenden Brief vom 12.–14. April 1826 als auch in diesem Brief weiter unten deutet darauf hin, dass Johann Traugott Roth und dessen Frau Julie Henriette, geb. Ludwig, ihr Hochzeitsjubiläum feierten.
  • „… das mit Blaubart angefangen wird“Nach der Trauerzeit für die am 8. April verstorbene Prinzessin Cunigunde wurde das Dresdner Hoftheater am 24. April mit dem Blaubart wieder eröffnet.
  • „… armen Leute! alles wird verkauft“Zur Situation des Bankhauses und der Familie Ballabene vgl. Caroline von Webers Briefe vom 4. und 15./16. März 1826.
  • „… sie sehr schwach. bey Rothens“Zur Identität des Ehepaars s. o.

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