Caroline von Weber an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Dresden, erhalten Dienstag, 14. Dezember 1841

Zurück

Zeige Markierungen im Text

Absolute Chronologie

Vorausgehend

Folgend


Korrespondenzstelle

Vorausgehend

Folgend

Mein lieber Sohn Wilhelm

Wenn ich Dir sage dass Dein letzter Brief mir innige, innige, herzliche Freude gemacht hat, so sage ich etwas was eigendlich unnöthig, und überflüssig ist, und was Du Dir selbst denken kannst, denn wie wäre es möglich Deinen Bericht ohne Rührung zu lesen? Nicht der Erfolg aber ist es, der mich hauptsächlich so freut; nicht dass Dein Publikum jetzt anerkante, was doch gewiss mit der Zeit der Fall gewesen wäre*: nein, dass es durch Dich, durch Euch, durch Eure Liebe geschah, dass es noch Menschen giebt die mit uneigennütziger Liebe handlen, die noch eines Opfers fähig sind für die Freude, für die gute Sache, das ist es was mich so innig freut und rührt; denn wahrlich, es bedurfte eines solchen Beweises um mich nicht ganz muthlos zu machen – – – – – Habe Dank dafür mein guter Sohn, habe Dank für alles. Der Lohn dafür ruht in der eignen Brust, und in der Anerkennung guter braver Menschen. Wie Du Dich aber magst geplagt gequelt geängstigt haben, das kann ich mir denken, weil ich ja so oft Zeugin der qualvollen Zeit war, wenn so ein Lied, unter tausend Hindernissen, sollte in die Welt geführt werden, und lebhaft erinnerte mich Deine Schilderung daran. Gott lob! Dass Deine Gesundheit gut, und dauerhaft war, und Du von dieser Seite nicht behindert warst. Von dem schönen Gelingen Deines angestrengten Strebens, hoffe ich aber auch viel gutes für Dich, denn Du hast dabey ja so schön gezeigt was Du zu leisten vermagst, und gewiss, gewiss wird das vielfältige Anerkennung finden besonderst da doch so bedeutende Sterne an Deinen Horizonte glänzten wie Mendelson Meyerbeer pp* Ob wohl Lichtenstein einmal mit Meyerbeer über die Oper mag gesprochen haben? hat er Dir gar nichts gesagt? Ist auch Er so gleichgültig für uns gestimt dass er kein Wort über die Sache verlieren mag? Nein, das mag ich nicht glauben und wenn auch alle Welt es sagte. Ihm, und Euch will ich immerdar vertrauen, mich nie, nie, irre machen lassen, und nach diesen Pole stets die Magnetnadel meines Herzens richten. Mit meiner Gesundheit geht es jetzt wieder etwas besser, doch werde ich noch täglich magerer – doch das ist Nebensache! ist doch jetzt mein Herz wieder gesund, ist doch zwischen Max und mir alles wieder alles beim Alten. Du aber lieber Wilhelm hast Dich bey der Aufführung der Messe, so als treuer Sohn Webers bewiesen dass die Mutter mit Du zu Dir spricht, wie zu den Kindern. Wenigstens in den Briefen, denn ob es mündlich gehen wird bezweifle ich. Na, wir wollen sehen!! Brauer und Rothe haben sich herzlich gefreut und gratulieren zum Erfolg.

Ich aber bin so erfüllt von der Sache dass ich heute auch gar nichts anderes schreiben kann auch an Ida nicht, das muss alles bleiben bis zum nächsten Brief. Nochmals mein Wilhelm, habe herzlichen Dank. Mit inniger Liebe umarmt Euch dieMutter
Weber

Apparat

Zusammenfassung

bedankt sich für die Aufführung von Webers Es‑Dur‑Messe in einem Konzert zum 50. Todestag Mozarts im Ermelerschen Hause; ist so beglückt über sein Engagement, dass sie ihn im Brief duzt; fragt, ob Lichtenstein mit Meyerbeer über die Oper gesprochen habe; freut sich, dass zwischen ihr und Max alles wieder beim alten ist

Incipit

Wenn ich Dir sage, daß Dein letzter Brief

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler Eveline Bartlitz

Überlieferung

  • Textzeuge: Dresden (D), Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl)
    Signatur: Mscr. Dresd. App. 2097, 69

    Quellenbeschreibung

    • masch. Übertragung nach dem verschollenen Original (Nr. 68 des Konvoluts)
    • 3 S.
    • am Kopf die Notiz: „Empfangen den 14. Dezem. 41“

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • MJ, S. 185–186 (Auszug)
    • Weberiana 27 (2017), S. 73 (Auszug)

Textkonstitution

  • „… Brief mir innige , innige“beide Wörter je dreifach unterstrichen
  • „… Sohn, habe Dank für alles“dreifach unterstrichen

Einzelstellenerläuterung

  • „… Zeit der Fall gewesen wäre“Jähns hatte am 5. Dezember 1841 anlässlich von Mozarts 50. Todestag mit 54 Mitwirkenden Webers Messe in Es-Dur im Ermelerschen Saal in Berlin aufgeführt; vgl. Max Jähns, Familiengemälde, S. 185f.
  • „… glänzten wie Mendelson Meyerbeer pp“Neben den beiden Genannten waren im Publikum noch weitere wichtige Protagonisten des Berliner Musiklebens, u. a. E. Grell, H. Stümer, C. F. Rungenhagen und J. P. S. Schmidt.

    XML

    Wenn Ihnen auf dieser Seite ein Fehler oder eine Ungenauigkeit aufgefallen ist,
    so bitten wir um eine kurze Nachricht an bugs [@] weber-gesamtausgabe.de.