Caroline von Weber an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Pillnitz, Donnerstag, 17. August 1848 (1. Brief)

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Mein guter Jähns!

Kaum hatte ich gestern meine Antwort auf Ihren ersten Brief mit Schlesingers Brief als Einlage von hier abgeschickt als ich den Ihrigen vom 15. Aug. erhielt, und Ihren Wunsch gemäss, eile ich gleich darauf zu antworten. Was Herrn Schlesingers Entrüstung über den Vorbehalt in den Privilegium* betrifft, so thut er sehr Unrecht desshalb zu zürnen, denn erstlich habe ich ich ganz einfach um das Privilegium angesucht ohne irgend einen Vorbehalt, die Behörde aber hat für gut befunden Herrn Schlesinger das Privilegium nur in der Form zu geben wie es buchsteblich in unsern Vertrag verlangt wurde ja nur aus Rücksicht für uns, und durch die Gnade unseres guten Königs für uns, welchen ich persönlich die ganze Lage der Sache erzählte haben wir es noch in dieser Zeit, wo gar keine Privilegien gegeben werden erhalten. Mit Freuden habe ich bey dieser Gelegenheit gesehen in welche[m] freundlichen Andenken Weber noch bey unsern ganzen Königl. Hause steht. Was nun, die wirklich ganz sonderbare Forderung des Herrn Schlesinger betrifft die Original Partituren erst zur Vergleichung der Kopien zu erhalten um sie Note für Note durchsehen zu lassen, so weiss Herr Schlesinger nur zu gut, dass man diese Forderung nur dafür ansehen kann dass er die Zahlung dadurch verzögern will, denn in unsern Vertrag hat er sich einzig den Freyschützen zur Korectur bey dem Stich vorbehalten, und von den andern Opern ist keine Rede. Die Kopieen der Partituren, welche ich für Herrn Schlesinger hier habe machen lassen, sind in der Königl. Notenexpedition nach den Original Partituren geschrieben und eigens noch von dem Vorsteher derselben Herrn Busch, nachgesehen worden. So corekt als man sie nur liefern kann sind sie daher Herrn Schlesinger überantwortet worden und es ist eine höchst unbillige Forderung dass ich die Original Partituren nun auch noch nach Berlin schicken soll. Um jedoch jeder Weitläufigkeit zu entgehen will ich Ihnen noch den Oberon bis zu künftige Ostern zu Disposition stellen und dann später auch noch, auf einen Monat die Euryanthe. Den Freyschütz aber erbitte ich mir zu Weihnachten zurück weil ich glücklicher weise, bey der Anwesenheit des Königs von Preussen, die Fäden zu dem projektierten Geschenk für die Bibliothek anknüpfen kann*. Sobald ich nach Dresden herein kome werde ich Ihnen die Partitur des Oberon zuschikken, ich muss Sie aber bitten mir einen Empfangschein und das Versprechen, die Partitur zu Oberon 1844 zurück zu schicken. Was die Euryanthe betrifft, so werden Sie die Güte haben mich wissen zu lassen wenn Sie sich damit beschäftigen können, denn da diese Partitur für unsern König bestimt ist*, so mögte ich die Uibergabe nicht gar so weit hinaus schieben. Ich wollte Sie desshalb jetzt schon zu diesem Zweck einbinden lassen und es kömmt mir recht ungelegen dass die Partitur noch eine Reise machen soll — Es ist mir auch gar nicht angenehm dass die Original Partitur des Freyschützen in die Hände eines fremden Kopisten komen soll und ich lege Ihnen, bester Freund ans Herz die Partitur durchzusehen um sich jeden Makel zu merken, damit später dem Manne kein Unrecht geschehen kann im Fall etwas daran geschehe. Herr Schlesinger müsste natürlich für den Schaden stehen. Der Himel weiss welche Forderung oder Weitläufigkeit Herr Schlesinger nur erfinden wird, aber ich bin entschlossen nun auch nichts mehr einzugehen. Ich bitte sagen Sie ihm dies.

Mit meinem armen Auge geht es noch gar nicht gut, und ich muss Sie bitten mein schlechtes Geschreibe zu entschuldigen. Leben Sie wohl guter Jähns, und grüssen Sie Ida recht herzlich.Caroline von Weber.

Apparat

Zusammenfassung

die Forderung Schlesingers, die Originalpartituren zum Freischütz, Euryanthe und Oberon zur Einsicht haben zu wollen wegen Korrekturlesung, gefällt ihr nicht; um neuerlichen Schwierigkeiten zu entgehen, will sie Oberon bis künftige Ostern zur Disposition stellen, danach Euryanthe auf einen Monat; den Freischütz möchte sie aber Weihnachten zurück haben, weil der Preuß. König in Dresden erwartet wird, und sie dann die Fäden zum künftigen Geschenk knüpfen kann; Euryanthe wollte sie jetzt schon einbinden lassen im Hinblick auf das Geschenk an den sächs. König, J. möchte den Zeitpunkt bestimmen, an welchem er die Korrekturen vornehmen kann; er möchte über der Freischütz‑Partitur wachen, damit nichts damit passiert

Incipit

Kaum hatte ich gestern meine Antwort auf Ihren

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler; Eveline Bartlitz

Überlieferung

  • Textzeuge: Dresden (D), Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl)
    Signatur: Mscr. Dresd. App. 2097, 117

    Quellenbeschreibung

    • masch. Übertragung nach dem verschollenen Original (Nr. 117 des Konvoluts)
    • 3 S.
    • am Kopf die Notiz: „Empfangen den 19. Aug. 48.“

    Einzelstellenerläuterung

    • „… den Vorbehalt in den Privilegium“Zu der von Schlesinger erbetenen zeitlichen Ausdehnung seiner Druck-Privilegien auf Webers Opern vgl. u. a. Caroline von Webers Brief an Giacomo Meyerbeer von Anfang 1847 sowie die Notizen in der AmZ, Jg. 50, Nr. 32 (9. August 1848), Sp. 526 und Nr. 36 (6. September 1848), Sp. 591.
    • „… für die Bibliothek anknüpfen kann“Die Schenkung des Partiturautographs (heute D-B, Mus. ms. autogr. C. M. v. Weber 7) erfolgte im Oktober 1851; vgl. den Begleitbrief zur Übersendung.
    • Oberon 1844recte „Ostern 1849“.
    • „… für unsern König bestimt ist“Die Übergabe des Partiturautographs (heute D-Dl, Mus. 4689-F-37) erfolgte Anfang November 1851; vgl. den Brief Caroline von Webers aus diesen Tagen.
    • nurrecte „nun“.

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