Friedrich Wilhelm Jähns an Emilie von Gleichen-Rußwurm in Schloß Greiffenstein ob Bonnland (Unterfranken)
Berlin, Freitag, 16. Dezember 1859

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Hochgeehrteste Frau Baronin
Gnädigste Frau.

Euer Hochwohlgeboren öffentlich geäußertem Wunsche zufolge verfehle ich nicht, Ihnen als eine dem 10. November geweihte Spende beigehendes Gedicht meines Sohnes, Max Jähns, ganz gehorsamst zu überreichen; eine Spende, geweiht demjenigen Tage, der nie vergessen werden wird, so lange nicht nur noch deutsche Herzen schlagen und deutsche Zungen reden, – nein! – so lange überhaupt auf dieser Erde noch Herzen mit einander in Freud und Leide schlagen, und Geister, zu einander von Höchsten und Heiligsten reden werden.

So Manches verfehlt man im Leben, auch aus Scheu, aus ängstlicher Bedenklichkeit. B Wie schön, wie edel von Ihnen, hochverehrte Frau Baronin, selbst dazu Gelegenheit zu geben, sich noch mit dem zwar geschriebenen, dennoch immer lebendigen Wort an Sie wenden zu dürfen! – etwas, wovon, zufolge jener Scheu, ich selbst wie unzählig Viele wohl auf immer zurückgehalten worden wären.

So geschieht es denn nun, daß ich dem lang gehegten, warmen Wunsche nachgebe, mich Ihnen, gnädigste Frau, zu nähern, indem ich mir zuvörderst erlaube, an Stelle meines Sohnes dessen Gedicht Ihnen zu überreichen; sodann mich Ihnen als Autographen-Sammler vorzustellen, als welcher ich der glückliche Besitzer acht höchst vorzüglicher Autographe des großen Verewigten, jetzt und in allen Zeiten Gefeierten bin. Die Familie habe ich ebenfalls reich und schön vertreten, mit Ausnahme der Schwester Luise Dorothea Katharina (Franckh.)

Von Euer Hochwohlgeboren liegt nur ein Briefchen mit zwei Zeilen in meiner Sammlung. Vielleicht ist mein autographisches Besitzthum Ihnen bereits aus dem Katalog der hiesigen Schiller-Ausstellung bekannt geworden, indem ich wohl voraussetzen darf, daß dieser Katalog in Ihre Hände gelangt ist. – Außerdem habe ich das Glück gehabt, mich am 10. November bei der wahrhaft großartigen Festfeier im Königlichen Opernhause hier mit meinems Gesang-Vereine betheiligen zu können, worüber der beigehende Theaterzettel spricht, welchen ganz gehorsamst zu überreichen ich mich beehre.

Möchte schließlich aus diesen Zeilen denn das Eine nur hervorleuchten, wie auch ich, ein Ihnen gewiß ganz Unbekannter, mich tiefdurchdrungen und beglückt fühle von der Hoheit und den Schöpfungen des Mannes, den Sie das unaussprechliche Glück haben – Ihren Vater zu nennen.

Möchten Sie zugleich darum einen freundlichen Blick auf den Namen dessen werfen, der auch in innigster Verehrung gegen Sieselbst sich nennt
Euer Hochwohlgeboren
tief verbundener
F. W. Jähns.
königl: Preußischer Musik-Direktor
Berlin-Krausen-Str. 62.

Apparat

Zusammenfassung

schickt ihr ein Gedicht seines Sohnes Max, das dieser zum 100. Geburtstag Schillers erdacht hat und gibt sich ihr als Autographensammler zu erkennen und berichtet, dass er 10 Autographe Schillers und seiner Familie besitze, die in der Berliner Schiller-Ausstellung zu sehen waren. Auch an der Schiller-Feier im Opernhaus hat er mit seinem Gesangverein mitwirken dürfen. Der Brief gipfelt in einem verehrenden Bekenntnis zu Schiller und ihr als dessen Tochter

Incipit

Euer Hochwohlgeboren öffentlich geäußertem Wunsche zufolge

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Weimar (D), Stiftung Weimarer Klassik, Goethe- und Schiller-Archiv (D-WRgs)
    Signatur: GSA 83/835, 2

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (3 b. S. o. Adr.)

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