Carl Maria von Weber an Friedrich Rochlitz in Leipzig
Gotha, Samstag, 12. September 1812

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Theuerster Freund!

Glüklich kam ich d: 4t huj: wieder in Leipzig an*, und erfreulicher wurde mir noch der Tag als ich geglaubt hatte. Sie wißen wie viel wir über den Starrsinn Kühnels und H: sprachen, Nun da ich Abschied von Kühnel nahm, verlangte Er selbst einiges zum Verlag, und ich wurde mit ihm einig daß er sogleich verlegen wolle die Overture vom Beherrscher der Geister, ein Concertino für Clarinette, und daß ich ihm noch liefern wollte ein neues Klavier Concert und Variationen. Sie sehen wir kommen nun in Zug, und zwar gleich in hellen Haufen. Es ist mir aber sehr lieb, und deßhalb schreibe ich es Ihnen gleich, denn Sie haben sich nun einmal die Last auf den Hals geladen mein Freud und Leid mit mir Tragen zu müßen.      Unsern guten Fink konnte ich nicht mehr zu sprechen bekommen, Er war bey mir und ich bey ihm, es that mir herzlich leid. ich habe die 2te Lieferung seiner häuslichen Andachten* zur Recension mitgenommen wenn Sie nicht schon darüber disponirt haben*. ist dieß nicht der Fall, so wünschte ich wohl die Rec: des ersten Heftes zu sehen*. Hiebey folgt ein Trompeter von Kaufmanns Trompeter. Sie haben noch das Msc: von Rec: von mir, z: B: über Finks Lieder, das bitte ich mir gelegentlich zurükzuschikken weil ich es nicht mehr besizze und auch noch andere Dinge darauf stehen*.      Es geht fleißig an die Hymne. ich trage | sie im Herzen und brüte darüber. — in Weimar kam ich d: 5t um 1 Uhr an, und fand Müller ziemlich wohl. die Großfürstin wünscht mich in ein paar Wochen auf 6–7 Tage bey sich zu sehen, und hat mich vor der Hand dringend um die Sonate gebeten, die denn auch in sauberem Saffian Ueberrok künftige Woche hinüber spazieren wird*.

d: 6t kam ich hier an, wurde vom Herzog mit ausgezeichneter Liebe empfangen, bezog ein sehr liebliches Stübchen mit Aussicht ins Grüne im Palais des Prinzen Friedrich*, und gieng d: 8t mit dem Herzog nach Reinhartsbrunn, wo meine Lungenflügel und Hände sich schön in Bewegung sezzen mußten. Nun ist Er auf ein paar Tage verreißt*, und ich benuzze die Muße zum Arbeiten.      Wegen der bewußten Dresdner Geschichte habe ich noch nicht mit ihm sprechen können; erstlich wollte ich ihm nicht gleich damit auf den Leib fahren, und zweitens scheint Er selbst ein gar zu großes Lüstchen zu haben mich zu behalten*. ich glaube, vielleicht alles frey und 1000 rh: das gienge wohl an, nebst gehörigem Urlaub — — ! ? ?

Es ist schon spät in der Nacht, ich muß schließen, und | habe nur noch so viel Zeit, wozu ich immer Zeit finden werde, zu fragen, wie es Ihrer theuren lieben Gattin geht, und ob Sie beyde noch zuweilen des wandernden Musikanten gedenken, an dem alles wandelbar ist nur nicht seine Liebe und Achtung für Sie. Ihr Weber.

Apparat

Zusammenfassung

berichtet über Verhandlungen mit Kühnel und Härtel; möchte Finks „häusliche Andachten“ rezensieren; legt Rezension von Kaufmanns Trompeter bei; er wolle jetzt an der Hymne arbeiten; über den Aufenthalt in Weimar und Gotha, wo er Zeit zum Arbeiten finde; hat den Eindruck als wolle ihn der Herzog behalten

Incipit

Glücklich kam ich den 4t huj: wieder

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. II A c, 3

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S. einschl. Adr.)
    • Einträge von fremder Hand mit Bleistift: auf der ersten Briefseite unten „an Rochlitz“ und „1812“, auf der Adressenseite „23/1/64“

    Provenienz

Textkonstitution

  • ß„s“ überschrieben mit „ß
  • S„s“ überschrieben mit „S

Einzelstellenerläuterung

  • „… huj: wieder in Leipzig an“Nach dem Treffen mit Rochlitz in Ermlitz und Connewitz am 3. September; vgl. Tagebuch.
  • „… te Lieferung seiner häuslichen Andachten“„Häusliche Andachten | in christlichen, mehrstimmigen Liedern | (auch einstimmig mit Klavierbegleitung) | gedichtet und komponirt | von | G. W. Fink.“, erschienen bei Kühnel in Leipzig.
  • „… nicht schon darüber disponirt haben“Eine Rezension von Heft 2 dieser Sammlung erschien nicht in der AmZ; vgl. dazu auch den Briefwechsel mit Kühnel.
  • „… des ersten Heftes zu sehen“Rezension von Heft 1 in AmZ, Jg. 13, Nr. 45 (6. November 1812), Sp. 749–755.
  • „… noch andere Dinge darauf stehen“Vgl. die Briefe an Rochlitz vom 14. und 25. April 1812.
  • „… künftige Woche hinüber spazieren wird“Vgl. die Tagebuchnotizen vom 17. September 1812.
  • „… im Palais des Prinzen Friedrich“Zu dessen diesbezüglichen Anordnungen vgl. seinen Brief an Caroline Schlick vom 12. August 1812.
  • „… auf ein paar Tage verreißt“Laut Fourierbuch für Juli bis September 1812 (Thüringisches Staatsarchiv Gotha) war Herzog August bereits am Abend des 16. September wieder in Gotha.
  • „… zu haben mich zu behalten“Da hier eine mögliche (nicht umgesetzte) Anstellung in Gotha angesprochen wird, erscheint es denkbar, dass es sich bei der „Dresdner Geschichte“ ebenfalls um eine erhoffte Anstellung handeln könnte, für die der Herzog von Gotha seinen Einfluss geltend machen sollte. Vgl. auch den Hinweis auf eine mögliche Dresdner Anstellung im Brief an H. Lichtenstein vom 1. November 1812.

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