Carl Maria von Weber an Gottfried Weber in Mannheim
Prag, Mittwoch, 14. Juli 1813

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Lieber Bruder!

Deinen Brief vom 29t Juny habe ich den 10t huj: richtig erhalten, und um keinen Posttag zu versäumen antworte ich dir dieses wenige. du hast mir recht weh und doch am Ende wieder wohl gethan durch deinen Brief, weil ich eitel genug bin, oder, wahrer gesagt weil ich zu sehr von deine[r] Freundschaft in Noth und Tod glaube überzeugt bin, als daß ich nicht in dem heftigen Unwillen der deinen ganzen Brief erfüllt, gerade einen Beweiß deiner Liebe zu mir, die sich verkannt glaubt, finden sollte*. ich weiß nicht mehr genau, was, und wie, ich dir schrieb, nur so viel ist gewiß daß ich es wenige Tage vor meiner Krankheit that*, und da wohl alles im schwäzeren Lichte sah. wir wollen aber nun nichts mehr über die dummen Geschichten schwazzen, Wir kennen uns, und ich wüste nichts auf Erden was mich in meiner Liebe und Zutrauen zu dir wankend machen könnte. Ja wohl, wenn wir nur einmal wieder ein paar Stunden miteinander schwazzen könnten! – da das aber leider Gottes nicht sein kann, so schlag in Gedanken ein in die Hand die ich dir aus der Ferne entgegen strekke, es bleibt beim Alten, und wenn wir uns auch einmal herunterkanzeln, so geschiehts Gottlob immer aus freyer Brust und Herzen und erwächst immer eine neue Klammer mehr zum zusammenhalten daraus. Ich hätte dir gewiß, trotz deinem Lamento um Data zu Recens: heute nicht geschrieben wenn ich’s hätte einen Posttag auf meinem Gemüth können sizzen laßen, dir nicht so schnell als möglich alle Zweifel zu lösen, und wenn ich denn ein Esel war, es gern und offen zu bekennen. du weißt daß ich keine Arbeit scheue, und etwas vom Flekk bringen kann, aber jezt ist es mir wirklich zu toll, und total unmöglich mit einiger Ruhe dir die verlangten Data’s niederzuschreiben. Wenn nur erst ein paar Monate vorüber sind, und die Sache im Gange ist dann kann ich doch freyer athmen; aber jezt, bin ich keinen [Auge]nblick ungestört. ich kann dir davon keine Begriffe geben und die Galle überläuft mich so oft ich nur daran denke. – doch will wenn es möglich ist dir binnen hier und 8 Tagen einiges zusammenschmieren, heute ist es total unmöglich. Nun zu weiterer Beantwortung deines Briefes. | man sieht recht, daß du beym Schreiben deßelben blos von Unmuth durchdrungen warst, da du so manchen Punkt meines Briefes unbeantwortet gelaßen, welches ich nächstens also noch zu erwarten habe.

Ueber Duschs Anstellung freue ich mich von Herzen. Es ist ewig schade daß der Kerl so gar nichts thut mit seinen trefflichen Anlagen. wegen deinen Gesängen pp im Elegans* werde ich Sorge tragen, So wie du es auf mein Wort hin, derselben nicht übel zu nehmen brauchst daß Sie deine eingeschikten Sachen nicht anzeigen ließen. Müller, hat Niemand dazu, und mir oft darüber geklagt, daß sie so einseitige Anzeigen liefern müßten nachdem eben eine Handlung einen Anzeigenden habe pp. Wegen Ahl ists jezt nichts mehr da sich unser Klarinettist* wieder engagirt hatT. Wie habt ihr denn die Besezzung von der D moll Ouv: im Museum zusammen gebracht. mit denen paar Geigern kann es nicht sonderlich effektuirt haben. Der Brief nach Berlin ist besorgt*. – Gänsbacher ist noch in Salzburg und hat Vogler da gesprochen. Vogler schrieb mir jezt von München, er hat einen Vergleich abgeschloßen wegen seinen Orgelgeschichten. MeyerBeer ist noch in Wien schreibt mir zuweilen kurze Zettelchen, in denen in der Regel nichts steht. Aus der Beylage wirst du sehen das dein Te Deum mit dem deutschen Text, und zwar ziemlich gut gegeben worden ist, und gefallen hat*. ich habe dir die Kritik deßelben gar nicht geschenkt, nur habe ich jezt nicht die Muße sie niederzuschreiben, und du grober Kerl kannst vor der Hand zufrieden damit sein daß es mir recht sehr gefällt.

Mit Tausend Freuden will ich dein Gevattersmann werden,* und ernenne hiemit Freund Hout zu meinem Representanten. ich würde bey keinem andern Menschen so gern die schöne Verpflichtung über mich nehmen, aber bey dir ists eigentlich dadurch gar kein Unterschied denn ich würde immer deine Kinder auch für die meinigen ansehen, und der Himmel schenke mir nur Gelegenheit dir in deinen Kindern noch in späten Zeiten meine Liebe beweisen zu können. also – Herr Gevatter! Frau Gevatterin! Leztere küße ich /: mit deiner gütigen Erlaubniß :/ recht herzlichst in Gedanken und bitte Sie auch zu weilen ein Bischen an [mich] zu denken. componiren k[ann] ich jezt gar nichts, hoffe aber bald eine neue Oper anzufangen.

Nun geht das Ueberlauffen [wieder] los und ich muß schließen. adio liebster Herzensbruder schreib mir recht bald und viel wieder [grüße a]lle bestens, und bitte Gott daß er mir Ausdauer, Kraft und Geduld schenkt, daß […], […]st unter dieser GeschäftsLast [zu] Grunde geht. erwie[…] Weber.

Apparat

Zusammenfassung

Versöhnliches gegen Gottfried Webers Unmut; zu einzelnen Punkten aus dessen Brief (Verein, Aufführungen, Anstellungen betr.); Privates

Incipit

Deinen Brief vom 29t Juny habe ich den 10t huj: richtig

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: New Haven (US), Yale University, Beinecke Rare Book and Manuscript Library (US-NHub), Frederick R. Koch Foundation

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. o. Adr.)
    • am unteren Rand Textverluste durch Feuchtigkeitsschaden

    Provenienz

    • Stargardt Kat. 630 (1983), Nr. 1005

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Bollert/Lemke 1972, S. 57–58

Textkonstitution

  • „bin“über der Zeile hinzugefügt
  • „… weil ich zu sehr von“ursprünglich: an, durch Vorsetzen von: v in: von korrigiert, ohne das auch als o zu lesende a zu verändern
  • „glaube“durchgestrichen
  • „Auge“ergänzt von den Hg.
  • „mich“ergänzt von den Hg.
  • „ann“ergänzt von den Hg.
  • „wieder“ergänzt von den Hg.
  • „grüße a“ergänzt von den Hg.
  • unleserliche Stelle
  • unleserliche Stelle
  • „zu“ergänzt von den Hg.
  • unleserliche Stelle

Einzelstellenerläuterung

  • „… sich verkannt glaubt, finden sollte“Der Brief Webers, über den Gottfried Weber offenbar so verärgert war, ist nur fragmentarisch erhalten; dadurch bleibt der Hintergrund der Verstimmungen unklar.
  • „… Tage vor meiner Krankheit that“Webers Krankheit begann laut Tagebuch am 12./13. Mai 1813; der letzte dort festgehaltene Brief an Gottfried Weber ist allerdings jener aus Wien vom 20. April 1813.
  • „Elegans“Zeitung für die elegante Welt.
  • „… mehr da sich unser Klarinettist“Vermutlich der erste Klarinettist Farník gemeint, nicht der zweite Klarinettist Swoboda.
  • „… Brief nach Berlin ist besorgt“Zwischen dem Empfang von Gottfried Webers Brief am 10. Juli und dem hier vorliegenden Schreiben vom 14. Juli sind im Tagebuch keinerlei Hinweise auf einen nach Berlin weitergeleiteten Brief zu finden.
  • „… worden ist, und gefallen hat“Die Beilage war wohl ein Konzertzettel und/oder eine Besprechung zur Aufführung am 4. Juli 1813 im Wallensteinschen Garten in Prag.
  • „… will ich dein Gevattersmann werden,“Das erwartete Kind des Ehepaars Weber war der Sohn Ludwig.

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