Carl Maria von Weber an Caroline Brandt in Prag
München, Freitag, 4. August 1815 (Nr. 13)

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An

Mademoiselle

Carolina Brandt.

Sängerin und Schauspielerin

zu

Prag.

gegen Rezipiße

Geliebte theure Lina.

Im Strudel der grösten Verwir[rung] [re]tte ich ein Viertelstündchen, um meiner theuren Lina zu sagen wie un[endli]ch ich Sie liebe, und daß ich gewiß keinen Posttag versäumen kann, ohne es ihr zu wiederholen. ich hoffe zu Gott daß du Gesund bist, freilich hätte mich die Gewißheit davon durch einen Brief von dir unendlich mehr gefreut, – nun werde ich erst in 4 Tagen etwas von dir lesen, den[n] Morgen früh reise ich nach Augsburg, gebe d: 7t da ConcertT und komme d: 8t wieder hieher.      d: 30t July erhielte ich deinen lezten Brief und d: 31t gieng meiner No 12 an dich ab. um 8 Uhr Morgens fuhr ich schon zum Minister nach Bogenhausen. Dann in der Stadt zu den Intendanten pp dann nach Nymphenburg zu den Majestäten.      aß um 3 Uhr zu Hause zu Mittag, exerzirte den Abend. d: 1t August Probe von den Liedern, um 1 Uhr Audienz beim ViceKönig von Italien. sehr artig empfangen. Mittag mit Bärmann bey Wiebekings dann mit Bärmann exerzirt. und ins Theater um noch allerley Anstalten zu treffen*.      d: 2t um 9 Uhr Probe vom Concert. Brief nach Augsburg geschrieben. Abends endlich mein ConcertT, das so brillant in jeder Hinsicht ausfiel daß ich gar nichts zu wünschen mehr hatte. ein gedrängt volles Haus. ein Mäuschen stilles Publikum voll Enthusiasmus am Ende jeden Stükkes. es gieng auch alles vortrefflich, nur ich hätte etwas beßer spielen können. das Orchester spielte mit Liebe und Lust. König und Königin, ViceKönig pp alles war äußerst zufrieden.

Denselben Abend kam auch der Oberst v: Call an, der mir Nachricht von meinem guten Gänsbacher brachte.      Gestern früh gieng ich in [die] Probe der Vestalin mich bey allen zu bedanken, abzurechnen pp erhielt [eine] Einladung zum Vizekönig, um den Geburtstag seiner Gemahlin zu verschönern, – hieß es. Mittag zu Hause, Abends also bey ihm*. mit Güte wirklich überhäufft.      Heute habe ich nun den Kopf voll und Toll, mit Anstalten zu meiner Reise nach Augsburg. —

So. nun habe ich also vor allem meinem geliebten Mukkerl Bericht abgestattet, und ihr vielleicht eine kleine Freude damit gemacht, daß Sie sieht daß ihr Carl mit Auszeichnung aufgenommen worden, und mit Beyfall überschüttet worden ist. ich habe mich zwar auch gefreut, aber so erhoben, und neu gestärkt wie sonst, nach einem so äußerst glänzenden Erfolg, fühlte ich mich nicht.      das liebste ist mir daß jezt alles so Schlag auf Schlag geht, und ich dann meine Arbeit an der SiegesCantate ohne weitere Unterbrechung anfangen und vollenden kann.

Gott schenke mir dazu heiteren Sinn und Kraft, denn ich möchte gerne etwas dieser großen Begebenheit würdiges leisten.

Von Jungh habe ich nun endlich auch ein Brief erhalten, in dem er mir die Todtesgefahr meldet in der seine gute Frau war*.

Heute tritt Mad: Sessi-Neumann, als Vestalin auf*. H: und Mad: Lembert von Stuttgart sind hier. Von Augsburg aus ein mehreres. ich muß jezt leider schließen da Bärmann mich drängt.

Lebe wohl, geliebtes Leben, sey heiter und zufrieden und gedenke in Liebe deines dich ewig innigst liebenden treuen Carls.

Apparat

Zusammenfassung

teilt mit, dass er vom 5. bis 8. August nach Augsburg reise; Tagebuch 1.–3. August: berichtet von dem Erfolg seines Konzerts in München; teilt mit, dass er nach seiner Rückkehr aus Augsburg mit der Komposition von Kampf und Sieg beginnen wolle

Incipit

Im Strudel der größten [r]ette ich eine Viertelstunde

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: 55 Nachl 100/B, 1462

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
    • PSt: a) R 4. MÜNCHEN. | 4 AUG. 1815; b) Chargé
    • am unteren Rand Bl. 1r Vermerk von Max Maria von Weber (Tinte): „Daß vorstehender, an meine Mutter gerichteter Brief, durchaus | von meines Vaters C. M. von Weber eigener Hand geschrieben ist, | bezeuge ich hiermit. Dresden 3. Nov. 1860 | Max Maria von Weber.“

    Provenienz

    • 2014 Ankauf des Schott-Archivs durch ein Käuferkonsortium (u.a. die Staatsbibliotheken Berlin und München)

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Bartlitz (Muks), S. 178–180 (Nr. 13) nach der Abschrift: D-B (Mus. ep. C. M. v. Weber 60)

Textkonstitution

  • Sie„sie“ überschrieben mit „Sie

Einzelstellenerläuterung

  • „… noch allerley Anstalten zu treffen“Die Vorstellung von Ifflands Hausfrieden im Hof- und Nationaltheater dürfte Weber demzufolge nicht besucht haben, zumal er das Stück laut Tagebuch bereits am 28. Juli 1815 gesehen hatte.
  • Geburtstagrecte „Namenstag“.
  • „… , Abends also bey ihm“Zu den Mitwirkenden und der gespielten Musik vgl. das Tagebuch.
  • „… der seine gute Frau war“Vgl. dazu Webers Brief an Gänsbacher vom 11. August 1815.
  • „… Sessi-Neumann , als Vestalin auf“Sie debütierte am Hof- und Nationaltheater als Julia; vgl. auch Tagebuch.

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