Carl Maria von Weber an Caroline Brandt in Prag
Dresden, Freitag, 22. August 1817 (Nr. 82)

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An

Mademoiselle

Carolina Brandt.

Mitglied des Ständischen

Theaters

zu

Prag.

Kohlmarkt 514

2t Stok.

Mein vielgeliebtes Herz!

Habe dir heute recht ausführlich schreiben wollen, und kann es nur sehr kurz. Nachdem ich Gestern früh um 10 Uhr meine No: 81 abgeschikt hatte, gieng ich in die Probe, wo die Nachricht kam daß keine Oper in Pillnitz sei, um 11 Uhr kam eine Staffette daß eine sei. Nun giengs an ein Rennen und Laufen. ich zog mich an, und fuhr um ½ 2 Uhr ab. gegeben wurden die Braut aus der Fremde, und das Geheimniß. Der König und alle Herrschaften unterhielten sich den ganzen Abend mit mir, der König fragte mich genau um meine VerbindungsGeschichte, und gratulirte mir dann recht herzlich und ich sollte dich grüßen. so auch Alle Andern. es war recht schön und hat mich sehr gefreut. Heute um 7 Uhr Lection, und um 8 Uhr, da wurde ich nach der Neustadt zu dem durchreisenden Gehh. LegationsRath Jordan aus Berlin gebeten der mich doch gern sprechen wollte, ich zog mich also schnellstens an, und erhielt dann da endlich Gewißheit, nehmlich, daß der König von Pr: es rund abgeschlagen habe mit dem Beisaz daß er mir sehr gewogen wäre vor der Hand aber diese Stelle gar nicht wieder besezzen wolleT. Der Fürst Hardenberg war darüber sehr betroffen, da er sich sehr für mich intereßirt hatte aber den unglüklichen Zeitpunkt gewählt, die Sache dem Könige den Tag nach der Brandt Nachricht* zu geben. Du siehst also Mukkin daß ich billiger Weise von der Brandt Ersaz hoffen muß, was mir der Brandt in Berlin genommen hat. ich versichere dich meine geliebte Lina, daß diese Nachricht statt mich zu betrüben, mir ordentlich dadurch lieb ward und mich erleichterte, weil ich doch endlich aus der peinigenden Ungewißheit heraus bin. Hier hoffe ich soll noch alles gut gehen, und ich gehe jezt mit Lust an unsere EinrichtungT.     Puntum.      Natürlich muß ich der Politik wegen, so lange bis hier alles entschieden ist, noch immer thun, als ob die Berliner nach mir langten, deßhalb verschweige auch du die Sache. Vorgestern habe ich uns ein recht schönes TheeZeug bestellt in der Porzelän Fabrik. Ey, es wird schon hübsch werden bey uns.

In deinem nächsten Brief hoffe ich auch deinen Entschluß wegen der Atlas Muster zu hören.      Nun noch zu Deinem 83. Louis wird gewiß den Vater gut versorgt haben*. Du wirst ihn auf jeden Fall sehen, denn ich gehe auch nach Mainz, und jezt desto gewißer. Faße dich geliebtes Leben, und laße uns alle Prüfungen Standhaft ertragen, du siehst das Schiksal spielt seltsam auch mit mir. Die Ruhe in der Brust hält doch über alles empor, und vereint trägt sich das Leid leichter, ist die Freude doppelt groß. Du giebst also die Spröde nicht*.     Wenn dieser Brief auch nicht lang ist, so hat er doch desto wichtigern Inhalt. Der Gestrige schöne Abend in Pillnitz hat auch viel dazu beigetragen daß ich die Nachricht ruhiger hörte, und – du lachst vielleicht darüber, daß ich jezt meine längst geträumte Ordnung hier fortführen kann, ist mir auch viel werth, denn das Ziehen von Neuem hätte wirklich viel wiederliches gehabt. Auch weiß ich nun wie es hier ist, und an was ich mich halten kann, und wer konnte voraussehen wie es dort vielleicht sich wendete. Gott segne dich + + + und schenke dir Faßung.

grüße mir die Mutter bestens, eben so Drs und Grünb: pp Schmidls grüßen auch 1000mal. Ich umarme dich innigst bald selbst. nur noch 1 Monat. – Ewig dein dich treu und zärtlichst liebender Carl.

Millionen Bußen.

Apparat

Zusammenfassung

Tagebuch 21.-22. August; habe durch Legationsrat Jordan Nachricht erhalten, dass der preußische König den Antrag Brühls abgeschlagen habe u. die Kapellmeisterstelle Gürrlichs vorläufig nicht wiederbesetzen wolle; werde die Entscheidung in Dresden vorerst nicht publik machen; äußert seine Erleichterung über die erfolgte Entscheidung

Incipit

Habe Dir heute recht ausführlich schreiben wollen

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ep. C. M. v. Weber 118

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
    • Siegelloch
    • Rötelmarkierung von Max Maria von Weber

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Muks, S. 478–480

    Einzelstellenerläuterung

    • „… Tag nach der Brandt Nachricht“Am 29. Juli 1817 war das alte Berliner Schauspielhaus abgebrannt.
    • „… den Vater gut versorgt haben“Louis Brandt wechselte vom Engagement am Mainzer Theater nach Mannheim; der Vater zog allerdings nicht mit um, sondern blieb in Mainz.
    • „… giebst also die Spröde nicht“Gemeint ist die Titelpartie in Die junge/stolze Spröde; vgl. Webers Briefe vom 6. bis 8., 10./11., 12. sowie 21. August 1817.

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