Caroline von Weber an Carl Maria von Weber in London
Hosterwitz, Montag, 8. Mai 1826

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To charles Maria v: Weber

No 91 Portland Street. Portland Place.

By Sir george Smart

London

erhalten, London d: 18t May
btw ---------- 19. 1826.
durch No. 29.

Willkomen in Hosterwitz mein geliebter Theurer Carl! bin trotz alles Aberglaubens den Freytag Nachmittag heraus gezogen, und habe zum Lohn den schönsten Abend hier gehabt. Gestern habe ich den Rothe holen laßen weil ich erst ein bißel auspaken wollte, der brachte mir Dein liebes Briefel No 22 von 25t mit, und nun sind wir schon völlig eingerichtet, und nur die gute liebe Männe fehlt uns. Tausend Dank mein Leben daß Du über meinen dumen Brief nicht zankst habe rechte Angst gehabt wie ich Deinen Brief aufmachte, aber schon die Ersten Zeilen beruhigten mich. Ja mein Alter! Dei[ne] arme Lina ist auch schon hinlänglich gestraft durch die Angst selbst die sie aus gestanden hat, es wäre recht hart wenn ich nun auch noch Schelte kriegte. Ja ich glaube wohl daß Du nun lachst über meinen edelmüthigen Trost, aber wie ich ihn schrieb war mir gar nicht lächerlich zu muthe Gott sey ewig gedankt daß bis jetzt alles so gut gieng! er wird dich auch gesund wieder in unsere Arme bringen. wie es zugeht das ich Deine Briefe durch Basange bekome, weiß ich nicht, aber bis jetzt hat er sie mir immer geschikt, ich dachte es wäre eine Anortnung von Dir. auf jedenfall bekome ich sie so schneller, nur die Letzten stokten wieder ein bißel. Heute habe ich nun Hoffnung wieder einen zu bekomen, denn da der König nicht nach der Stadt ist weil er den Schnupfen hat, so kömt heut Nachmittag eine Ordonanz. — Will nur sehen wie lange die Männe wird das Feldgeschrey Ruhe! haben —  gewiß ein ganzes halbes Jahr dann geht die Noth von neuen an, aber warte nur! Die Briefe laße ich alle unter Glaß und Rahm machen und in meine Stube aufhängen, und hilft das nichts, — so hänge ich mich dazu. Potz! Plitz! Die Suppe und Rindfleisch nebst Macaroni waren theuer! dafür will ich auch kochen und noch was hübsches Schmu machen. Der arme Fürstenau ist zu beklagen wenn er nicht oft eingeladen wird. Was ich mit dem Geld von Schlesinger anfangen soll weiß ich noch nicht, da muß Engelhard wieder Rath schaffen. Was hat der Finanzminister doch für Sorgen! ja ja so gehts! hat man was ist hat man Sorge, hat man nichts — na, da hat man noch mehr.

Schwarz von Wien hat mir auch gestern geschrieben, der gratuliert auch zum glüklichen Oberon, und fragt an ob er im Juli wieder bey uns wohnen könnte* — was zu thun? abschlagen doch wohl nicht, aber in die Kinderstube, nicht wahr? Da kann er mir die | Wanzen weg rauchen. lieb ists mir grade nicht, aber was will man machen. Der junge Bösenberg deßen Prozeß sich zu seinen Gunsten zur Zuchthaus Strafe entschieden hatte, ist nun gestorben. Gott lob! kann man sagen. für ihn und seine Verwanten ein Glük daß er Tod ist. Der Vater soll ganz glüklich darüber sein.

Schwarz schreibt auch noch daß Barbaia den 29t v M. das Kär[n]tnerthortheater mit Weigels Oper: Die Jugend Peter des Großen. eröfnet hat*. Das Theater war neu decoriert. Die Vorstellung gut einstudiert, hat aber nur theilweise gefallen. Betti Schröder hatte die Hauptrolle und gefiel. Mell Schächner aus München wird erwartet und die Wiener versprechen sich Wunder von ihr*. Die ital. Oper komt erst October oder November* das erste Ballet hat nicht gefallen*. Carl aus München hat seine Vorstellungen beendet*, und was mit dem Theater werden wird weiß noch niemant. Fräulein Hannman geht mit der Thate wieder nach Carlsbad*, und Zahlhaasens gehen Übermorgen nach Bremen wo er Gastrollen giebt. Leider habe ich mir auf einige Zeit ihr kleines Mädchen aufschwatzen laßen zu Maxens Spielgefährtin; sollte sie aber nicht gut thun, so spaziert sie nach Dresden zu ihren Dienstmädchen.      Die an Winkler geschikten Musikstüke sind bereits übersetzt, abgeschrieben und fortgeschikt*. Rothe war ganz entzükt von der herlichen Composition. Wie sonderbar wird mir zu muthe sein, wenn ich die Oper einmal zu hören bekome! ich will aber auch gewiß in keine Probe gehen, um den Eindruk ganz frisch zu empfangen.

Unser Rothe gefällt sich recht gut hier haußen, wenigstens sagt ers — eben spielt er Klavier, und das macht mich recht wehmüthig, denn ich denke: wenns nur meine gute Männe wäre die wieder diese Töne zu mir schikt! — ich will aber brav und heiter sein, und die wehmüthigen Gedanken fort jagen: 2 Monat gehen bald herum! Max lernt fleisig bey Rothe, aber große Fortschritte hat der Faselhans noch nicht gemacht. Der arme Bursch hat auch den Schnupfen von mir bekomen ist aber übrigens frisch und munter. Lexel will gar nicht mehr aus dem Stall von den Hottel weg. Er und | Johan sind dike Freunde. Wenn nur erst die Witterung beständig wäre. Heute sieht es wieder ganz trübe und regnerig aus, aber doch ist’s hier 1000mal schöner als in der Stadt. wie erquikent und erfreulich ist der Anblik der blühenden Bäume, und man fühlt ortendlich wie wohlthätig die herliche Luft auf einen würkt — ach ja! es ist doch gar schön hier!!! Auf morgen haben sich Zahlhaasens und die Fräuleins ansagen laßen. — Zahlhasens wollen Abschied nehmen und mir ihre Rieke übergeben. Es ist ein rechter Unsinn von der kranken Frau mit dem Mann die Reise zu machen, aber die jungen Leute können sich nicht auf 3 Wochen trennen — —. Im Theater wird abwechselnd Blaubart und die Schweizerfamilie bey vollen Hause gegeben*. Den Donnerstag spielt die Wollbrük die Pamina*, bin aber gar nicht neugirig sie durch fallen zu sehen. Marschner soll ganz desperat verliebt sein — villeicht zieht die gute Wollbrük ihn hier weg — nun dann hätte sie die Würkung eines heilsamen Zuchpflasters gehabt und man müste dankbar sein.      Das mein guter Alter nicht nach Berlin geht den Oberon dort auf zu führen bin ich überzeucht! laß sie ihn doch sieden oder braten Dir können sie nun doch nicht mehr schaden. Uiberhaupt hast Du nun das Deine gethan! höher gehts nicht mehr. Ich denke mir das gar so reizend wenn mein Alter nun einmal ganz ruhig und zufrieden bey uns, und für uns leben wird, wenn wir nun auch einmal rafinieren wie wir unser Leben geniesen wollen, wenn Du nicht mehr nur immer ein paar sorgenvolle Stunden Deiner Arbeit für uns abstiehlst — kurz wenn wir auch einmal Leben — ach, wird’s auch dazu komen? nun ich will es freudig hoffen. Gott wird mein Gebet erhören und Dir Gesundheit schenken, das Du armer Mann auch kanst was du gewiß willst. An mir sollst du eine fröhliche Mukin finden, die gewiß von ganzen Herzen Geduld hat wenn Du einmal gramlich bist — daß sind meine festen Vorsätze.

Gott schenke uns bald ein frohes Wiedersehen. 1000mal küßt Dich Deine Lina. + + +.

Dein Bild haben wir auch mit heraus genomen, und die Kinder haben es mit Blumen und Blüten bekränzt.

Von den Hofmenschen habe ich noch niemant gesehen, mor[gen will] ich Schmi[de]ls* be[suchen]

Editorial

Summary

ist doch am Freitag, dem 5. Mai, nach Hosterwitz gezogen, berichtet von Theaternachrichten aus Wien und dass sich Schwarz als Logierbesuch für Juli angesagt hat; Oberon-Teile, die er an Winkler geschickt habe, sind bereits übersetzt, abgeschrieben und fortgeschickt; Theaterklatsch: Marschner/Wohlbrück und Persönliches

Incipit

Willkommen in Hosterwitz mein geliebter theurer Carl!

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Mus. ep. Caroline von Weber 23

    Physical Description

    • 1 DBl. (4 b. S. einschl. Adr.)
    • Papier- und Textverlust durch Fehlstellen am Seitenrand Bl. 2v
    • mit Empfangs- u. Beantwortungsvermerk Webers
    • PSt.: a) DRESDEN | 8. Mai 26 b) F P O | MY - 18 | 1826

Text Constitution

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  • “… ”Quer zur Schriftrichtung am linken Rand von Bl. 2v:
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  • “suchen”supplied by the editors

Commentary

  • “… wieder bey uns wohnen könnte”Carl Schwarz gastierte vom 6. bis 24. Juli 1826 am Dresdner Hoftheater.
  • “… des Großen . eröfnet hat”Vgl. dazu auch den Bericht in der Allgemeinen Theaterzeitung und Unterhaltungsblatt für Freunde der Kunst, Litteratur und des geselligen Lebens, Jg. 19, Nr. 57 (13. Mai 1826), S. 230f.
  • “… versprechen sich Wunder von ihr”Nanette Schechner gastierte an der Wiener Hofoper vom 22. Mai 1826 bis 5. Mai 1827 sowohl in deutschen als auch italienischen Opern.
  • “… komt erst October oder November”Die italienischen Opernaufführungen begannen in Wien erst wieder am 20. Februar 1827.
  • “… erste Ballet hat nicht gefallen”Alexander in Indien, Ballett in 5 Akten von Armand Vestris mit Musik von verschiedenen Komponisten; Premiere am 23. März 1825; unter Barbajas erneuerter Direktion erstmalig am 1. Mai 1826. In der Allgemeinen Theaterzeitung und Unterhaltungsblatt für Freunde der Kunst, Litteratur und des geselligen Lebens, Jg. 19, Nr. 58 (16. Mai 1826), S. 235 heißt es allerdings: „Das Ballett wurde mit großem Beyfalle aufgenommen und alle Solo-Tänzer mit ehrenvollem Beyfalle ermuntert.“
  • “… München hat seine Vorstellungen beendet”Carl Carl beendete mit dem 30. April 1826 seine Gastdarbietungen im Theater an der Wien; vgl. AmZ, Jg. 28, Nr. 22 (31. Mai 1826), Sp. 366 sowie Allgemeine Theaterzeitung und Unterhaltungsblatt für Freunde der Kunst, Litteratur und des geselligen Lebens, Jg. 19, Nr. 56 (11. Mai 1826), S. 226f. Noch im selben Jahr schloss er einen Pachtvertrag für das Theater ab.
  • “… der Thate wieder nach Carlsbad”In der am 18. Juli 1826 ausgegebenen Karlsbader Kurliste finden sich unter Nr. 1154 bis 1156 „Frau Hofräthin Dathe, Fräulein Natalia Spalte, und Fräulein von Hanemann, aus Dresden, woh. zu den 3 Schwalben auf der Wiese“ (Ankunft 16. Juli 1826). Zum Karlsbad-Aufenthalt der Damen Dathe und Hanmann 1824 vgl. Webers Brief an seine Frau vom 2./3. August 1824.
  • “… bereits übersetzt, abgeschrieben und fortgeschikt”Betrifft Arbeiten zum Klavierauszug von Webers Oberon (Nr. 19, 20 und 22)T.
  • “… Schweizerfamilie bey vollen Hause gegeben”Nach Wiedereröffnung des Hoftheaters (24. April) spielte die deutsche Hofoper bis Mitte Mai tatsächlich abgesehen vom Freischütz (27. April) nur Blaubart (24. April, 2. und 7. Mai) und Schweizerfamilie (30. April, 9. Mai).
  • “… spielt die Wollbrük die Pamina”Am Donnerstag, dem 11. Mai, wurde in Dresden Wilhelm Tell gegeben; in der Zauberflöte am 4. Juni sang die Wohlbrück die Königin der Nacht.
  • “… will ich Schmi de ls”Infrage kämen Friedrich, Marianne, Antonia, Caroline und Nanny Schmidl.

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