Adolph Martin Schlesinger an Tobias Haslinger in Wien
Berlin, Montag, 26. November 1827

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Herrn Haslinger in Wien

Ihr beleidigendes mit Ingrimm angefülltes Schreiben vom 14. d. M nebst 2 Tratten von

sgr 81. 28. in ? 20 Fuß auf Hoffmann in Frankf. […] d 31 Januar 1828.

" 51 " 8 - 24 --- - - Bittner in Dresden 31 Decbr 1827.

welche als Rimessen für die Ihnen Anfangs Septbr eingegangne Zahlung[…] Diabelli dienen sollten habe ich erhalten. Die beiden Anweisungen folgen einliegend zurück da ich weder in Frf. noch Dresden andere Correspondenten als Buchhändler habe, wo eingehende Gelder ebenfalls stehen bleiben, und wieder mit jährlichen Tratten saldirt werden. Dergleichen Anweisungen sind keine Rimession für eingegangene Gelder, sondern werden nur zur Incasso nach den Orten gesendet, wo sie zahlbar sind. – Ich habe mein Guthaben schon auf Sie abgegeben, in denselben Münzarten wie sie für mich einnehmen, und zweifle nicht daß Sie meine Anweisung prompt einlösen. Sollte es nicht geschehen sein, so sende ich meine Anweisung gleich nach R[…]empfang gleich wieder nach dorten, da ich nur für dort eingegangenes Geld anweise. Daß Sie unsere Rechnung 1826 auf die Sie bereits im April und […] noch einmal speziell von mir empfingen, bis jetzt Ende Novbr noch nicht Zeit gehabt haben nachzusehen, weil Sie eine Notendrockerey einrichteten, ist mir sehr befremdend. Was geht es Ihre Correspondenten an, welche Geschäfte Sie haben? Lassen Sie sich von denen, die Ihnen zu zahlen haben damit vertrösten, in 6 Monaten nicht Zeit gehabt zu haben die Rechnung nachzusuchen?! – Ich glaube schwerlich – Sie verstehen es ja gut, nur auf Ihren Vortheil zu sehen bei der Abrechnung Ostermesse 1826 behauptete Herr Steiner daß meine Sendung vom 12 Novbr 1825 von 49 rh 16 gr ord auf meine Rechnung gestellt werden müsse weil Sie erst im Januar 1827 in Wien eingegangen sei, hingegen fand er es für gut, 6 Weber Euryanthe K. A. die ich am 15t Debr p. Fuhre verschriebt, weil diese Oper im Januar hier gegeben werden sollte, und die ich auch erst im Januar empfing auf alte Rechnung zu stellen, worauf ich ihm Saldo mußte, anstatt daß ich Zahlung empfangen sollte. Es war mir zu gering, um darüber zu streiten, nahm es so an und bezahlte ihm Saldo. In letzter Ostermesse fand Hr. St. für gut, nicht abzuschließen, obschon ich ihm die Differenzen genau und unwiederleglich nachweisen ließ, und bis jetzt wollen Sie keine Zeit gehabt haben, die Rechnung nachzusehen? Dazu gehört doch wohl nur wenig Zeit! In meinem Briefe vom 27t August schrieb ich Ihnen bereits, daß ich um […]ke mit Ihnen nicht rechten mag, jetzt aber treiben Sie die Beleidigungen und Anmaßungen zu weit, und in der nächsten Ostermesse werde ich Ihnen zeigen ob Sie das Recht haben, Ausdrücke zu gebrauchen wie Sie sich deren in Ihrem Briefe vom 14 d. bedienten. Glauben Sie daß Ihnen weil Sie jetzt alleiniger Eigenthümer der Steinerschen Handlung sind das Recht zusteht andere Gesetze vorzuschreiben, und zwar Gesetze nicht auf Recht und Billigkeit gegründet, sondern aus d. Stegreif gegriffen, bloß zu Ihrem Vortheil, während Sie selbst nicht Recht und Billigkeit nicht anerkennen wollen. Ich schlug Ihnen vor, daß wir uns durch unser Ehrenwort und außerdem bei jeder beliebigen G[…]straße verpflichten daß keiner von uns irgend einen Nachdruck des Verlages des andern verkaufe, auch die bei meinem Sohn in Paris erschienenen keine Ausnahme machen sollen. Ich hatte Herrn Steiner schon früher diese Proposition gemacht er wollte meine Unterschrift annehmen verweigerte aber die Seinige, und auch Sie verweigern es durch Ihr Schweigen, Sie sprechen sogar den Gesetzen des Anstandes, und der collegialischen Freundschaft Hohn, indem Sie bei meiner Anwesenheit in Wien und in meiner Gegenwart den Nachdruck der Ouv. des Oberon zum Kauf ausloben, und dieser Nachdruck g[…]chtet meine Erinnerung so lange ich dort war auf Ihrer Tafel auslegten, während die original Ausgabe angezeigt und dort zu haben war; auch andere dortige Handlungen 50 - 60 Expl davon gebraucht haben. Ich wiederhole Ihnen nochmals lassen Sie uns obigen Vertrag gegen Nachdruck unterschrieben, und der Handel wäre dadurch neu belebt worden.

Nur Sie und mehrere Wiener sollten durchaus behaupten, daß die Handlung meines Sohnes in Paris mein Etablissement sei, gleichfalls als hätte es noch keinen Vater gegeben, der seinem Sohn zu einem eigenen Etablissement hinreichende Fonds gegeben hätte, – und was ist es dann, was man der Handlung meines Sohnes zum Vorwurf machen will. – Sie haben den Wienern nachgedruckt haben Richault Plejel Paccini Le Duc und mehrere andere in Paris nicht ebenfalls dieselben Werke nachgedruckt, und haben Sie gegen die Pariser nicht eben so verfahren. – Sie nennen meine Herausgabe der Sammlung der Beethovenschen Qu. Nachdruck, ein Wort was Ihnen theuer zu stehen kommen soll – Ein rechtlicher Mann nimmt so etwas nicht ruhig hin. – Mein stetes Bemühen ist, und war es immer jedes Eigenthumsrecht vor […]lichkeit zu schützen, und selbst da, wo ich alle Ursache hätte Represalien zu gebrauchen, habe ich es nicht gethan um mit guten Beispielen voranzugehen, und in der Hoffnung daß bald eine Vereinigung der Musikhändler statt finden würde, jenem Unwesen des Nachdrucks zu steuern, Sie aber wagen es, mich in der Herausgabe der Sammlung der Beethoven’schen Qu. u. Quint. eines Nachdruckes zu zeihen, wahrlich eine Anmaßung, die mich nicht wenig befremdet. Daß die Uebernahme keinen Pecuniairen Vortheil bringt, sondern nur zur Förderung der Kunst geschieht, wissen Sie sehr wohl, und hätten Sie die Partituren der Ihnen gehörenden Qu. damals eher ausgegeben so würde ich dieses Unternehmen gewiß nicht gemacht haben; so wie ich auch die bei Artaria & Co und Schott, in Partitur u. Stimmen Quatuor nicht drucken werde, es sei denn, daß ich micht mit jenen Herrn darüber enige. Wie Sie es also Nachdruck nennen können, da Sie bis jetzt die Ihnen gehörenden Quart. welche schon seit Jahren in Stimmen gedruckt sind, nicht in Partitur herausgegeben haben ist mir unbegreiflich stimmt übrigens mit Ihren früheren Verfahren darin überein. Als Sie nehmlich den Freischütz mit 2 ud 4 Händen herausgaben war dies nach Ihrer Behauptung kein Nachdruck, weil Sie mir zuvorkamen, hingegen erklärten Sie bei Webers Euryanthe wenn ich eben so verfahre, so sei es Nachdruck. Ich habe keine Repressalien gebraucht obwohl ich alle Ursache dazu hatte, ich habe weder Arrangements [der] Oper geliefert, noch Variat. oder Potp. über Themas daraus, noch mehr ich habe mich nach Möglichkeit dafür interessirt, und 60 gegen 60 Expl. des vollständigen K. A. von Ihnen genommen und bezahlt. Ist endlich meine Herausgabe der Beethovenschen Quart ud Quint nicht in demselben Fall wie die von Simrock und Breitkopf & H veranstaltete Herausgabe der Beethovenschen Sinph. und Mozarts Quint in Part? Wem ist es je eingefallen, das Unternehmen Nachdruck zu nennen? Niemandem, vielmehr lobt man dessen Herausgabe jener Klassischen Werke, und die Verleger der Stimmen fühlten sich durch die Herausgabe der Partituren weder in ihren Rechten noch im Gewinn beeinträchtigt. Aus welchem Grunde Ihnen meine Herausgabe der B. Quart und Quint-Part. nicht convenirt, weiß ich nicht; ich werde mich jedoch nach Ihren Ideen nicht richten, nichts Unrechtes thun, daher auch Niemand scheuen. – Ich hoffe, Sie werden bei ruhiger Ueberlegung und Erwägung die Sache in einem andern Lichte ansehen als bisher, und ihren Brief als übereilt erklären, in welchem Fall ich alles Beleidigende von Ihrer Seite unerwähnt lassen werde.

Wie sehr ich mit gutem Beispiel vorangehe und Eigenthum zu respectiren weiß beweiße Ihnen folgendes: Andere Handlungen wollen getheiltes Eigenthum nicht anerkennen, und haben mir zugehörige Artikel, als Moscheles Charneval de Paris, Bonboniere, Werke von Klakbrenner & Lafont nachgedruckt – jetzt hingegen wo Probst, Hofmeister, Simrock, solches getheilte Eigenthum gekauft haben, verlangen sie, daß es respectirt werde, und obschon der größte Theil dieser Werke von meinem Sohn als sein Eigenthum in Paris gestochen worden mithin dessen Ausgaben kein Nachdruck sind, so habe ich dennoch keine Exemplare von Paris kommen lassen, sondern meinen Bedarf von den deutschen Verlegern genommen. Hat noch ein Musikhändler so gehandelt? – Spohrs neueste Oper Pietro d’Alban habe ich gekauft. – ich werde mir dazu Privilegien verschaffen. Vom 1t Januar an, werde ich die Bedingung der Einsendung zweier Novas gegenseitig aufheben, ersuche Sie daher […] davon zu nehmen. Wir zeigen uns daher die Novas gegenseitig an, und bestellen was wir davon bedürfen. – Die von Ihnen erhaltene musica sacra liegen noch sämmtlich unverkauft, da Niemand dergleichen hier kauft. Im übrigen verbleibe ich gleichfalls etc.

P. S. Erforderlichen Falls werde ich diesen, als auch Ihren Brief drucken, und dem Publikum zur Beurtheilung übergeben. Man wird dann sehen, wo rechtliche Gesinnungen zur Unterdrückung des Nachdrucks hegt – Sie oder ich.

Apparat

Zusammenfassung

Rechnungsstreitigkeiten, aus denen hervorgeht, dass Schlesinger im Januar Exemplare der Euryanthe von Steiner erhielt; fand die Auslage des Nachdrucks der Oberon‑Ouvertüre bei seiner Anwesenheit in Wien provozierend; ausführlich über Nachdruck (auch im Falle Webers) u. Versuch, ein gemeinsames Abkommen zu erreichen; droht ihm andernfalls Veröffentlichung seines Briefs an

Incipit

Ihr beleidigendes mit Ingrimm angefülltes Schreiben vom 14 d. M.

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Entwurf: Erzhausen (D), Archiv des Verlags Robert Lienau (D-ERZrl)
    Signatur: Kopierbuch Schlesinger 1826–1833, S. 249–252

Textkonstitution

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  • „Frf.“unsichere Lesung
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  • „G[…]straße“unsichere Lesung
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  • „g[…]chtet“unsichere Lesung
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  • „Wienern“unsichere Lesung
  • „[…]lichkeit“unsichere Lesung
  • unleserliche Stelle
  • „Stimmen“unsichere Lesung
  • „daraus“unsichere Lesung
  • „60“durchgestrichen
  • „Expl.“unsichere Lesung
  • „Charneval“unsichere Lesung
  • „gegenseitig“unsichere Lesung
  • unleserliche Stelle

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