Carl Maria von Weber an Johann Gänsbacher in Prag
Wien, Donnerstag, 22. April 1813

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S: Wohlgebohren

Herrn Johann Gänsbacher

berühmten Compositeur

zu

Prag.

bey S: Exellenz dem

H: Grafen Firmian

im Kynskischen Hause

auf dem Altstädter

Ring.

Lieber Bruder!

Ich schreibe dir in höchster Eile diese paar Worte um dir den Abschiedskuß aus der Ferne aufs herzlichste zu reichen. [Kuss-Symbol]

Meinen Brief vom 16t wirst du nun wohl erhalten haben. d: 18t kam Victorine an und brachte mir deinen vom 12t und so eben erhalte ich d: vom OsterSonntag der mir die Vollendung deiner Overture pp anzeigt*. Glük zu H: Bruder ich hoffe zu Gott daß es allgemein gefallen hat, und ärgere mich nur nicht dabey gewesen zu sein.      Für dein getreues Referiren habe 1000 Dank, es unterhält mich ungemein. Beer grüßt, und hat jezt endlich deinen Brief durch Gottfried erhalten von dem ich auch Brief mit beyliegendem Zettel an dich erhielt.      Die arrangements zu meinem ConcertT freßen mir alle Zeit.      Heute reißte Victor: ab nach Graz* und grüßt alle noch bestens. d: 18t war hier auch Concert für die Armen wo Bärmann das Es Concert losließ. und Moscheles ein ledernes Concert von Hummel spielte*. den Tag bekam ich auch 13 Briefe auf einmal, von Berlin pp die sich alle verspätet hatten.      d: 19t hörte ich endlich Salem*. durchaus treffliche Intention, aber kalte Genieschwache Ausführung, er ist ein exzellenter Drukker. d: 20t Zauberflöte an der Wien. Forti Sarastro. nichts. Wild. sehr brav*. d: 21t besuchte mich Kanne und sprach von seinen Opern.

Mein Abu Hassan wird in wenigen Wochen auf der Wieden gegeben*. Palffy trägt mich überhaupt auf den Händen und hat mich schon ein paarmal gefragt ob ich auf lange engagirt sey in Prag. mit meinen aquisitionen gehts langsamT.      Eben werde ich wieder gestört, d: 25t ist also mein Concert, halte mir den Daumen. Sorge dafür daß man mir keine Briefe vom 25t an mehr schikt, da ich d: 3 oder 4t May hier abreise.      Ich möchte mich prügeln wenn ich daran denke daß ich dich nicht mehr finden soll in Prag*. Wie werde ich es aushalten können. Schreibe mir nur ja gleich wo ich meine nächsten Briefe hinschikken soll an dich.

Nun lebe wohl liebster theuerster Bruder, Gott erhalte dich gesund und froh und führe dich bald wieder in die Arme deines dich ewig unveränderlich liebenden Bruders W.

Grüße alle

Gyrowetz hat nur eine Arie in die Vest: geschrieben.

Apparat

Zusammenfassung

über Wiener Erlebnisse und Aufführungen (auch eigener Werke); Schwierigkeiten mit Konzertarrangements

Incipit

Ich schreibe dir in höchster Eile diese paar Worte um

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Wien (A), Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, Bibliothek (A-Wgm)
    Signatur: Weber an Gänsbacher 26

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
    • von Gänsbacher am Ende des Briefes notiert: | Conservatoir. | Liebich
    • am linken unteren Rand Echtheitsbestätigung von F. W. Jähns (Tinte): Eigenhändig von C. Maria von Weber.

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Nohl 1867, S. 226–227 (Nr. 25)

Textkonstitution

  • herzlichstegelöschter Text nicht lesbar
  • 6„5“ überschrieben mit „6
  • „… Grüße alle“fünfmal unterstrichen

Einzelstellenerläuterung

  • „… Vollendung deiner Overture pp anzeigt“Möglicherweise die Ouvertüre der Schauspielmusik zu Kotzebues Kreuzfahrern; vgl. dazu den Kommentar zu Webers Brief an Gänsbacher vom 16. April 1813.
  • „… reißte Victor: ab nach Graz“V. Weyrauch debütierte am 28. April 1813 am Grazer ständischen Theater als Nettchen in Kotzebues Einakter Das Landhaus an der Heerstraße; vgl. Der Sammler. Ein Unterhaltungsblatt, Jg. 5, Nr. 113 (17. Juli 1813), S. 452.
  • „… ledernes Concert von Hummel spielte“Zu der „declamatorisch musikalischen Abendunterhaltung“ im Kärntnertortheater zum „Vortheile der öffentlichen Wohlthätigkeits-Anstalten“ unter Leitung von A. Wranitzky und A. Gyrowetz vgl. auch den Tagebucheintrag; das komplette Programm gibt der Konzertzettel (A-Wn, in: 773.042-D Th.) wieder, vgl. auch Michael Jahn, Die Wiener Hofoper von 1810 bis 1836. Das Kärnthnerthortheater als Hofoper, Wien 2007, S. 437.
  • „… t hörte ich endlich Salem“Vorstellung im Kärntnertortheater; es sangen A. Milder (Homai), A. Laucher (Sulicha), G. Siboni (Salem), J. M. Vogl (Tur), Ignaz Saal (Obermagier) und Christian Demmer (Markad).
  • „… nichts. Wild . sehr brav“Vgl. u. a. Theater-Zeitung, Wien, Jg. 6, Nr. 49 (24. April 1813), S. 194f.
  • „… Wochen auf der Wieden gegeben“Die Oper erlebte erst am 28. Mai 1813 am Theater an der Wien ihre Wiener Erstaufführung.
  • „… mehr finden soll in Prag“Gänsbacher reiste mit der gräflichen Familie Firmian nach Salzburg; vgl. Webers Brief an Gänsbacher vom 23. Juni 1813.

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