Carl Maria v. Weber’s unvollendet hinterlassene komische Oper „Die drei Pintos“ (Teil 2 von 5)

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Carl Maria v. Weber’s unvollendet hinterlassene komische Oper „Die drei Pintos“. Von Carl von Weber.*)

II.
Alles was Weber von den „drei Pintos“ niedergeschrieben, besteht in der in meinem Besitze befindlichen Urschrift der Entwürfe*. Sir Julius Benedict, welcher gerade zur Zeit der Composition der vorhandenen Nummern zu den „Pintos“ in sein Schülerverhältnis zu Weber tratT, schildert die Ausführung derselben wie folgt: „– – trotzdem sie in der gewohnten hieroglyphischen Schreibweise des Meisters zu Papier gebracht waren. Dieser begnügte sich da er das Ganze mit all seinen instrumentalen und vocalen Wirkungen vollständig im Kopfe hatte, nur die Singstimmen niederzuschreiben, vielfach selbst ohne Baß, mit nur sehr kärglichen Andeutungen der Begleitung.“* F. W. Jähns entwirft folgendes Bild von der Handschrift*: „7 ganze und 5 halbe Quer- und 1/2 hochfolio Bogen mit 4 Seiten; Papier fest, durchweg 16zeilig, mit Ausnahme einiger Seiten. Ueberall kleine, oft sehr kleine, flüssige, bald blasse, bald dunklere, zuweiligen Bleistiftschrift, mit wenigen Aenderungen; ohne Titel. Einige Seiten leer, – – kleine Blättchen finden sich angeklebt. Der Bogen mit Seite 1, 2, 39 und 40 umschließt das Ganze. Er trägt auf Seite 1 die einzige vorhandene Seite Partitur der Oper (18 Tacte Introduction und das Ritornell zu dem folgenden Chor). Den Entwürfen liegt ein Blatt bei, welches für die ganze Oper die Tact- und Tonarten aufweist, in welchen Weber die einzelnen Nummern zu componiren beabsichtigte. Nr. 1 bis 6 ist mit Bleistift ein Vermerk über ihre Zeitdauer beigefügt. Nr. 7 trägt denselben auf dem Notenblatte. – Die sämmtlichen Nummern* sind fertig entworfen, nur bei Nr. 5 (Terzett ‚Also frisch‘ fehlt der Schluß. Das Ganze umfaßt etwa 1700 Tacte, also etwa ein Drittel mehr als Weber’s komische einactige Oper ‚Abu Hassan.‘ “*

Nun findet sich aber merkwürdiger Weise bei Carolinen, der Gattin des Meisters, die irrthümliche Ansicht, die „drei Pintos“ seien weiter vorgeschritten gewesen, als sie jetzt vorliegen. Der Irrthum gründet sich auf die äußere Erscheinung der Handschrift. Carolina hatte die Entwürfe zu den „drei Pintos“ selbst in Weber’s Koffer gelegt, als dieser nach London abreiste und zwar hätten dieselben, wie sie an Meyerbeer schreibt, aus dem „ersten und dem halben zweite Acte“ bestanden, welche auf der Reise nach London unerklärlicher Weise verloren gegangen seien, so daß nicht übrig sei, als die „unvollständigen Entwürfe, welche Ihnen ein schwacher Leitfaden werden konnten“, also dieselben, welche auch heute den ganzen Bestand des Pinto-Manuscriptes ausmachen*. An der Vorstellung, daß außer dem letzteren noch ein ausgeführter Theil vorhanden gewesen sei, hielt Carolina fest und auf ihre Veranlassung hat der berühmte Pianist und Componist Hummel bald nach Weber’s Tod zwei Jahre nach einander in Paris und London eifrig nach diesem „verschwundenen“ Theile der Entwürfe geforscht, trotzdem Sir George Smart, der edle Gastfreund, in dessen Haus Weber verschied, ihm „auf seine Seligkeit schwur, daß das Manuscript weder unter Weber’s Nachlasse gewesen sei, noch er je Etwas davon gesehen habe.“ (Brief Hummel’s an Caroline vom 6. Mai 1832*). Später hat sogar Carolina gegenüber Sir Julius Benedict (im Jahre 1848) und F. W. Jähns geäußert: „die ganze Partitur sei in derselben sauberen Handschrift vorhanden gewesen, wie die des ‚Freischütz‘ und der ‚Euryanthe‘.“

(Fortsetzung folgt).

[Originale Fußnoten]

  • *) Alle Rechte vorbehalten

Apparat

Zusammenfassung

Über Webers Opernfragment Die Drei Pintos. Carl von Weber verweist hierzu u.a. mehrfach auf das Konvolut D-B, Mus. ms. autogr. C. M. v. Weber WFN 3 und die mit dem Werk verbundenen Gerüchte, die er auszuräumen versucht.

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung und Kommentar
Obert, Salome

Überlieferung

    Einzelstellenerläuterung

    • „… Besitze befindlichen Urschrift der Entwürfe“Das Konvolut D-B, Mus. ms. autogr. C. M. v. Weber WFN 3 befindet sich heute in der Staatsbibliothek zu Berlin. Darin findet sich ein Verzeichnis der insgesamt 17 Nummern inklusive der Ouvertüre mit entsprechenden Satzbezeichnungen, Angaben der jeweiligen Tonarten und Dauer. Von diesen 17 Stücken hat Weber lediglich die Nummern eins bis sieben bzw. bis zum Beginn des zweiten Akts skizziert, häufig auf zwei Systemen, meist Singstimmen mit den wichtigsten instrumentalen Motiven und teilweise unvollständig.
    • „… sehr kärglichen Andeutungen der Begleitung.“In Carl von Webers Text fehlen schließende Anführungszeichen.
    • „… folgendes Bild von der Handschrift“Gemeint ist WFN 3.
    • „… Notenblatte. – Die sämmtlichen Nummern“Gemeint sind die Nummern 1 bis 6, was dem ersten Akt entspricht.
    • „… einactige Oper Abu Hassan .“Vgl. Jähns, Werke S. 421. Carl von Weber lässt einige Bemerkungen ungekennzeichnet aus. Die Textübernahme aus dem Jähns-Werkverzeichnis ist teilweise eher paraphrasierend. Außerdem fehlen auch hier schließende Anführungszeichen.
    • „… Bestand des Pinto -Manuscriptes ausmachen“Ein solcher Brief lässt sich nicht nachweisen. Hinrich Lichtenstein gegenüber berichtet Caroline von Weber in einem Brief vom 30. Juni 1826, dass die Familie nach Webers Tod von den Pintos bisher so wenig Material gefunden habe, dass sie hofft, er hätte mehr Material auf seiner Englandreise dabei gehabt. Bereits 1867 versuchte Jähns in einem Artikel das Gerücht auszuräumen, Weber hätte seine Materialien zu den Pintos nach London mitgenommen und dort verloren.
    • „… Caroline vom 6. Mai 1832“Der Brief ist allerdings verschollen.

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