Caroline von Weber an Carl Maria von Weber in London
Dresden, Montag, 20. und Dienstag, 21. März 1826

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To charles Maria v: Weber

No 91 gr: Portland Street. Portland

Place. by Sir george Smart

per Hollande

London

erhalten London d: 30t März 1826.
                  btw------------------- 31---------------
 durch No: 15.

Wie soll ich Dir beschreiben mein Theurer geliebter Carl, wie glüklich mich Dein lieber Brief No 8 vom 7ten gemacht hat! wie kann ich Gott genug für so viel Gnade danken! ach könnte ich nur einen Augenblik Dich an mein Herz drüken. Der ganzen Welt mögte ich meine Freude mittheilen. Aber ich kann wohl sagen: halb Dresden freut sich mit mir über Deine glänzende Aufnahme, und man ist Stolz auf Dich. Was mein Glük heute noch erhöhte war ein Brief von Fürstnau an seine Frau, worin er Deine Aufnahme im ersten Oratorium beschreibt*. hätte ich das nur mit sehen können! auch Schütz kam heut in aller früh zu mir, mir einen Brief von 10ten zu zeigen, wo der Jubel ebenfalls beschrieben war. Das von Dir kein Brief kam, hat mich nicht gewundert denn meine geliebte Männe ist gewiß so belagert und beschäftigt daß er die Augenblike für mich stehlen muß. aber ich bekome doch in diesen Tagen einen Brief, das weiß ich schon. Dem guten Rothe hat Dein Brief auch Freuden Tränen gekostet, auch der Alte Böttiger war ganz gerührt, und er lies mir keine Ruhe ich muste ihm erlauben einige Stellen Deines Briefes heute im LiederkreisT vorzulesen daß sich da die Meisten herzlich freuten kanst Du denken und alle gaben mir die schönsten Grüße für Dich mit. Auch Lüttigau kam heute zu mir mich nach Nachricht von Dir zu fragen (ich war noch nicht hin gekomen) ich theilte ihm die Hauptsachen mit, und er konnte gar nicht begreifen wie das Publicum Dich habe applaudiern können, wenn Du nichts aufführtest, das schien ihm etwas ganz Unerhörtes. Noch heute wird er bey Hof alles berichten. Was Du mir von den Sängern schreibst ist sehr beruhigend und erfreulich, nun der liebe Gott möge ferner seinen Segen geben. Daß Du Aussicht hast Geld zu verdienn, ist auch nicht zu verachten, nur strenge Dich ja nicht zu sehr an, und schone vor Allem Deine Gesundheit. Daß Du bey Smart so gut versorgt bist, hat mir einen großen Stein vom Herzen genomen, danke ihm ja in meinen Nahmen dafür[.]

Ja wohl reist kein König so wie Du!, Dem dienen nur Hände und Köpfe, aber Dir die Herzen.      Also die Oper ist verschoben? ist doch auch keine kleine [Be]trügerey? es wäre nicht Recht | denn ich mögte doch gern in Gedanken dabey sein. Doch das wäre das erste mal das die Männe mir die Wahrheit verschwige, selbst um mir etwas zu erleichtern wird er das nicht thun. Ich denke mir immer zu Maxens Geburtstag werde ich von der Oper Nachricht bekommen und ist sie gut, wie ich hoffe, so wird daß das schönste Angebinde für mich sein. Wie vorgestern der Brief kam und ich vor Freuden nicht wuste waß ich thun sollte, und nun an Deiner Statt unsere beiden Kinder mit Freudenthränen an mein Herz drükte, sagte Max: nicht wahr Mutter, nun wirst Du immer brav sein, und Dich nicht mehr ängstigen. Der Bursch hat das so aufgeschnapt, aber es klang gar so trollig, und rührend. Allexander fängt nun auch an ein bißel zu plaudern, wenn man auf Dein Bild zeigt und fragt wer das ist, so sagt er mit einen unentlich freundlichen Gesichtel Papa! zu dem Bild ist überhaupt seine imerwährende Wallfahrt, und man kann ihm keine größere Freude machen als wenn man ihn so hoch hebt daß er Dich küßen kann. Ich glaube gewiß Du wirst ihm nicht ganz fremd werden. Doch heute ist’s schon spät (11 Uhr) der Mensch muß ins Nest, auch kann ich noch immer meiner dummen Hand wegen nicht länger schreiben, sie wird mir dann ganz pelzig und Tod. Das Oberbein* hat grade auf der Flechse* geseßen nun ist das zwar weg, aber die flüßige Materie die darin war, hat sich nun durch die Flechsenhaut verbreitet. Der Spiritus den ich brauche thut aber gute Dinste, und bald wird alles wieder gut sein.

Nun gute gute Nacht für heute. Gott segne Dich mein Geliebter Theurer Mann. ach was gäbe ich darum nur eine halbe Stunde bey Dir zu sein. Meine Gedanken mein Herz ist imer bey Dir. gute gute Nacht.

den 21t Morgens.

schönen guten Morgen mein herzlieber Carl! hast Du heute Nacht so gut geschlafen wie Deine Mukin, so freut’s mich sehr, denn ich schlief, gar nicht nach meiner sonstigen Art, wie ein Murmulthier bis um 7 Uhr. habe heute auch schon große Corespontenz gehabt, nach Prag und Berlin. Nach Prag wegen der rükständigen Intreßen* und nach Berlin, Herrn Schlesinger wegen den sächsisch[en] | Prifilegium zu beruhigen, an daß er angelegendlichst erinnert. Die Unkosten dafür werden bedeutent sein, gegen 20 Thaler, ich werde ihm die Rechnung durch Engelhardt schiken laßen nicht wahr? es wäre doch ganz Toll wenn Du die Unkosten tragen solltest.      Nicht wahr mein Alter, die Vorsicht des Herrn Tribel war diesmal doch gut,? denn jetzt käme Dein Auftrag zu spät, und die Hälfte des Ballabenischen Geldes wäre verlohren. Ich bin nicht wenig stolz auf mein Glük! beim Theater geht es jetzt ziemlich still zu. einstudiert wird nichts Neues. Die Devrient wird in der Schweizerfamillie auftreten*. Tiek ist wieder etwas beßer, aber sehr matt und angegriffen. mit Böttiger geht es wieder ganz gut. Heute will ich zur Henickstein fahren und ihr die gute Nachricht von Dir bringen. Da werde ich große Freude machen. Ja so, über meine Gesundheit muß ich auch noch berichten. Der Herr Husten hat sich entlich entfohlen, auch mein übriges Befinden ist recht gut besonderst seit vorgestern wo die Arzeney aus London kam. Brav bin ich auch, daß kann ich Dich versichern, und werde mich auch bestreben es ferner zu sein. Die Kinder sind frisch und munter, und Eßen und Trinken schmekt uns allen. Die Leute sind bis jetzt recht gut, die Hotteln sehen dik und fett aus und laufen wie die TeufelnT. nun habe ich bericht erstattet über den ganzen Hausstandt, und Du siehst daß Du unsertwegen ganz ruhig sein kanst. Nur mit dem Gelde sieht es so so aus! Diesen 1t ging es Toll zu: Hauszins, Kopfsteuer, Pferde Steuer, Kretschmer pp kurz, ich will nicht regiren! — als in Deinen Herzen, da brauche ich nur mit gleicher Münze zu bezahlen, und an der habe ich Uiberfluß.      Für heute muß ich schließen weil das Papir alle ist, und Couverte sind verboten.

Nochmals Dank mein geliebter für das Glük was Du Deiner Lina bereitest. Gott erhalte Dich gesund und froh das ist der einzige Wunsch Deiner Lina. + + +.

Apparat

Zusammenfassung

ist beglückt über seine großartige Aufnahme in London, von der sie alle Freunde und Bekannte informieren wird, sonst nur Privates über Ergehen der Kinder und ihr eigenes Befinden

Incipit

Wie soll ich Dir beschreiben, mein Theurer geliebter Carl

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ep. Caroline von Weber 8

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S. einschl. Adr.)
    • mit Empfangs- u. Beantwortungsvermerk Webers
    • Siegelspur
    • PSt.: a) DRESDEN | 21 MÄRZ 26 b) F P O | MR: 30 | 1826

Textkonstitution

  • L„D“ überschrieben mit „L
  • „… können, wenn Du nichts aufführtest“dreifach unterstrichen
  • „Be“ergänzt von den Hg.
  • zig„sich“ überschrieben mit „zig
  • „en“ergänzt von den Hg.
  • N„n“ überschrieben mit „N

Einzelstellenerläuterung

  • „Deine Aufnahme im ersten Oratorium beschreibt“Vgl. auch den Brief von Fürstenau an Roth vom 10. März 1826.
  • „… zig und Tod. Das Oberbein“Ganglion oder Überbein ist eine Weichteilgeschwulst, die sich u. a. an Fingern entwickelt.
  • „… hat grade auf der Flechse“Sehne.
  • „… Prag wegen der rükständigen Intreßen“Zinsen des Guthabens beim Bankhaus Ballabene.
  • „… wird in der Schweizerfamillie auftreten“W. Schröder-Devrient sang die Emmeline in der Aufführung der Schweizerfamilie am 30. April 1826 und wurde „gerufen“; vgl. Tagebuch der deutschen Bühnen, Jg. 11, Nr. 5 (Mai 1826), S. 147.

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